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Verfrühter Optimismus auf dem Ölmarkt

15.09.2017  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis ist gestern mit 50,5 USD je Barrel auf den höchsten Stand seit Ende Mai gestiegen, der Brentölpreis mit 56 USD je Barrel sogar auf ein 5-Monatshoch. Aus unserer Sicht war die charttechnische Situation selbst für den Preisanstieg verantwortlich. Aus fundamentaler Sicht halten wir den Preisanstieg für übertrieben. Gerade bei WTI liegt derzeit die ganze Terminkurve oberhalb der 50 USD-Marke, was die Absicherungsgeschäfte der US-Schieferölproduzenten und deren Bohraktivität intensivieren dürfte.

Man sollte nicht außer Acht lassen, dass viele Quellen - laut DOE über 7.000 per Ende Juli - angebohrt, jedoch noch nicht erschlossen wurden, und diese Vorkommen binnen weniger Tage in Betrieb genommen werden können. Doch nicht überall lohnt sich die Produktion. In China leidet der Ölsektor noch immer unter dem Preisrückgang der letzten Jahre. Im August ist die Ölproduktion mit 3,77 Mio. Barrel täglich auf den niedrigsten Stand seit März 2009 gefallen.

Während auf dem Ölmarkt die niedrigere Produktion Chinas die Folge eines Preisrückgangs war, war bei Kohle der Produktionsrückgang in China einer der wichtigsten Gründe für den Preisanstieg. Im August ist die Tagesproduktion auf den niedrigsten Stand seit Oktober 2016 gefallen. Die teilweise vom Staat getriebene Produktionskürzung, gepaart mit einer starken Nachfrage, hat die Kohleimporte Chinas in den letzten zwei Jahren massiv erhöht und den Preis an der ICE (API 2-Index) in die Nähe eines 5-Jahreshochs gebracht. Doch auch diese Situation halten wir nicht für nachhaltig und rechnen mit einer starken Preiskorrektur.


Edelmetalle

Gold steigt heute Morgen vorübergehend auf 1.335 USD je Feinunze, nachdem Nordkorea abermals einen Raketentest durchgeführt hat. Erneut flog die Rakete über den Norden Japans hinweg. Dies erhöht die geopolitischen Spannungen in der Region, die zuletzt etwas in den Hintergrund getreten waren, weiter. Daher ist Gold als sicherer Hafen gefragt.

Gestern fiel Gold im Zuge der Veröffentlichung etwas stärker als erwarteter US-Inflationsdaten kurzzeitig auf ein 2-Wochentief von 1.315 USD. An den Zinserwartungen des Marktes hat sich allerdings kaum was geändert. Erstmals seit fünf Handelstagen verzeichneten die Gold-ETFs gestern wieder Abflüsse.

Indien hat gemäß vorläufigen Angaben des Finanzministeriums im August 41,2 Tonnen Gold importiert. Dies war zwar fast doppelt so viel wie im Vorjahr, aber dennoch der niedrigste Wert bislang in diesem Jahr. Offenbar haben die stark gestiegenen Goldpreise - von Anfang Juli bis Anfang September hat sich Gold in Indischen Rupien gerechnet um 11% verteuert - potenzielle Käufer abgeschreckt. Die Goldkonsumenten in Indien sind für gewöhnlich sehr preissensitiv. Sollten die Goldpreise nicht fallen, dürfte die sonst übliche Erholung der indischen Goldnachfrage im Herbst diesmal verhaltener ausfallen.

Palladium stand gestern den Großteil des Tages deutlich unter Druck und ist auf ein 4-Wochentief von unter 920 USD je Feinunze gefallen. Obwohl es sich im späten Handel etwas erholte, blieb auf Schlusskursbasis ein Minus von 1,5% übrig.


Industriemetalle

China hat im August gemäß Daten des Nationalen Statistikbüros mit 74,6 Mio. Tonnen eine rekordhohe Menge Stahl produziert. Dies war 8,8% mehr als im Vorjahr. Aufgrund der nach wie vor hohen Stahlpreise und der damit verbunden hohen Gewinne versuchen die chinesischen Produzenten so viel Stahl wie möglich herzustellen.

Die Stahlpreise werden zum einen durch eine robuste Nachfrage im Zuge staatlicher Stimulierungsmaßnahmen unterstützt. Zum anderen werden sie durch behördliche Schließungen von Kapazitäten - aus Umweltgründen oder weil sie illegal sind - hoch gehalten. Die Stilllegungen haben sich aber bislang immer noch nicht in den Produktionsdaten niedergeschlagen. Industriekreisen zufolge könnte die Produktion möglicherweise erst zum 19. Nationalen Volkskongress Mitte Oktober heruntergefahren werden, um dann in Peking die Luftverschmutzung einzudämmen.

Bei Aluminium zeigen die behördlich angeordneten Schließungen dagegen Wirkung: Im August lag die chinesische Produktion 2,7% unter dem Vorjahresniveau. Sie ist den zweiten Monat in Folge gefallen und hat auf Tagesbasis sogar den niedrigsten Wert seit 16 Monaten erreicht. Dies sollte jedoch keinen Anlass zur Sorge geben. Denn die börsenregistrierten Vorräte in China sind reichlich. Und in den Lagerhäusern der LME gibt es zum ersten Mal seit fast sechs Jahren keine Wartezeiten mehr zur Auslieferung von Aluminium. In Spitzenzeiten mussten Verbraucher über 700 Tage auf die Auslieferung von Material warten.

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Agrarrohstoffe

Der Preissprung bei Weizen und Mais an der CBOT heute lässt sich durch den Kontraktwechsel erklären, wobei ab heute die Dezember-Kontrakte für die beiden Getreidesorten gelten. Der Bericht des USDA zum Weizenmarkt enthielt zwar kaum neue Informationen, wobei die Verwerfungen durch die Hurrikans nur kurzfristig die Transporte beeinträchtigt haben dürften.

Jedoch konnte man noch einmal Details zum wichtigsten Faktor für die jüngste Anpassung der weltweiten Ernteschätzung des USDA um 1,7 Mio. Tonnen, nämlich Russland, nachlesen. Zwar gab es in allen Ländern der Schwarzmeerregion in diesem Jahr günstige Wetterverhältnisse. In Russland waren diese aber so gut, dass die Weizenproduktion um fast 12% ggü. Vorjahr auf 81 Mio. Tonnen steigen und das Land mit 32,5 Mio. Tonnen zum weltgrößten Weizenexporteur mit einem Marktanteil von 18% avancieren dürfte. Die Ernte von Sommerweizen ist noch im Gange und könnte für positive Überraschung sorgen. Auch wurden die ukrainischen Exporte nochmals um 0,5 Mio. auf 16,5 Mio. Tonnen angehoben.

Dass sich der Weizenpreis dennoch gut halten kann, kann man mit dem bereits seit Monaten herrschenden Pessimismus der Marktteilnehmer erklären, d.h. die Erwartungen waren in den Preisen eskomptiert. Auf der anderen Seite ist auch die Nachfrage erfreulich. So dürfte die niedrige Getreideernte in Bangladesch für höhere Getreideimporte sorgen. Der Reispreis an der CBOT ist jüngst auch deshalb auf den höchsten Stand seit Oktober 2015 gestiegen.




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