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Gold in perfekter Ausgangslage

05.04.2017  |  Adam Hamilton
Im Vorfeld der Zinsabhebung durch die US-Notenbank Federal Reserve kam es Anfang März am Goldmarkt zu starken Verkäufen. Die Spekulanten stießen ihre Gold-Futures hektisch ab, als die vom Markt angenommene Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung zunahm. Das ist nichts Neues. Diese wichtige Tradergruppe fürchtet steigende Zinsen schon seit jeher und ist überzeugt, dass sie der Erzfeind des gelbem Metalls sind, weil Gold keine Kapitalerträge generiert. Diese Sichtweise ist jedoch völlig irrational, denn die Geschichte zeigt, dass sich der Goldkurs in Zeiten mit steigenden Zinsen in Wirklichkeit sehr gut entwickelt!

Das wichtigste Instrument der Federal Reserve für die Umsetzung ihrer Geldpolitik sind die Zielvorgaben für den US-Leitzins, die Federal Funds Rate (FFR). Geschäftsbanken sind dazu verpflichtet Kapitalreserven bei der Fed zu hinterlegen. Wie hoch diese sein müssen, hängt von der jeweiligen Geschäftstätigkeit der Bank ab und schwankt täglich. Banken mit Überschussreserven können diese am Federal-Funds-Markt in Form von Übernachtkrediten an Banken mit einem Defizit verleihen. Der Zinssatz, zu dem diese Kredite vergeben werden, ist die Federal Funds Rate.

Die Bedeutung der FFR geht allerdings weit über den Interbankenmarkt hinaus: Sie stellt praktisch die Grundlage für alle anderen US-Zinssätze dar. Die kleine Federal Funds Rate legt fest, welchen Preis das Geld in der gesamten US-Wirtschaft hat. Der Schwanz wedelt sozusagen mit dem Hund. Das Niveau des Leitzinses hat Einfluss auf praktisch alle anderen Aspekte der Nationalökonomie.

Der Handel mit Federal-Funds-Futures ermöglicht die Absicherung gegen künftige Zinsänderungen durch den für die Geldpolitik verantwortlichen Offenmarktausschuss der Fed, der achtmal im Jahr zusammentritt. Auch Spekulationen sind mit Hilfe der Zins-Futures möglich. Insgesamt spiegelt der Handel mit den Federal-Funds-Futures wider, wie hoch die Trader die Wahrscheinlichkeit für eine Lockerung oder Straffung der Geldpolitik bei der nächsten Sitzung des Offenmarktausschusses einschätzen. Die Spekulanten am Goldterminmarkt beobachten die Entwicklung der implizierten Wahrscheinlichkeit einer Zinsanpassung mit Argusaugen.

Ende Februar lag die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung bei der Fed-Sitzung Mitte März noch bei nur 22%. Die US-Notenbank will die Märkte mit ihrer Geldpolitik allerdings nicht überraschen oder schockieren, da sonst ein Sell-off an den Aktien- und Anleihemärkten droht. Die FFR wird folglich nur dann angehoben, wenn alle damit rechnen und die von den Terminmärkten implizierte Wahrscheinlichkeit für eine geldpolitische Straffung bei deutlich über 70% liegt. Bei einem Wert von 22% am 27. Februar 2017 notierte der Goldkurs bei 1.264 $.

Doch dann begannen die Notenbanker deutliche Hinweise auf eine Zinserhöhung im März zu streuen. Sie starteten eine regelrechte Kampagne, um die Märkte davon zu überzeugen, dass der Offenmarktausschuss den Leitzins am 15. März anheben würde. In nur vier Handelstagen hat sich die von den Futures-Märkten implizierte Wahrscheinlichkeit einer Zinsanpassung daraufhin fast vervierfacht und ist auf 80% gestiegen. So schnell und so grundlegend hatte sich die Einschätzung der Lage durch die Märkte noch nie zuvor geändert. Die 70-%-Grenze wurde klar überschritten.

Am 9. März erreichte die implizierte Wahrscheinlichkeit dann 91%, d. h. die Zinserhöhung war praktisch garantiert. Da die Märkte plötzlich so überzeugt von einer bevorstehenden Anhebung des Leitzinses waren, wäre es dumm gewesen, wenn der Offenmarktausschuss die Gelegenheit nicht genutzt hätte. In den neun Handelstagen, in denen die Wahrscheinlichkeit einer Zinsanpassung von 22% auf 91% schoss, brach der Goldkurs infolge der umfassenden Verkäufe durch die Spekulanten an den Terminmärkten um 4,5% ein. Diese Trader fürchten nichts so sehr wie steigende US-Zinsen.

Bei der vorherigen Zinserhöhung Mitte Dezember 2016 war bereits das Gleiche geschehen. In den sechs Wochen vor der entsprechenden Sitzung des Offenmarktausschusses sank der Goldpreis um 10,1%. In diese Zeitspanne fiel aber auch die Präsidentschaftswahl in den USA, d. h. die anschließende Trump-Rally, die einen sprunghaften Anstieg der Aktienkurse und einen Massenexodus aus dem Goldmarkt bewirkte, war ein noch größerer Preisfaktor gewesen. Doch auch die Zinserwartungen spielten eine Rolle, als die Spekulanten ihre Gold-Futures liquidierten, denn genau ein Jahr zuvor war eine sehr ähnliche Entwicklung zu beobachten gewesen - ohne den Einfluss einer Wahl.

Damals, im Dezember 2015, hatte die Fed den Leitzins zum ersten Mal seit 9,5 Jahren wieder erhöht. In den sieben Wochen zwischen der Sitzung, in der die Notenbank die Zinsanpassung angekündigt hatte, und der Sitzung, in der die FFR tatsächlich angehoben wurde, verzeichnete Gold ebenfalls einen Kursverlust von 9,1%. In den letzten Jahren gab es zahlreiche Beispiel für den verstärkten Abverkauf von Gold-Terminkontrakten, wenn der Offenmarktausschuss der Fed eine Straffung der Geldpolitik andeutete oder wenn Notenbanker sich "falkenhaft" äußerten und für die Zukunft einen deutlichen Anstieg des US-Leitzinses vorhersagten.

Selbst bei positiven Wirtschaftsdaten, die theoretisch für eine straffere Geldpolitik sprechen würden, liquidieren die Spekulanten am Goldterminmarkt bereits ihre Positionen. Kein anderer Faktor hat einen so starken Einfluss auf den Terminhandel mit Gold wie die Erwartungen der Spekulanten bezüglich der Zinspolitik der Fed. Und leider hat ihr Handel mit den Gold-Futures einen unverhältnismäßig großen Einfluss auf das vorherrschende Preisniveau. Der Goldpreis ist damit buchstäblich die Geißel der Zinserwartungen!

Die Logik der Spekulanten ist dabei recht einfach und auf den ersten Blick einleuchtend: Gold generiert keine Kapitalerträge und ist daher ein "unproduktives" Investment. Folglich sind Anleger insbesondere dann an dem Edelmetall interessiert, wenn das Zinsniveau niedrig ist. Wenn die Notenbank die Zinssätze durch die Anhebung des Leitzinses jedoch nach oben treibt, verliert Gold relativ betrachtet an Attraktivität, da die höheren Renditen anderer Anlageoptionen die Investoren dazu veranlassen, ihr Kapital aus den Goldinvestments abzuziehen. Die Nachfrage nach Anlagen im Goldsektor sinkt also.

Wenn die im Allgemeinen als gültig akzeptierte These, dass Zinserhöhungen schlecht für den Goldpreis sind, wahr wäre, müsste sie sich mit Hilfe historischer Daten belegen lassen. Das ist allerdings nicht der Fall. Zwischen Januar 1970 und Januar 1980 stieg der Goldpreis um 2.332%, während die Federal Funds Rate im Durchschnitt bei 7,1% lag - gemessen an den heutigen Zinsen ein fantastisch hohes Niveau! Doch obwohl Gold auch damals keinerlei Rendite abwarf, stieg sein Preis in einer enormen, langanhaltenden Hausse stark an.

Zwischen April 2001 und August 2011 kam es zu einem weiteren langfristigen Goldbullenmarkt. In diesen Jahren legte das Edelmetall 640% zu. Trotz der völlig neuartigen Nullzinspolitik, der sich die Federal Reserve ab Dezember 2008 verschrieb, lag der US-Leitzins in dieser Zeit bei durchschnittlich 2,1% und damit deutlich über dem aktuellen Niveau von 0,9%, welches den Spekulanten an den Terminmärkten bereits Angst einjagt. Die Annahme, dass höhere Zinsen den Goldkurs zwangsläufig negativ beeinflussen, ist also offensichtlich nicht gerechtfertigt.

Ende 2015, vor der ersten US-Zinserhöhung seit fast einem Jahrzehnt, hatte ich bereits ausführlich untersucht, wie sich der Goldpreis in früheren Zeiten mit steigenden Zinsen entwickelt hatte. Eine umfassende Studie zu diesem Thema war mir nicht bekannt und ich wollte ganz einfach verstehen, welches Verhältnis historisch gesehen zwischen dem Goldkurs und der FFR bestand. Ich habe also die täglichen Daten zur Entwicklung des US-Leitzinses für einen Zeitraum von fast 50 Jahren direkt von der Webseite der US-Notenbank heruntergeladen und mit dem Goldpreis verglichen.


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