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Der bearishe Goldbulle

14.05.2017  |  Jordan Roy-Byrne
"The Bearish Gold Bull" war der Titel der Präsentation, die ich letztes Wochenende auf dem Metals Investor Forum in Vancouver hielt. Man könnte diesen Titel zwar auf mich und meine in letzter Zeit eher konservativen und vorsichtigen Einschätzungen des Goldmarktes beziehen, aber vor allem beschreibt er sehr gut den Zwiespalt, von dem der Goldsektor aktuell geprägt ist. Die Fundamentaldaten des Minensektors erreichten 2014-2015 einen echten Tiefpunkt und Ende 2015 lag der gesamte Sektor in Schutt und Asche. Obwohl sich Teile der Bergbauindustrie gut entwickelt haben, ist es den Minenunternehmen insgesamt nicht gelungen, nach der rasanten Erholung Anfang 2016 weitere Kursgewinne zu verzeichnen. Dies hängt hauptsächlich mit den Aussichten für die Edelmetallpreise zusammen, die zunächst weiter fallen könnten, bevor es zu einer großen Aufwärtsbewegung kommt. Solange die Preise nicht steigen, werden sich die Minengesellschaften womöglich in einem bearishen Bullenmarkt wiederfinden.
 
Die Aktien der Minenunternehmen sind unter ihre 50- und 200-tägigen gleitenden Durchschnitte gefallen und kämpfen aktuell sogar um die 400-tägige Durchschnittslinie, die im Dezember 2016 eine wichtige Unterstützung darstellte. Die Gefahr, dass der epische Boden von Ende 2015/Anfang 2016 wieder erreicht wird, besteht jedoch nicht. Im Januar 2016 hatten zahlreiche Bewertungskennziffern Werte angenommen, die wir wahrscheinlich nicht noch einmal erleben werden. Zu diesem Zeitpunkt verzeichneten die Aktien der Goldunternehmen ihre schlechteste 5- und 10-Jahres-Performance seit 90 Jahren. Gegenüber dem allgemeinen Aktienindex S&P 500 sanken sie auf ein Allzeittief und gegenüber dem Goldkurs auf ein 90-Jahres-Tief. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis und auf dem Cashflow beruhende Kennzahlen erreichten gleichzeitig den schlechtesten Wert seit 40 Jahren (weiter reichen die verfügbaren Daten nicht zurück). Im Januar 2016 war dann endlich das Ende des heftigsten Bärenmarktes aller Zeiten im Minensektor gekommen. Erinnern Sie sich an den folgenden Chart?

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Barrons Gold Mining Index

 
Die Fundamentaldaten der Goldbergbausektors bildeten ihren Boden tatsächlich bereits vor dem Januar 2016 und fundamentale Indikatoren der Goldindustrie, wie beispielsweise das Verhältnis zwischen dem Gold- und dem Ölpreis sowie der Goldpreis in ausländischen Währungen, verzeichneten ihren Tiefststand deutlich vor dem Beginn des Jahres 2016. Bei den Senior-Unternehmen begannen die Nettoverschuldung und die Verschuldungsquote nach 2014 zu sinken und der freie Cashflow wurde 2015 wieder positiv. 2015 war also das Jahr, in dem sich die Wende im Goldbergbau vollzog, auch wenn der Goldpreis durchschnittlich nur 1.150 $ betrug und damit 110$ unter dem Durchschnittskurs von 2014 lag. Seit Ende 2015 konnte sich die Branche über fast sechs Quartale mit einem Goldpreis von 1.250 $ freuen. Die Unternehmen sind nun in einer besseren Ausgangslage, um auch mehrere Quartale mit niedrigeren Preisen zu überstehen.
 
In Bezug auf Gold und Silber spiegelt die unheilvolle Preisentwicklung das Risiko einer Verschlechterung der fundamentalen Indikatoren im Laufe dieses Jahres wider. Die Realzinsen zählen zu den wichtigsten Preisfaktoren am Edelmetallmarkt und sie könnten in den kommenden Monaten steigen. Die Inflationsrate sinkt vorerst wieder - ein Trend, der auch durch die fallenden Rohstoffpreise verstärkt wird. Die kurzfristigen Zinsen sind indes stabil oder im Aufwärtstrend und die US-Notenbank Fed könnte den Leitzins in diesem Jahr noch bis zu dreimal anheben. Wenn sie ihren geldpolitischen Kurs nicht umkehrt oder die Inflation nicht plötzlich zunimmt, werden die Gold- und Silberpreise weiterhin unter Druck stehen.
 
Alles in allem befinden sich die Aktien der Goldproduzenten und Junior-Unternehmen zwar in einem neuen Aufwärtszyklus, doch solange die Edelmetallpreise nicht nachhaltig steigen, werden die Minengesellschaften keine großen Kursgewinne verbuchen können. Nichtsdestotrotz sollten wir nicht vergessen, dass einzelne Unternehmen nun dafür belohnt werden, dass sie den Wert ihrer Projekte gesteigert haben. Unserer Meinung nach lohnt es sich, diese Unternehmen ausfindig zu machen und angesichts der allgemeinen Schwäche des Minensektors Positionen aufzubauen. Auf diese Weise bietet sich ein besserer Einstiegspunkt als durch den Versuch, das nächste bedeutende Tief der Edelmetallpreise vorauszusehen und abzupassen. Wir warten jedoch noch ein wenig, da wir im Sommer mit der nächsten wirklich guten Kaufgelegenheit rechnen.


© Jordan Roy-Byrne


Dieser Artikel wurde am 12. Mai 2017 auf www.thedailygold.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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