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Agrarrohstoffe: Fundamentals die wirklich was bewegen!

04.12.2006  |   Sebastian Hell
Am Grains Pit in Chicago dürfte heute unter den Floortradern einiges los sein, nachdem die Notierungen der Agrarrohstoffe einen fulminanten Abgang hingelegt haben. März Corn verliert 12,50 Cents und notiert aktuell bei 374,50. März Weizen und Januar Sojabohnen geben um 5,75 bzw. gigantische 16 Cents nach. An fundamentalen Erklärungen dürfte es nicht Mangeln, wenn man einen Blick in die Versorgungsströme der zahlreichen Newsprovider werfen würde, jedoch interessieren mich nicht die zahllosen Erklärungen am Tagesende sondern handfeste mittelfristige Fundamentals.

Mais würde ich auf keinen Fall von der Shortseite jetzt anfassen, auch wenn eine Korrektur anstehen dürfte. Die Nachfrage im nächsten Jahr ist einfach zu groß, als dass hier ein größerer Einbruch bevorstehen sollte. Mittlerweile wird bereits damit gerechnet, dass sich die Anbaufläche um zehn Millionen Acres steigern wird. Allerdings hat diese Steigerung keine Auswirkung, wenn die Ertragsrate pro Acre so hoch bleibt wie in diesem Jahr. Ja! Sie haben richtig gelesen, eine Steigerung um zehn Millionen Acres Anbaufläche bei einer Ertragsrate von etwa 150 Scheffel pro Acre führt keineswegs zu einem Überangebot sondern eher zu einer weiteren Verringerung. Erst eine Ertragsrate von 155 Scheffel pro Acre würde das Ending Stocks to Use Ratio um 1,9% anheben können. Somit Finger weg von Shorts beim Mais. Des weiteren gibt es Meldungen aus Argentinien, wonach die Vergabe von Maisexporten für die nächste Saison bis auf weiteres gestoppt wurde. Die Regierung versucht auf Zeit zu spielen, da der Ansturm auf argentinischen Mais gigantisch ist. Es ist inzwischen fast das komplette Exportziel der laufenden Saison verkauft worden, weswegen die Regierung einen temporären Stop festgelegt hat. In China haben die Exporteure ebenfalls Probleme ihre Verpflichtungen zu treffen, da die Kurse derart explodiert sind, dass möglicherweise einige Exportvereinbarungen vor allem nach Süd Korea nicht erfüllt werden können. Kurzfristig negativ könnten sich nur die Frachtraten auswirken, da berichtet wird, dass die Transportkosten (U.S.A./ Japan) von 49$ vor wenigen Wochen auf nun 51$ bis 51,50$ pro Tonne gestiegen sind. Pro Scheffel Mais wären dies etwa 1,30$. Auch der Baltic Dry Freight Index, welcher Aufschluss über die Kosten des Transports mit dem Schiff gibt, ist seit seinem Jahrestief bei 2000 Punkten auf inzwischen über 4330 Punkte angestiegen.
Bei den heutigen Export Inspections der USDA war von einer geringeren Nachfrage jedoch nichts zu erkennen. Die Maisexporte stiegen von 22 Millionen Scheffel in der Vorwoche auf nun 33 Millionen an.

Fazit: Mais würde ich auf keinen Fall shorten, sondern eher nach Einstiegspunkten auf der langen Seite suchen (Wenn sich eine Möglichkeit ergibt, wird dies in meinem kostenlosen Trading Letter besprochen! Mehr Info auf EMFIS)

Bei Weizen sieht die Sache schon wieder ganz anders aus. Es stimmt natürlich, dass wir ein Problem bei der Versorgung haben und die Übertragsraten weltweit sehr niedrig sind. Allerdings kann dies mit einer guten Ernte wieder ins Lot gebracht werden. Der Internationale Getreiderat schätzt, dass die Anbaufläche weltweit um vier Prozent steigen wird und in einigen Ländern wie Indien sowie der Ukraine gar um zehn Prozent. Sollte das Wetter mitspielen, wird sich der Versorgungsengpass wieder legen.
Bisher waren Spekulationen im Markt, dass die Trockenheit in den amerikanischen Plains sowie den chinesischen Weizenprovinzen die Ernte weiter beeinträchtigen könnte. Jedoch bricht nun in beiden Ländern der Winter an, weswegen der Weizen unter einer Schneedecke begraben sein wird. Aufgrund des El NINO Wetterphänomens wird der Winter nicht überdurchschnittlich kalt werden, weswegen mit keinen Einbußen aufgrund enormer Kälte wie im letzten Jahr zu rechnen ist. Für Europa gilt bisher das gleiche. Die Export Inspections lagen mit 20 Millionen Scheffel deutlich über den 14 Millionen der Vorwoche.

Fazit: Ich würde bei technischen Gegenbewegungen nach oben, aus dem Geld liegende Puts mit einer Laufzeit bis mindestens Mai kaufen.

Sojabohnen sind der Tagesverlierer und wie in meinem Recap vom Wochenende vermutet, könnten wir das Top nun gesehen haben. Shortpositionen in Anbetracht des heutigen Einbruchs aufzubauen halte ich für nicht geeignet, da der Markt morgen wahrscheinlich mit einem Down Gap eröffnen wird, sich anschließend jedoch erholen dürfte. Abwarten heißt hier die Devise bis eine technische Gegenreaktion vollzogen ist. Das Wetter in den Hauptanbaugebieten in Argentinien und Brasilien könnte besser nicht sein und bisher gibt es keine Klagen der Farmer. Ich bin weiterhin bullisch für Sojaöl, vor allem nachdem "Oil World" gemeldet hat, dass die Produktion von Biodiesel bis Dezember 2007 auf 22 Millionen Tonnen steigen könnte, nach sechs Millionen Tonnen in diesem Jahr. In China will man fünf Prozent des konventionellen Treibstoffs durch Biodiesel ersetzen und muss hierfür die Kapazität von derzeit 100.000 auf dann drei Millionen (!) Tonnen steigern. Der Verlierer der ganzen Geschichte ist uneingeschränkt Sojamehl, da dieses als Nebenprodukt des Biodieselwahns anfallen wird. Da wir im nächsten Jahr Rückgänge in der Rindermast aufgrund der hohen Maispreise sehen werden, sowie eine Reduktion von drei bis vier Prozent bei den Geflügelzüchtern, stehen dem Sojamehl schwere Zeiten bevor. Spreads zwischen Sojaöl und Sojamehl könnten eine Alternative sein. Bei den Bohnen an sich, rechne ich nicht mehr mit großen Zuwächsen, da die Übertragsrate zu hoch ist. Obwohl die Nachfrage nach Sojaöl da ist, gibt es ein Limit bei der Produktion da die Unmengen an Sojamehl wie bereits erwähnt gelagert werden müssen und das Öl nur einen Anteil von 18% an der Sojabohne hat. Raps und andere Ölpflanzen dürften hier die ganz großen Gewinner sein, was jedoch nicht bedeuten soll, dass Sojaöl nicht stark profitieren wird.

Fazit: Sojabohnen shorten bei technischen Rücksetzern, Sojaöl gegen Sojamehl spreaden.


Ich werde im nächsten Jahr Seminare zu den Themen Futures, Options und Spreads sowie technische- und fundamentale Analyse der Rohstoffmärkte geben. Unverbindliche Anmeldungen bitte an s.hell@emfis.com senden! Wir werden Sie dann umgehend informieren sobald die ersten Termine feststehen!


© Sebastian Hell
www.emfis.com



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