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Angebots- und Nachfragemengen und der Goldpreis

25.11.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Betrachten wir nun den zweiten Fall. Ausgehend von der Ursprungssituation verschiebt sich die Nachfragekurve nach rechts: zu jedem Preis wird nun mehr Gold nachgefragt als bisher. Der neue Gleichgewichtspreis steigt auf P₂, und die neue Gleichgewichtsmenge ist (wie in Fall 1) M₁. Eine gestiegene Gleichgewichtsmenge geht hier (Fall 2) also einher mit einem gestiegenen Preis.

Betrachten wir nun noch den dritten Fall: Das Angebot steigt, und gleichzeitig steigt auch die Nachfrage. Im neuen Marktgleichgewicht bleibt der Preis unverändert, während die Gleichgewichtsmenge steigt.

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Man erkennt: Von den angebotenen und nachgefragten Mengen lässt sich nicht unmittelbar auf den (markträumenden) Goldpreis schließen. Man kann beispielsweise nicht per se sagen, nur weil die gehandelten Goldmengen hoch sind, ist der Goldpreis hoch; oder nur weil die gehandelte Menge gering ist, ist der Preis niedrig. Vielmehr haben die umgesetzten Mengen keine sachlogische Beziehung zum Gleichgewichtspreis. (Das gilt übrigens nicht nur für den Goldmarkt, sondern es gilt auch für alle Märkte: ob Aktienmarkt, Häusermarkt oder den Markt für Obst und Gemüse.)

Die Erklärung dafür ist, dass der Preis des Goldes das Ergebnis von Angebot und Nachfrage ist. Und man muss beide kennen, um Rückschlüsse auf den Gleichgewichtspreis ableiten zu können. Hier liegt nun aber ein besonderes Problem: und das ist die Schwierigkeit, das Angebot von und die Nachfrage nach Gold verlässlich abschätzen beziehungsweise prognostizieren zu können.

Vor allem die Goldnachfrage wird bestimmt von einer Vielzahl von Faktoren. Hierzu zählen zum Beispiel die weltweite Konjunktur- und Einkommensentwicklung, Zinsen, Aktienmarktrenditen, Inflations- und Kreditausfallsorgen auf den Finanzmärkten. Die Bedeutung dieser Faktoren kann sich im Zeitablauf verändern, man kann nicht davon ausgehen, dass sie dauerhaft stabil ist.

Betrachten wir abschließend den Goldpreis (USD/oz) und die nachgefragte (beziehungsweise angebotene) Menge im Goldmarkt. In der Zeit Q1 2001 bis Q3 2017 lag der jahresdurchschnittliche Preisanstieg des Goldes bei 10,7 Prozent, die der nachgefragten Menge bei 2,6 Prozent. Die Preisbewegung war folglich stärker ausgeprägt als das Mengenwachstum. Zudem lassen sich zwei "Regimephasen" im Goldmarkt erkennen:

(1) In der Zeit von Q2 2000 bis Q1 2009 zeigte sich eine Seitwärtsbewegung der nachgefragten Goldmenge, gleichzeitig stieg der Goldpreis von 278 auf 862 USD/oz - offensichtlich war das eine Phase, in der das Angebot tendenziell rückläufig (knapp) war, die Nachfrage aber zunahm.

(2) Ab Frühjahr 2009 stieg die nachgefragte Goldmenge an und mit ihr auch der Goldpreis. Das deutet an, dass sowohl das Angebot als auch die Nachfrage zunahmen. Die Phase ab Herbst 2011 bis Q3 2017 zeichnete sich durch ein rückläufiges Angebot und einen noch ausgeprägteren Nachfragerückgang aus.

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Quelle: Thomson Financial; World Gold Council. Bis Q3 ’17.


Die Überlegungen sollten deutlich gemacht haben, dass man aus den angebotenen und nachgefragten Mengen im Goldmarkt nicht so ohne weiteres Rückschlüsse auf den Goldpreis ableiten kann - dass verlässliche Prognosen des Goldpreises auf diesem Wege nicht zu gewinnen sind.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Aktivitäten auf dem "Papiergoldmarkt" - also die Transaktionen auf den Gold-Futures-, Gold-Options- und Gold-Zertifikatemärkten - nicht in den oben betrachteten Zahlen berücksichtigt sind. Sie haben natürlich ebenfalls einen Einfluss auf den Goldpreis, obwohl sie (in der überwiegenden Zahl) nicht mit physischen Transkationen verbunden sind.

Zusammengefasst: Wer sich ein Bild über die künftige Goldpreisentwicklung machen möchte, der kommt nicht umhin, vor allem diejenigen Faktoren einzuschätzen, die das Angebot von und die Nachfrage nach Gold beeinflussen. Das ist, zugegebenermaßen, keine leichte Aufgabe. Aber es ist, wenn es gelingen soll, der zielführende Ansatz.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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