Suche
 
Folgen Sie uns auf:

EZB kann Negativzinspolitik nicht durchhalten

03.04.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auch wenn die EZB ihre Politik des negativen Einlagezinses bald beendet, bleiben die Zinsen nach Abzug der Inflation vermutlich weiter negativ.

Seit April 2016 beträgt der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) null Prozent. Banken müssen also für EZB-Kredite nichts mehr bezahlen. Im Juli 2014 hatte die EZB bereits ihren Einlagenzins - den Zins für Überschusseinlagen bei der EZB - in den Negativbereich gedrückt. Er liegt seit April 2016 bei minus 0,4 Prozent. Das hat weitreichende Folgen.

Open in new window
Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. Realzins = Nominalzins minus deutsche Verbraucherpreisinflation


Euro-Banken weichen dem "Strafzins" aus und kaufen mit ihren Überschussguthaben Staatsanleihen. Das hebt die Kurse und senkt die Renditen. Zudem kauft die EZB auch selbst Schuldpapiere am Markt auf. So erklärt sich, warum die Kapitalmarktzinsen derart niedrig sind: Die Rendite der zweijährigen deutschen Papiere liegt - nach Abzug der laufenden Inflation - derzeit bei etwa minus 2,5 Prozent.

Ein negativer Marktzins (nominal wie real) hilft Staats- und Bankschuldner, ihre Schuldenlasten abzubauen - vor allem durch die Umschuldung fälliger Verbindlichkeiten. Vor allem sorgt der Negativzins auch dafür, dass die Schuldenquoten (also die Schuldenbeträge in Prozent des Volkseinkommens) im Zeitablauf gesenkt werden. Die Zeche zahlt der Kreditgeber, der Geldhalter.

Doch die Euro-Banken geraten durch den negativen Einlagezins dennoch in die Bredouille. Sie verdienen im Niedrigzinsumfeld kaum mehr etwas. Zudem entstehen ihnen durch den negativen Einlagezins Kosten, die sie auf ihre Kunden abwälzen wollen. Dazu können sie die Kontoführungsgebühren erhöhen. Oder aber sie erheben einen Negativzins auf die Kundeneinlagen.

Angesichts einer nominalen Negativverzinsung werden die Kunden früher oder später ihr Geld in bar abheben wollen - und Banken verlieren dadurch benötigte Mittel. Vor allem aber sorgen die Tiefzinsen für Gewinnflaute im Bankgeschäft. Die Banken werden zusehends auf ein Beenden der Negativzinspolitik drängen. Doch es wäre verfrüht, das als gute Nachricht für Sparer zu sehen.

Open in new window
Abbildung links: Quelle: Bloomberg. Eurosystem = EZB plus nationale Zentralbanken
Abbildung rechts: Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. 1) Januar 2007 = 100



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"