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Unsicherheit steigt - Chancen nutzen

17.10.2016  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Was Anleger überdenken sollten

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage für den Anleger: Was ist zu tun? Nun, jeder sollte sich zunächst einmal Klarheit darüber verschaffen, ob er spekulieren oder investieren will. Was damit gemeint ist, soll ein Beispiel erläutern.

Vermutlich erwarten viele, dass ein Wahlsieg von Clinton für Aktien und den US-Dollar "positiv", ein Wahlsieg von Trump hingegen "negativ" sein wird. Würde es da nicht Sinn machen, jetzt Aktien und Dollar zu kaufen, wenn man meint, Clinton gewinnt die Wahl? Nun, ganz so einfach ist die Sache nicht.

Der US-Dollar-Wechselkurs beispielsweise bildet sich aufgrund von Erwartungen, und in letztere geht auch der amerikanische Wahlausgang ein. Allerdings lässt sich nicht sagen, welche Erwartung dem Dollarkurs zu einem bestimmten Zeitpunkt zugrunde liegt. Herrscht beispielsweise die Erwartung vor, dass Trump US-Präsident wird, käme es zu keiner Kursbewegung beim Dollar, sollte Trumps gewinnen. Anders in dem Fall, in dem es eine Überraschung gibt: Erwarten die Märkte, dass Trump gewinnt, fällt aber die Wahl auf Clinton, dann wäre mitunter mit starken Kursbewegungen zu rechnen.

Mit anderen Worten: In diesem Beispiel spekuliert der Anleger. Damit er einen Gewinn erzielt, muss (a) das erwartete Ereignis tatsächlich eintreten und (b) der heutige US-Dollar-Kurs darf den vom Anleger erwarteten Wahlausgang beim Kaufzeitpunkt nicht (vollständig) widerspiegeln. Der Anleger muss also zweimal richtig liegen, um erfolgreich zu sein! Keine leichte Aufgabe also.

Anders stehen die Dinge beim Investieren: Man kauft etwas, das einem künftige Einzahlungen in Aussicht stellt - wie zum Beispiel festverzinsliche Papiere oder Aktien. Der Kauf von festverzinslichen Papieren macht jedoch keinen Sinn mehr: Die Zinsen liegen auf oder gar unter der Nulllinie. Zudem ist die Inflation positiv, und das lässt die Rendite nach Abzug der Inflation negativ werden.

Einzahlungen und damit eine positive Rendite nach Inflation lassen sich grundsätzlich dadurch erzielen, dass man in Produktivkapital wie zum Beispiel Aktien investiert: Erfolgreiche Unternehmen erzielen Gewinne, und sie sind in der Lage, den Gewinn pro Aktie zu steigern. Dadurch steigt letztlich auch der Aktienkurs im Zeitablauf an. Entscheidend ist nun jedoch, die Aktien solcher Unternehmen nur dann zu kaufen, wenn ihr Wert über ihren Preis liegt. Was ist damit gemeint?

Der Wert einer Aktie ist der Barwert aller künftigen Zahlungen, die ein Unternehmen erzielt. Der Preis ist der Aktienkurs an der Börse. Liegt der Wert der Aktie über ihrem Preis, lohnt sich der Kauf. Liegt der Wert unter dem Aktienkurs, ist die Aktie zu teuer. Beim Investieren steht nicht im Vordergrund, das Eintreten bestimmter Einzelereignisse (wie zum Beispiel den Ausgang der US-Präsidentenwahl) zeitlich genau vorherzusagen. Vielmehr geht es darum abzuschätzen, ob das Unternehmen mit seinem Geschäftsmodell langfristig in der Lage ist, erfolgreich zu sein, seinen Gewinn pro Aktie im Zeitablauf zu steigern.

Vermutlich wird nicht jeder Anleger die Zeit haben, sich so intensiv mit den Unternehmen zu befassen, dass er ihren Wert bestimmen kann. Wer aber investieren statt spekulieren will und das "Preis versus Wert"-Prinzip als richtig erkennt, für den bietet es sich an, mit "Value Investoren" zusammenzuarbeiten. Sie beschäftigen sich eingehend mit der Bewertung von Unternehmen und haben daher auch die besten Voraussetzungen, langfristig positive reale Renditen erzielen zu können - auch in Zeiten, in denen abenteuerliche Zins- und Geldentwertungsexperimente der Zentralbanken an Fahrt gewinnen.


Die Goldkomponente

Das Halten von Gold im Vermögensportfolio ist aus mindestens zwei Gründen sinnvoll. Erstens: In langer Frist gesehen, ist Gold die "härteste Währung". Anders als das ungedeckte Papiergeld kann die Kaufkraft des Goldes nicht durch die politische Willkür von Staaten und Zentralbanken herabgesetzt werden. Das Gold ist zudem eine Währung, die an Attraktivität gewinnt, wenn die Zinsen fallen, vor allem aber negativ sind (in nominaler wie natürlich auch in realer Rechnung, das heißt, nach Abzug der Inflation).

Zweitens: Das Gold lässt sich auch als Versicherung für das Portfolio betrachten. In krisenhaften Marktphasen steigt der Preis des Goldes sehr häufig an. Der Grund: Gold wird als "sicherer Hafen" angesehen. Und steigt der Goldpreis, so wirkt das quasi wie eine Versicherung für den Vermögenshalter. Ist der Goldpreis in einer Krisenphase beispielsweise stark angestiegen, lässt es sich zum erhöhten Preis (mit Gewinn) verkaufen, und mit dem Erlös lassen sich dann attraktive Vermögensgüter zu günstigen Preisen kaufen.

Der obigen Schätzung zufolge müsste der Goldpreis aktuell bei etwa 1.410 USD/oz stehen. Gold ist so gesehen derzeit eher als "billig" einzustufen. Damit ist natürlich nicht gesagt, dass der Goldpreis sofort und unmittelbar ansteigen wird. Es heißt vielmehr, dass der Goldkauf beim aktuellen Niveau für Anleger, die eine langfristige Orientierung haben, attraktiv ist. Angesichts der eingangs aufgeführten Unsicherheiten - wie insbesondere die Probleme im internationalen Geldsystem - scheint uns dies eine vorsichtige Einschätzung zu sein.

Denn wir Menschen handeln unter Unsicherheit: Es ist für uns unmöglich, alle künftigen Ereignisse (geschweige denn ihre Eintrittswahrscheinlichkeiten) aus heutiger Sicht abzusehen. Eine Form des Investierens, die seit Jahrzehnten funktioniert, ist daher, mit einer Langfristorientierung auf die produktiven Kräfte der Volkswirtschaften zu setzen - und das heißt in Unternehmen beziehungsweise deren Aktien zu investieren. Um das Portfolio gegen die Marktturbulenzen und den Kaufkraftverfall des ungedeckten Geldes zu versichern, bietet es sich an, die Währung Gold in der Kasse zu halten. Euro-Schuldpapiere und -Bankeinlagen sollte man hingegen meiden.


Zusammenfassung:

  • Weltweit stieg die Verschuldung in 2015 auf 152 Billionen US-Dollar. Das waren 225 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes.
  • Die hohe Verschuldung erhöht den Druck auf die Zentralbanken, die Zinsen niedrig zu halten und die Geldmengen immer weiter auszudehnen.
  • Die Zinsen werden vermutlich nach Abzug der Inflation weiterhin sehr niedrig beziehungsweise negativ bleiben.
  • Die Unsicherheit über die Zukunft des EU-Projektes und der angeschlagene Euro-Bankenapparat machen den Euro besonders verwundbar.
  • Anleger aus dem Euroraum sollten ihr Portfolio langfristig ausrichten: Gold halten, in Aktien investieren und Euro-Schuldpapiere meiden.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


(1) Siehe hierzu zum Beispiel Polleit, T., 2016, Inflationsflirt, eigentümlich frei, S. 48.



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