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Eine Krise historischen Ausmaßes

26.07.2017  |  John Mauldin
- Seite 4 -
Nachdem sie vier Jahre zu lang gewartet haben, sind die Federal Reserve, die EZB und die Bank of England nun endlich dazu übergegangen, ihre Geldpolitik mit einer seltsamen Kombination aus Vorsicht und Kühnheit zu straffen. Sie haben sicherlich schon gehört, wie Politiker von sich sagen, dass sie "vorsichtig optimistisch" sind. Die Zentralbank-Version dieses Ausdrucks ist "vorsichtig aggressiv". Es scheint allerdings, als würden die Notenbanker mit jedem Monat aggressiver und weniger vorsichtig. Wie kleine Katzenbabys wagen sie sich zuerst nur ängstlich wenige Schritte von ihrer Mutter weg, doch schon bald tollen sie wild umher und zerstören das Mobiliar.

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Quelle: Financial Times


Das mag eine amüsante Analogie sein, doch die Realität ist ganz und gar nicht amüsant. Die vier größten Zentralbanken haben gemeinsam eine Bilanzsumme von rund 13 Billionen $ und einen großen Teil davon müssen sie ihrer Ansicht nach abbauen. Die Bilanzen so stark zu kürzen, ohne dabei etwas kaputtzumachen, wird keine leichte Aufgabe.


Bestenfalls das geringste Übel

Den Notenbankern ist diese Herausforderung durchaus bewusst. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich stellt sozusagen ihr Gewissen dar, und das flüstert ihnen ins Ohr so laut es nur kann. Claudio Borio, ein Ökonom der BIZ, schreibt in seinem Kommentar zum Jahresbericht der Institution, der letzten Monat veröffentlicht wurde: "Das Ende des Aufschwungs dürfte dann eher einem Finanzboom ähneln, der aus der Bahn geraten ist - die jüngste Rezession war ein überaus deutliches Beispiel dafür."

Im Kapitel zur Geldpolitik ist es noch deutlicher formuliert:

"Angesichts der derzeit hohen Schuldenstände und der ungewöhnlich hohen Unsicherheit stellt die Normalisierung der Geldpolitik die Zentralbanken vor beispiellose Herausforderungen. Ein graduelles, transparentes Vorgehen hat klare Vorteile, ist aber kein Allheilmittel, da so auch die Übernahme neuer Risiken begünstigt und eine Ausweitung des geldpolitischen Spielraums verlangsamt werden könnten."

Das ist offensichtlich, aber es ist von Bedeutung, dass die BIZ es gesagt hat. "Beispiellose Herausforderungen" sind vielleicht noch eine Untertreibung für das, was der Fed und den anderen Notenbanken bevorsteht.

Weitere Auszüge aus dem Bericht der BIZ:

"Bei der Festsetzung des Tempos der Normalisierung müssen Zentralbanken mehrere Faktoren besonders sorgsam abwägen. Einerseits könnten sie Gefahr laufen, zu früh und zu rasch zu agieren. Nachdem sich die Hoffnung auf eine globale wirtschaftliche Erholung bereits mehrmals als trügerisch erwiesen hat, bleibt offen, ob der Aufschwung dieses Mal von Dauer sein wird. Zudem ist es angesichts der bislang beispiellosen Phase extrem niedriger Zinsen nochmals um einiges ungewisser, wie die Finanzmärkte und die Wirtschaft reagieren werden.

Andererseits besteht die Gefahr, dass die Zentralbanken zu spät und zu graduell agieren. Wenn die Zentralbanken den richtigen Zeitpunkt für den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik verpassen, müssen sie vermutlich irgendwann die Zügel ziemlich abrupt und kräftig straffen, um die Wirtschaft vor einer Überhitzung und die Inflation vor einer Zielüberschreitung zu bewahren. Selbst wenn die Inflation nicht anzieht, könnte die lange Beibehaltung zu niedriger Leitzinsen in weiterer Folge Finanzstabilitäts- sowie gesamtwirtschaftliche Risiken heraufbeschwören, da sich die Schuldenstände weiter erhöhen und die Risikoübernahme an den Finanzmärkten zunimmt. Die Art und Weise, wie die geldpolitischen Entscheidungsträger diese Zielkonflikte handhaben, wird sich maßgeblich auf die Aussichten für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum auswirken."


Der letzte Teil ist zu nett formuliert. Die Finanzstabilitäts- und gesamtwirtschaftlichen Risiken sind bereits erhöht. Die Schulden steigen nicht einfach nur weiter an - sie stapeln sich bereits bis unter die Decke und quellen zu den Fenstern heraus. Die Risikoübernahme an den Finanzmärkten kann kaum noch weiter zunehmen, ohne dass es zu einem Desaster kommt.


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