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Gold: Turbo-Start der Rally steht kurz bevor

28.02.2017  |  Adam Hamilton
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Die Spekulanten haben vier verschiedene Arten, Gold-Futures zu handeln. Sie können kaufen, um neue Long-Positionen zu eröffnen, oder um bestehende Short-Positionen zu schließen. Diese Käufe haben immer einen gleich starken, aufwärts gerichteten Einfluss auf den Goldpreis, unabhängig davon, welchem Zweck sie dienen. Zudem können die Marktteilnehmer verkaufen, um bestehende Long-Kontrakte zu liquidieren, oder um neue Short-Positionen zu eröffnen. Auch die Preiswirkung aller Verkäufe ist gleich stark. Käufe sind Käufe und Verkäufe sind Verkäufe, ungeachtet der aktuellen Positionierung.

Der Einfluss, denn die Spekulanten insgesamt auf den Goldkurs haben, ist also eine Summe ihrer Trades auf der Long- und Short-Seite. Wenn sie neue Kontrakte kaufen, d. h. ihre Long-Positionen ausbauen, steigt die grüne Linie im obenstehenden Chart und auch der Goldkurs bekommt Aufwind. Wenn sie Kontrakte kaufen, um ihre Short-Positionen einzudecken und zu schließen, ist das an einem Rückgang der roten Linie ablesbar. Auch das wirkt sich positiv auf den Goldpreis aus.

Alle wichtigen Goldrallys der letzten Jahre wurden von den Spekulanten befeuert, die sowohl Long-Positionen aufstockten als auch Shorts eindeckten. Die Rallys des Bärenmarktes vor Ende 2015 und die Aufwärtsbewegungen im Rahmen des seitdem herrschenden Bullenmarktes waren nur möglich, wenn die Spekulanten ihre Long-Positionen erhöhten und/oder ihre Short-Positionen reduzierten. Auch das Gegenteil trifft zu. Jeder größere Abverkauf am Goldmarkt wurde von einem Sell-off von Long-Kontrakten und einem Ausbau der Short-Positionen an den Terminmärkten begleitet.

2015 ging es für Gold größtenteils abwärts, bis Mitte Dezember schließlich der tiefste Kursstand seit 6,1 Jahren erreicht war. Der letzte Kurseinbruch um 19,3% im Zuge der Baisse wurde zum Teil durch die Terminmärkte ausgelöst, wo die Spekulanten auf der einen Seite 90.900 Gold-Futures verkauften und auf der anderen Seite 107.000 neue Short-Positionen eingingen. Das entsprach dem Verkauf von 615,5 Tonnen Gold in nur 10,6 Monaten, bzw. von durchschnittlich 58,1 Tonnen pro Monat. Der Markt wurde also von einer regelrechten Goldflut überschwemmt.

Die zuverlässigsten Daten zu Nachfrage und Angebot am globalen Goldmarkt werden vom World Gold Council veröffentlicht. Dieser publiziert in jedem Quartal einen hervorragenden Bericht über die fundamentalen Trends am Goldmarkt. Den neusten Daten zufolge belief sich die weltweite Nachfrage nach Goldinvestitionen im Jahr 2015 auf 918,7 Tonnen bzw. 76,6 Tonnen pro Monat. Die Verkäufe an den Terminmärkten entsprachen also 3/4 der globalen Gesamtnachfrage nach Goldinvestments. Das war zu viel, als dass es von den Märkten hätte absorbiert werden können.

Doch das Kapital der Futures-Spekulanten ist begrenzt und so erschöpften sich die Verkäufe schließlich Mitte Dezember 2015, einen Tag nachdem die Federal Reserve den US-Leitzins zum ersten Mal seit 9,5 Jahren angehoben hatte. Ein neuer, wichtiger Bullenmarkt war geboren und im Laufe des nächsten halben Jahren sollte der Goldkurs um 29,9% in die Höhe schießen. Diese Kursgewinne sind zum Teil auf die Käufe der Spekulanten zurückzuführen, die innerhalb von 6,7 Monaten nicht nur 249.200 neue Long-Kontrakte zukauften, sondern gleichzeitig auch insgesamt 82.800 Short-Positionen eindeckten.

Diese Trades entsprachen dem Kauf von erstaunlichen 1.032,4 Tonnen Gold - allein durch diese eine Gruppe von Marktteilnehmern. Im Monat erwarben die Spekulanten somit Kontrakte mit einem durchschnittlichen Gegenwert von unglaublichen 154,7 Tonnen Gold! Zum Vergleich: Die weltweite Nachfrage nach Goldinvestments belief sich nach Angaben des World Gold Council im Durchschnitt nur auf 130,2 Tonnen pro Monat. In der ersten Jahreshälfte 2016 spielten die umfangreichen Käufe an den Goldterminmärkten also eine wichtige Rolle für die neue Goldhausse.

Wenn die Spekulanten dagegen Gold-Futures in großen Mengen abstoßen, übt das starken Abwärtsdruck auf den Preis des gelben Metalls aus und führt zu dramatischen Kursverlusten, so wie wir das beispielsweise 2015 beobachten konnten. Doch als die Trader später zurückkehrten, um zu kaufen und ihre Long-Positionen wieder aufzubauen, setzte Gold zum Höhenflug an. Der übermäßig große Einfluss, den die Terminmärkte auf die kurzfristige Preisentwicklung im Goldsektor haben, besteht schon seit vielen Jahren und ist mit Sicherheit nichts Neues.

Die Analyse eines solchen Charts kann zu der Annahme verleiten, dass der Handel an den Terminmärkten der alleinige, ausschlaggebende Faktor für die Goldpreisentwicklung ist. Das ist allerdings nicht der Fall, denn am Goldmarkt gibt es in Wirklichkeit zwei hauptsächliche Preisfaktoren. Die Futures-Spekulanten üben zwar auf kurze Sicht den größten Einfluss aus, doch langfristig sind es insbesondere die Aktieninvestoren, die das Preisniveau massiv beeinflussen. Deren Kapitalflüsse in den führenden Gold-ETF GLD bzw. aus diesem heraus sind der zweite bedeutende, preisbildende Faktor am Goldmarkt.

Jede Analyse, die sich nur auf die Goldterminmärkte konzentriert und die Kapitalflüsse des GLD nicht berücksichtigt, ist somit kurzsichtig und potentiell irreführend. Falls Sie sich auf den aktuellen Stand bringen möchten, was den überwältigenden Einfluss des GLD auf die Goldpreise anbelangt, dann können Sie diesen Essay lesen, den ich kürzlich zu diesem Thema geschrieben habe. Die Kursbewegungen und das Kursniveau am Goldmarkt sind das Ergebnis des Zusammenspiels der Spekulationen an den Futures-Märkten und der Goldinvestitionen, die die Aktienanleger mittels der GLD-Anteile tätigen. Die Gold-Futures werden nicht in einem Vakuum gehandelt.

Normalerweise entwickelt sich der Handel mit Gold-Futures und GLD-Anteilen parallel, denn das gleiche Sentiment motiviert beide Tradergruppen. Wenn es bereits eine Goldrally gab, ist es wahrscheinlicher, dass sich bei den Anlegern die Gier zeigt und sie Gold kaufen wollen, denn alle lieben es, einem Gewinner-Asset hinterherzujagen. Nach einem Kursrückgang ist es im Gegenzug wahrscheinlicher, dass sie ängstlich werden und verkaufen wollen. Die Trends an den Goldterminmärkten und bei den Gold-ETFs weisen nur äußerst selten für längere Zeit in verschiedene Richtungen.

Schauen wir uns nun den obenstehenden Chart noch einmal für den Zeitraum des letzten Jahres an, um ein genaueres Bild von den Entwicklungen seit dem Sommer 2016 zu bekommen. Diese Perspektive ist entscheidend, um die aktuelle Anomalie an den Futures-Märkten und deren extrem bullische Implikationen zu verstehen. Wenn sich diese Erkenntnis unter den Marktteilnehmern verbreitet, werden sowohl Spekulanten als auch Investoren an den Markt stürmen, um wieder Gold zu kaufen.

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