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Das inflationsfreudige Zentralbankkartell

14.11.2016  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Doch bislang gelingt es den Zentralbanken, die Inflationserwartungen niedrig zu halten. Und solange das der Fall ist, können sie ihre Geldmengen-Inflationierung fortsetzen und sogar auch einen großen Crash abwehren. Angesichts der Stabilität des internationalen Zentralbankkartells muss bis auf weiteres wohl eher mit einem Schrecken ohne Ende als mit einem Ende mit Schrecken rechnen. Für Anleger besteht die Möglichkeit, den Folgen die Stirn zu bieten: langfristig orientiert handeln und Gold halten, in Aktien investieren und Euro-Schuldpapiere meiden.


Einige Anmerkungen zum Kartell der Zentralbanken

Geschäftsbanken schaffen per Kreditvergabe neues Geld ("aus dem Nichts"). Damit das aber möglich ist, bedarf es einer besonderen Einrichtung: und zwar in Form eines Kartells zwischen den Banken. Würde beispielsweise Bank A immer mehr neues Geld (in Form von Banknoten oder Giroguthaben) ausgeben im Vergleich zu Bank B, würden die Kunden bald verstärkt das von Bank A ausgegebene Geld in das von Bank B Geld eintauschen wollen.

Ein sinkender Tauschwert der Banknoten, die Bank A ausgibt, wäre die Folge. Wenn daraufhin das Geld, das Bank A ausgibt, weniger nachgefragt wird, schmälert das auch die Gewinne, die Bank A im Kreditgeschäft erzielen kann. Gleichsam kann Bank B den Tauschwert des von ihr ausgegebenen Geldes gegenüber anderem Geld nur hochhalten, wenn sie das von ihr ausgegebene Geld relativ knapp hält - also auf Gewinne verzichtet.

Zudem muss Bank A damit rechnen, dass es immer mehr liquide Mittel verliert, wenn es die Menge des von ihr ausgegebenen Geldes stark vermehrt: Die Bankkunden überweisen das Geld, das sie auf Konten von Bank A haben, auf die Konten bei anderen Banken. Früher oder später wird für Bank A die Liquidität knapp, und bei einem Vertrauensverlust ("Bank Run") kann sie zahlungsunfähig werden. Die Banken werden daher bald ein System errichten wollen, in dem sie ihre Geldschöpfungsgewinne ausweiten beziehungsweise maximieren können.

Was sie dazu brauchen, ist eine Verabredung, ein Kartell. Es erlaubt ihnen, quasi im Gleichschritt die Geldproduktion durch Kreditvergabe zu betreiben, ohne fürchten zu müssen, dass das von ihnen ausgegebene Geld gegenüber ande-rem Geld an Wert verliert oder dass ihnen die liquiden Mittel ausgehen.

Mit anderen Worten: Die Banken wollen eine Zentralbank. Die Zentralbank erhält folgende Aufgaben: (1) Sie dient als übergeordnete Stelle, die den Banken bei Liquiditätsproblemen aus der Patsche hilft - sie ist der "Lender of Last Resort". (2) Die Zentralbank, ausgestattet mit hoheitlichen Kompetenzen, (schein-)legitimiert die Geschäftspraktiken der Banken. Und (3) die Zentralbank stellt auf diese Weise sicher, dass die Banken möglichst ungehindert neues Geld durch Kreditvergabe ausgeben können. Das Inflationieren im Verbund, ein Inflationskartell der Banken wird so möglich.

Was auf nationaler Ebene geschehen ist - nämlich dass die Geschäftsbanken über ei-ne Zentralbank verfügen -, spielt sich natürlich auch auf internationaler Ebene ab. Weil sich ihre Geschäfte internationalisiert haben, brauchen die Banken nicht nur eine Zentralbank, die ihnen die heimische Währung in unbegrenzter Höhe zur Verfügung stellt, sondern sie brauchen auch die Hilfe anderer Zentralbanken, um im Bedarfsfall an ausländische Währung zu gelangen. Es kommt folglich zu einer verstärkten Kooperation zwischen den Zentralbanken aus verschiedenen Währungsräumen.

Sie sorgen dafür, dass das, was auf nationaler Ebene längst möglich ist - nämlich das Inflationieren der Banken im Gleichschritt - auch international möglich wird. Mit anderen Worten: Die nationalen Zentralbanken formen ein Kartell. Allerdings ist so ein Kartell, wenn es freiwillig ist, nicht stabil. Es gibt nämlich einen Anreiz für Einzelne, aus dem Kartell auszusteigen und "Trittbrettfahrer" zu spielen. Schert einer aus, so ist das meist der Anfang vom Ende des Kartells.

Wie gehen die Zentralbanken vor, um ihr Kartell stabil zu halten? An der längst erfolgten Dollarisierung des Weltfinanzsystems lässt sich die Antwort ablesen: Die US-amerikanische Zentralbank (Fed) hat die Führungsrolle im Kartell. Sie produziert den US-Dollar, und an ihre Zins- und Liquiditätsvorgaben haben sich alle anderen Zentralbanken anzupassen.

Gleichzeitig stellt die Fed den anderen Zentralbanken, falls das erforderlich ist, bereitwillig US-Dollar in unbegrenzter Höhe bereit. Auf diese Weise kann zum einen das Inflationieren der Banken international fortgeführt werden. Zum anderen wächst die Abhängigkeit vom US-Dollar - denn angesichts des "Sicherheitsnetzes", dass die Fed für die Banken aufspannt, wird die Attraktivität des Greenback aus Sicht der Banken natürlich zusätzlich vergrößert.

Je größer die Abhängigkeit der Konjunkturen und des Sparvermögens eines Landes von der Stabilität des Banken- und Finanzsektors ist, desto stärker wird auch der ökonomische Anreiz, die eigene Zentralbank der Disziplin eines internationalen Zentralbankkartells zu unterstellen. Jedes Land gibt auf diese Weise quasi durch die Hintertür seine eigene Währungssouveränität auf - und unterwirft sich dem internationalen Zentralbankkartell - beziehungsweise der Politik seiner führenden Zentralbank. Und das ist derzeit die Fed.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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