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Der Mythos vom Gold-Silber-Verhältnis

02.07.2017  |  Kelsey Williams
Ein Gold-Silber-Verhältnis von 1:16 ist seit Mitte der 1960er Jahre der Heilige Gral einiger Silberinvestoren. Leider dauert diese Suche auch heute, 50 Jahre später, noch immer unvermindert und erfolglos an. Tatsächlich widersprechen die Fakten der Annahme, dass die Edelmetallpreise eines Tages zu diesem Verhältnis zurückkehren müssen und vergrößern die Kluft zwischen Wunschdenken und Realität.

Im Mint Act von 1792 legte die US-Regierung für die Gold- und Silberpreise willkürlich das Verhältnis von 1:16 fest. Der Goldpreis wurde bei 20,67 $ je Unze fixiert und der Silberpreis bei 1,29 $ je Unze. Gleichzeitig wurde mit dem Gesetz die Gründung der Münzprägestätte von Philadelphia autorisiert, denn ab jenem Jahr stellten die Vereinigten Staaten ihr eigenes Geld her. Der offizielle Silberpreis und der Marktpreis des weißen Metalls blieben von da an bis in die zweite Hälfte des Ende des 19. Jahrhunderts hinein relativ nah beieinander.

Im Jahr 1859 entdeckten Schürfer die Comstock Lode in Virginia City, Nevada. Es handelte sich dabei um die größte Silberlagerstätte der Welt. Zusammen mit dem Silber, das bereits in Umlauf war, "überschwemmte" das zusätzliche Angebot den Markt und drückte den Wert des weißen Metalls deutlich unter den offiziellen Silberpreis von 1,29 $ je Unze. Das ist ein klassisches, historisches Beispiel für Inflation im eigentlichen Sinne - eine Entwertung des Geldangebots. Der tatsächliche Wert von Silber und dem Silberdollar lag nun deutlich unter dem offiziellen Preis von 1,29 $.

Der US-Kongress reagierte unverzüglich und verabschiedete den Coinage Act von 1873. Damit wurde die Produktion von Silbermünzen in den Vereinigten Staaten eingestellt. Doch nur fünf Jahre später wurde das Edelmetall mit dem Bland-Allison Act wieder zum offiziellen Zahlungsmittel erklärt und das US-Finanzministerium wurde zum Kauf großer Mengen Silber verpflichtet. Die Silberproduzenten schwammen förmlich im Silber und man hoffte, dass die neue Regelung mehr Arbeitsplätze in der Bergbauindustrie schaffen würde.

Eine Reihe anderer Gesetzesinitiativen hob entweder frühere Bestimmungen auf und/oder verstärkte die Anforderungen an das Finanzministerium zum Kauf von Silber, um den Markt zu unterstützen oder um das Edelmetall in der Münzherstellung zu verwenden. In den nächsten 70 Jahren versuchte die US-Regierung zunehmend, den Silberpreis unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie kaufte das weiße Metall zu künstlich überhöhten Preisen und schuf dadurch übertriebene Anreize für den Silberbergbau. Den Wählern in den Silber fördernden Bundesstaaten war das natürlich nur recht, doch die US-Regierung häufte im Zuge dessen einen unnötigen Vorrat von 2 Milliarden Unzen Silber an.

Der Marktpreis des Edelmetalls sank indes weiter. 1887 fiel der durchschnittliche Jahrespreis auf unter 1,00 $ und bis 1932, auf dem Höhepunkt der Großen Depression, erreichte er ein Tief von 0,25 $ je Unze. Das Gold-Silber-Verhältnis setzte seinen Anstieg in Übereinstimmung mit der Preisentwicklung fort (siehe Chart). Als Silber die Talsohle bei 0,25 $ durchschritt, war das Gold-Silber-Verhältnis auf 80 geklettert (20,67 $ geteilt durch 0,25 $). Im Jahr 1940 erreichte es sein Allzeithoch von 97 (34,00 $ geteilt durch 0,35 $).

Mit dem Eintritt der USA in den 2. Weltkrieg rückte der Wert des weißen Metalls als wichtiger Industrierohstoff zunehmend in den Vordergrund. In Bezug auf das Gold-Silber-Verhältnis begann damals der 27 Jahre andauernde, allmähliche Abwärtstrend, der 1968 schließlich zu einem Tief von 1:16 führte. Als Gold und Silber dann wenig später frei gehandelt wurden, stieg das Verhältnis wieder bis auf fast 1:100 im Jahr 1991. Zwischen Juli 1979 und Januar 1980 gab es eine kurze Zeit, in der es von 32 auf 16 fiel, aber schon kurz darauf lag es wieder bei 40.

Silberinvestoren, die von einem sinkenden Gold-Silber-Verhältnis ausgehen, setzen darauf, dass sich der Silberpreis in Zukunft besser entwickeln wird als der Goldpreis. Wenn sich aus dem oben verlinkten Chart aber überhaupt etwas ableiten lässt, dann eher das Gegenteil. In den letzten 50 Jahren blieb das Verhältnis hartnäckig über der steigenden Trendlinie und lag größtenteils auf einem sehr hohen Niveau. Die letzte bedeutende Abweichung wurde 2011 verzeichnet - und dauerte gerade einmal drei Monate.

Zudem ereigneten sich alle signifikanten Abwärtsbewegungen ausgehend von einem viel höheren Niveau. Um noch weiter zur Entmutigung der Silberinvestoren beizutragen, kam es außerdem in manchen Fällen gerade dann zu für Silber günstigen Änderungen im Verhältnis, wenn der Silberkurs fiel oder bereits sehr niedrig war.

Gold und Silber sind zwei sehr unterschiedliche Metalle mit unabhängigen Funktionen und Anwendungsbereichen. Gold ist echtes Geld. Silber ist ein Industrierohstoff, der zusätzlich auch als Geld eine gewisse Rolle spielt. Das Gold-Silber-Verhältnis, das vor mehr als 150 Jahren bestand, war in erster Linie das Ergebnis politischen Einflusses und einer Beschwichtigung der Wähler. Es war eine willkürliche Zahl.

Ein bestimmtes Verhältnis kann durchaus vernünftig sein, um eine gewisse Konsistenz und Einheitlichkeit innerhalb eines bestehenden Währungssystems zu gewährleisten. Der damals bei 1,29 $ je Unze fixierte Silberpreis lag jedoch deutlich über dem Marktpreis dieser Zeit. Es handelte sich also um eine frühe Form der Preisstützung.

Aus fundamentaler Sicht gibt es jedenfalls keinen Grund der für irgendein bestimmtes Verhältnis zwischen dem Gold- und dem Silberpreis spricht.


© Kelsey Williams



Der Artikel wurde am 13. Juni 2017 auf www.kelseywilliamsgold.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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