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Die Finanzanleger werfen das Handtuch

20.03.2017  |  Eugen Weinberg
Energie

Wir hatten in den letzten Wochen wiederholt davor gewarnt, dass der rekordhohe Optimismus der Finanzanleger bei Rohöl auf wackligen Beinen stand und eine Korrektur zu erwarten war. Dies ist nun eingetreten. In der Woche zum 14. März kam es zu einem regelrechten Exodus der Finanzanleger. Diese haben ihre Netto-Long-Positionen bei WTI um 102 Tsd. auf 254,8 Tsd. Kontrakte reduziert.

Das war der stärkste Wochenrückgang seit Beginn der Datenreihe vor mehr als 10 Jahren und stellt zugleich das niedrigste Niveau seit Anfang Dezember dar, also kurz nachdem sich die OPEC und einige Nicht-OPEC-Länder auf koordinierte Produktionskürzungen verständigt hatten.

Der Ölpreisrückgang um 10% in der Berichtswoche war somit maßgeblich auf den Rückzug der spekulativen Finanzanleger zurückzuführen. Die entsprechenden Daten für Brent werden von der ICE heute Mittag veröffentlicht. Da auch der Brentölpreis in der Berichtswoche vergleichsweise stark nachgegeben hatte, ist mit einem Positionsabbau in ähnlicher Größenordnung zu rechnen.

Die Bohraktiviät in den USA steigt trotz des jüngsten Preisrückgangs weiter. In der Woche zum 17. März wurden 14 neue Ölbohrungen aufgenommen. Mit 631 hat sich die Zahl der aktiven Ölbohrungen seit dem Tief im Mai letzten Jahres verdoppelt und liegt auf dem höchsten Stand seit September 2015. Der Preisrückgang dürfte sich erst mit einigen Wochen Verzögerung in der Bohraktivität bemerkbar machen. Damit diese wieder sinkt, müsste die WTI-Terminkurve zudem im gesamten Laufzeitbereich deutlich unter 50 USD je Barrel fallen. Dies ist derzeit noch nicht der Fall.

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Edelmetalle

Der Goldpreis setzt seine nach der Fed-Entscheidung begonnene Erholung auch zu Beginn der neuen Handelswoche fort und steigt am Morgen auf 1.235 USD je Feinunze. Gold in Euro kostete zwischenzeitlich knapp 1.150 EUR je Feinunze. Unterstützung erhält Gold von einem schwächeren US-Dollar und fallenden Anleiherenditen.

Offensichtlich wirkt hier der taubenhafte Ausblick von Fed-Chefin Yellen auf der Pressekonferenz nach der Fed-Sitzung von letztem Mittwoch nach. Dies dürfte einige spekulative Finanzanleger wieder in Gold zurücklocken, nachdem diese Anlegergruppe im Vorfeld der FOMC-Sitzung ihre Netto-Long-Positionen massiv reduziert und damit zum Preisrückgang auf zeitweise unter 1.200 USD je Feinunze beigetragen hatte.

Laut CFTC kam es in der Woche zum 14. März, also dem Tag vor der Fed-Zinserhöhung, zu einem Abbau der Netto-Long-Positionen um fast 50% auf 46,4 Tsd. Kontrakte. Dies entspricht dem niedrigsten Niveau seit Anfang Januar. Offensichtlich geschah dies in Erwartung einer verschärften Gangart bei zukünftigen Fed-Zinserhöhungen. Nachdem Yellen diese Erwartungen nicht erfüllte, kehren die spekulativen Finanzanleger wieder zurück. Dies gilt allerdings nicht für die ETF-Anleger, die am Freitag den zweiten Tag in Folge Bestände abbauten.

Auch bei Silber und Platin kam es vor der Fed-Sitzung zu einem beträchtlichen Abbau der spekulativen Netto-Long-Positionen, was die Preisschwäche bei Silber und Platin in der Berichtswoche erklärt. Einzig bei Palladium blieben die Netto-Long-Positionen weitgehend stabil.


Industriemetalle

Die Preise für Eisenerz und Stahl sind seit Jahresbeginn entgegen vieler Erwartungen im Aufwind und auf Mehrjahreshochs gestiegen. Der Mai-Kontrakt für Baustahl in Shanghai legte dabei um knapp 25% zu, der für Eisenerz in Dalian sogar um knapp 30%. Wegen fehlender Positionierungsdaten kann man darüber nur mutmaßen, ob die Preisanstiege von Spekulanten oder physischen Marktteilnehmern ausgingen. Zumindest war die Nachfrage zuletzt recht stark.

Laut dem chinesischen Eisenerz- und Stahlverband CISA haben führende chinesische Stahlproduzenten Mitte Februar mit 1,74 Mio. Tonnen täglich 3,5% mehr Stahl produziert als im Januar. Die Preiserholung könnte man auch mit einer Wiederbelebung des Immobilienmarktes und der damit einhergehenden verstärkten Bauaktivität erklären. So sind die Immobilienpreise in China im Februar in 56 der 70 Großstädte im Monatsvergleich gestiegen. So breit aufgestellt war der Preisanstieg zuletzt im September 2016, bevor die Regierung Maßnahmen zur Eindämmung des Immobilienpreisanstiegs eingeführt hatte.

Trotz eines saisonalen Abbaus bleiben die Baustahlbestände in China nach Informationen von Shanghai SteelHome mit über 7,1 Mio. Tonnen recht hoch. Die Eisenerzbestände in chinesischen Häfen sind laut SteelHome mit 131 Mio. Tonnen sogar auf den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen 2010 gestiegen. Auch dürfte sich der Effekt der Einschränkungen auf dem Immobilienmarkt verstärken. Daher halten wir die jüngsten Preisanstiege für nicht nachhaltig.


Agrarrohstoffe

Die CFTC-Daten zeigen, dass die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer in der Berichtswoche zum 14. März auch bei vielen Agrargütern ihre Netto-Long-Positionen kräftig ab- bzw. ihre Netto-Short-Positionen kräftig aufgebaut haben. Besonders stark ausgeprägt war dies bei Mais, wo aus Netto-Long-Positionen von fast 90 Tsd. Kontrakten Netto-Short-Positionen von fast 30 Tsd. Kontrakte wurden. Dies dürfte zu dem Preisrückgang während dieser Woche von rund 380 US-Cents je Scheffel auf nur noch wenig über 360 US-Cents je Scheffel beigetragen haben.

Inzwischen hat sich der Maispreis wieder auf 370 US-Cents erholt, unterstützt vom schwächeren US-Dollar, der am Freitag auf ein 5-Wochentief fiel. Dagegen gab es keine fundamentalen Neuigkeiten am Maismarkt, die eine Neubewertung notwendig gemacht hätten.

Bei Sojabohnen wurden die Netto-Long-Positionen reduziert, begleitet von einem deutlichen Preisrückgang, zu dem auch der Fortschritt bei der rekordhohen brasilianischen Ernte beitrug.

Bei Weizen wurden hingegen die Netto-Short-Positionen stark ausgeweitet: Sie stiegen von 65 Tsd. auf 110 Tsd. Kontrakte. Gleichzeitig war auch hier der Preis von mehr als 450 US-Cents auf 430 US-Cents je Scheffel abgesackt. Inzwischen hat sich auch der Weizenpreis wieder auf gut 440 US-Cents je Scheffel erholt. Hier wirkt sich neben dem schwächeren US-Dollar vor allem die in einigen wichtigen US-Anbaugebieten noch immer problematische Trockenheit aus. Auch die für diese Woche vorhergesagten Regenfälle sollen nur sehr begrenzt Abhilfe schaffen.



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