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Goldrausch der Kryptowährungen

10.07.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Boom-und-Bust

Zweitens: Das Fiat-Geld wird in der Regel durch Bankkreditvergabe vermehrt - durch Kreditvergabe, der keine "echte Ersparnis" gegenübersteht; es handelt sich dabei um "Geldschöpfung aus dem Nichts". Das ist nicht nur inflationär - schmälert also die Kaufkraft des Geldes und verleitet die Marktakteure zu Fehlentscheidungen -, es sorgt auch für die berühmt-berüchtigten "Boom-und-Bust"-Zyklen: Die Geldproduktion per Kreditvergabe senkt die Marktzinsen künstlich ab und das wiederum verlockt die Unternehmen zu Fehlinvestitionen und Konsumenten wie vor allem auch die Staaten zu übermäßigen kreditfinanzierten Ausgaben.

In einem Fiat-Geldsystem gleitet die Volkswirtschaft in eine Überschuldungssituation ab: Die Einkommen wachsen weniger stark, als die Verschuldung zunimmt. Früher oder später werden die Schuldenlasten (er-)drückend. Die Zentralbank senkt die Zinsen so weit wie möglich ab und stellt strauchelnden Schuldnern - Banken und Staaten - jede benötigte Geldmenge bereit, um Zahlungsausfälle zu verhindern. Das aber läuft auf nichts anderes hinaus als die Kaufkraft des Geldes auszuhöhlen.

Die unangenehme Wahrheit ist: Das Fiat-Geld beschert denjenigen Verluste, die auf seine Werthaltigkeit vertrauen – entweder durch Kaufkraftverlust und/oder Zahlungsausfälle. Ein solches Geld ist nicht nur ökonomisch problematisch, es wirft auch ethische Fragen auf: Ein derart politisiertes Geld schafft Gewinner und Verlierer, ist sozial ungerecht, untergräbt die marktgerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen in der Volkswirtschaft.


Neu: Kryptowährung

Die Probleme des Fiat-Geldsystems sind in der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 zutage getreten. Das hat sicherlich auch die Suche nach "besserem Geld" befördert. So lässt sich das Aufkommen der Kryptowährungen interpretieren.

Der prominenteste unter ihnen ist der Bitcoin. Er stellt eine elektronische Währung dar, die dezentralisiert mittels eines Peer-to-Peer-Netzwerkes im weltweiten Internet produziert und auf Basis von digitalen Signaturen verschlüsselt wird. Die Bitcoin-Produktion unterliegt - anders als beim Fiat-Geld - keiner zentralen Instanz beziehungsweise keiner staatlichen Kontrolle.

Die Vermehrung der Bitcoin-Menge ist begrenzt und dem Zusammenschluss von Rechnerkapazitäten im Internet überantwortet. Die dabei verwendete "Blockchain"-Technologie hat es in sich: Sie funktioniert wie ein digitales, für alle ein sehbares Kassenbuch, in dem die Transaktionen zwischen Computern aufgezeichnet werden. Die Transaktionen werden dabei dezentral und transparent auf vielen Rechnern verteilt gespeichert. Damit ist die Information nicht (oder nur mit ungeheurer großem Aufwand) manipulierbar.

Wie ist es um die Wettbewerbsposition der Krypowährungen gegenüber dem Fiat-Geld (in Form von US-Dollar, Euro, Schweizer Franken etc.) bestellt? Zunächst einmal kann man durchaus in Frage stellen, ob der Begriff Krypoteinheiten nicht passender ist als der Begriff Kryptowährungen. Zwar werden bereits viele Transaktionen mit Bitcoin und Co. abgewickelt, aber noch nicht in dem Ausmaß, dass man die Kryptowährung als Geld bezeichnen könnte - also als allgemein akzeptiertes Tauschmittel.

Zudem ist der Markt für Bitcoin bislang noch relativ klein. Die Marktkapitalisierung des Bitcoin beträgt derzeit etwa 40 Mrd. US-Dollar, der von Ethereum rund 20 Mrd. US-Dollar. Zum Vergleich: Allein die US-Geldmenge M1 (Bargeld und Sichtguthaben bei Banken) beläuft sich derzeit auf knapp 3.500 Mrd. US-Dollar, und die Geldmenge M2 (M1 plus Termin- und Sparguthaben) beträgt rund 13.500 Mrd. US-Dollar. Allerdings gibt die Marktkapitalisierung uns keine Antwort auf die Frage, ob die Kryptoeinheiten zu Geld werden können.

Mit der derzeit gegebenen Bitcoin-Menge von etwa 16,4 Millionen Einheiten (maximal werden es irgendwann einmal 21 Millionen Einheiten sein) lassen sich allerdings - theoretisch gesprochen - alle notwendigen Umsätze finanzieren. Dabei ist jedoch Folgendes zu beachten: Wenn die Bitcoin-Menge künftig nicht mehr wächst, müssen die Preise der Güter, gemessen in Bitcoin, fallen, wenn die Volkswirtschaft wächst. Der Bitcoin gewinnt dann an Kaufkraft. Ein Geld, das wertvoller wird - das ist natürlich ein Geld, das die Geldhalter besitzen wollen!

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Abbildung links: Quelle: Finanzen.net
Abbildung rechts: Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. (1) Anzahl der Aktienindizes (in Form des S&P 500), die man für einen Bitcoin kaufen kann.


Die Sache mit der "optimalen Geldmenge"

Die Frage "Wieviel Geld braucht eine Volkswirtschaft?" wird immer wieder gestellt. Und in der Regel fällt die Antwort, die die Ökonomen geben, dahingehend aus, dass gesagt wird, die Geldmenge müsse im Zeitablauf zunehmen. Doch das ist ein Irrtum. Die Geldmenge muss nicht wachsen, damit eine Volkswirtschaft wachsen kann. Die verblüffende Antwort ist vielmehr, dass jede gerade vorherrschende Geldmenge ausreichend ist, um alle erforderlichen Transaktionen durchzuführen. Ist die Geldmenge groß (sagen wir 10.000 Mrd. Euro), so sorgt das für entsprechend hohe Preise und Umsätze (also Preis der Güter multipliziert mit der Menge der Güter).

Ist die Geldmenge klein (sagen wir 5.000 Mrd. Euro), fallen die Umsätze entsprechend geringer aus. Die Höhe der Geldmenge macht folglich keinerlei Unterschied für die Tauschmitteldienste, die Geld leistet. Wenngleich auch nicht die Höhe der Geldmenge bedeutsam ist, so ist ihre Veränderung von großer Relevanz für die Volkswirtschaft. Ändert sich die Geldmenge, kommt es notwendigerweise zu einer Umverteilung von Einkommen und Vermögen. Die ersten, die die neu geschaffene Geldmenge in die Hände bekommen, können Güter zu noch unveränderten Preisen kaufen. Sie sind die Gewinner.

Diejenigen, die die neue Geldmenge spät erhalten, können die Güter und Dienstleistungen nur noch zu bereits gestiegenen Preisen kaufen. Sie (und all diejenigen, die gar nichts von der neu geschaffenen Geldmenge erhalten) sind die Verlierer. Je geringer also die Geldmengenausweitung ist, desto geringer sind auch die monetär bedingten Umverteilungswirkungen.



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