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Die zeitlose Geldtheorie der Österreichischen Schule der Nationalökonomie

03.09.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Dazu greift Mises auf (praxeo-)logische Überlegungen zurück. Geld, so Mises, kann nicht anders entstehen als aus einem Sachgut. Beispielsweise könnten sich beliebig vermehrbare ungedeckte Papierscheine nicht in einem freien Markt als Geld etablieren: Niemand würde ihren Tauschwert kennen. Die Logik des Regressionstheorems widerlegt die Theorie, dass das Geld eine staatliche Schöpfung sei. Diese Sichtweise, die sich bei auf Platon und Aristoteles zurückverfolgen lässt, fand ihren neuzeitlichen Hochpunkt im Werk "Staatliche Theorie des Geldes" des deutschen Ökonomen Georg Friedrich Knapp (1842-1926). Sie hält sich auch heute noch hartnäckig.

In Theorie des Geldes und der Umlaufmittel legt Mises auch die Grundlage für die monetäre Konjunkturtheorie der Österreichischen Schule. Er integriert dazu drei bis dahin isolierte Theoriebausteine: die englische "Currency School", die Kapital- und Zinstheorie Eugen von Böhm-Bawerks (1851-1914) und die Theorie Knut Wicksells (1851-1926), in der die Folgen eines Abweichens des Marktzinses vom "natürlichen Zins" beschrieben werden. Dadurch kann Mises zeigen, dass ein Ausweiten der Geldmenge durch Bankkreditvergabe, die nicht durch "echte Ersparnisse" gedeckt ist - wie es im heutigen Kredit- oder Papiergeldsystem der Fall ist - notwendigerweise zu - Finanz- und Wirtschaftsstörungen führt.

Wer sich heute das internationale monetäre System ansieht, der stellt sich unweigerlich die Frage:

Was ist das eigentlich für ein Geldsystem? Mit Blick auf die Lehre der Österreicher lässt sich das heutzutage gebräuchliche Geld - ob nun in Form des US-Dollar, Euro, chinesischer Renminbi oder des Schweizer Franken - als ungedecktes, per Kreditvergabe produziertes Fiatgeld bezeichnen: Es ist in nichts einlösbar, wird üblicherweise durch Kreditvergabe von Zentral- und Geschäftsbanken in Umlauf gebracht, und es ist vom Staat per (Zwangs-)Gesetz zum schuldbefreienden (gesetzlichen) Zahlungsmittel erhoben worden.

Im Jahr 1953 - also noch zur Zeit des Systems von Bretton Woods - empfiehlt Mises eine Geldreform, eine Rückkehr zu "gutem Geld" - und das bedeutet für Mises eine Rückkehr zum Goldgeld. Für ihn ist Gold nämlich quasi das perfekte, weil entpolitisierte Geld: "Man hat an der Goldwährung manches auszusetzen gewusst; man hat ihr den Vorwurf gemacht, dass sie nicht vollkommen sei. Doch niemand weiß anzugeben, wie man an Stelle der Goldwährung Vollkommeneres und Besseres setzen könnte. …

Die Goldwährung macht die Gestaltung der Kaufkraft von dem Einfluss der Politik und der schwankenden wirtschaftspolitischen Anschauungen wechselnder Majoritäten unabhängig. Das ist ihr Vorzug.“ Verkürzt sieht Mises‘ Vorschlag folgendes vor: Die Ausgabe von ungedeckten US-Dollar wird gestoppt. Fortan muss jeder ausgegebene US-Dollar eine 100 prozentige Golddeckung haben. Es gibt fortan vollständige Bankfreiheit ("Free Banking"), das heißt die Banken können jederzeit in den Markt ein- und auch wieder austreten, und die US-Zentralbank wird abgeschafft.

"Die Goldwährung macht die Gestaltung der Kaufkraft von dem Einfluss der Politik und der schwankenden wirtschaftspolitischen Anschauungen wechselnder Majoritäten unabhängig. Das ist ihr Vorzug." - Ludwig von Mises

Vor allem aber erkennt Mises frühzeitig die zerstörerischen Wirkungen des Zentralbankwesens und warnt vor ihnen - und das noch zu einer Zeit, als Gold weltweit noch das Geld war. Er hatte auch die Gefahr einer Kartellierung, einer immer engeren Zusammenarbeit zwischen den nationalen Zentralbankpolitiken, klar vor Augen. Er schrieb: "Die einzige Weltmittelumlaufsbank oder das Weltkartell der Umlaufsmittelbanken werden es in der Hand haben, die Umlaufsmittelzirkulation schrankenlos zu vermehren." Mises sah also die Tendenz zu einem Welt-Fiat-Geld, das aus den nationalen Fiat-Geldmonopolen erwächst - und deren Folgen der Allmacht des Staates Tür und Tor öffnen.

Die Geldtheorie der Österreicher hat keinen Einfluss auf die Gestaltung der weltweiten Geldordnung nach dem Zweiten Weltkrieg genommen, vor allem deswegen nicht, weil sie in der Mainstream-Volkswirtschaftslehre nicht Fuß fassen konnte. Der geld- und wissenschaftspolitische Betrieb ist anderen, keynesianisch-monetaristischen Lehren gefolgt. Gleichwohl zeigt sich die Erklärungskraft von Mises‘ geldtheoretischen Einsichten in der jüngsten Schuldenkrise, die im Kern für den Niedergang interventionistischer-sozialistischer Wirtschaftspolitiken und des ungedeckten Papiergeldsystems steht - so, wie es Mises schon vor langer Zeit theoretisiert hat.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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