Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Die Weltwirtschaft in 2018: Der Ikarus-Aufschwung geht weiter

22.01.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 3 -
Box 3: Anmerkungen zur US-Steuerreform

Am 20. Dezember 2017 stimmte der US-Senat mit 51 gegen 48 Stimmen für die von Präsident Donald J. Trump eingebrachte Steuerreform. Es ist die weitreichendste seit 1986. Der Höchststeuersatz für Einkommensverdiener fällt, beginnend mit dem Jahr 2018, von 39,6 auf 37 Prozent. Die Unternehmenssteuer wird von 35 auf 21 Prozent abgesenkt. Bei der Rückführung von Gewinnen, die US-Unternehmen im Ausland halten, wird künftig einmalig ein Steuersatz von 15,5 Prozent (8,8 Prozent für "weniger liquide Mittel") erhoben. Die Steuersenkungen werden, so die Einschätzung des Joint Committee on Taxation, die Einnahmen des öffentlichen Haushalts um 1,456 Billion US-Dollar in den nächsten 10 Jahren verringern.

[Derzeit beträgt das US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) 19,5 Billionen US-Dollar. Bei unverändertem BIP wäre das eine Belastung des Haushaltes in Höhe von 0,75 Prozentpunkten des BIP pro Jahr.]

Die Senkung der Unternehmenssteuer ist beträchtlich: Bislang lag der effektive US-Steuersatz (der neben dem höchsten Grenzsteuersatz (für Gewinne über 18,3 Mio. US-Dollar) von 35 Prozent auch Bundesland- und Gemeindesteuer beinhaltet) bei etwa 40 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland liegt er zwischen 22,8 bis 36,8 Prozent. (Letzter setzt sich zusammen aus 15 Prozent Körperschaftssteuer, dem Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent plus die lokale Gewerbesteuer (zwischen 7 und 21 Prozent)).

In Frankreich liegt der vergleichbare Steuersatz bei 33,3 Prozent, in Großbritannien bei 19 Prozent. Es ist zu vermuten, dass eine Reihe von Ländern dem US-amerikanischen Vorstoß folgen und ihrerseits die Unternehmenssteuern senken wird, um ihre Position im internationalen Standortwettbewerb zu halten. Das ist für sich genommen positiv für Investitionen und Arbeitsplätze.

Einen Überblick über die internationalen Steuersätze für Unternehmensgewinne finden Sie hier.


Die Steuersenkung für US-Unternehmen erhöht die Kapitalrendite und dürfte die Investitionstätigkeit beleben und damit Produktions- und Beschäftigungsgewinne bringen. Aber nicht nur die heimische Wirtschaft wird profitieren, auch die übrigen Volkswirtschaften der Welt sollten von einem Anziehen der US-Konjunktur bessergestellt werden (beispielsweise durch eine Belebung des Außenhandels). Zudem wird vermutlich ein internationaler Steuerwettbewerb in Gang kommen. Viele andere Länder könnten ebenfalls die Unternehmenssteuern senken, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Zu beachten ist, dass die Steuersenkung zunächst einmal die Einnahmen für den US-Staatshaushalt verringert. Das spräche bei unveränderten Ausgaben für steigende Staatsdefizite und -schulden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass niedrigere Steuern das Wirtschaftswachstum erhöhen können (man spricht vom "Laffer-Kurven-Effekt"). Das wiederum lässt die Staatsausgaben steigen, und die Neuverschuldung wird im Zaume gehalten.

Ob es so kommt, lässt sich vorab nicht mit Gewissheit sagen. Fest steht nur: Die US-Wirtschaft erhöht mittels Steuersenkung in einem ersten Schritt zunächst einmal ihren "Leverage": Der Staat nimmt weniger ein und schränkt seine Ausgaben nicht ein. Sollte sich die Haushaltslücke in den USA nicht schließen, so liefe das auf ein verstärktes Wirtschaften auf Pump hinaus. Das ohnehin akute Verschuldungsproblem würde verschlimmert.


Box 4: Renaissance des US-Dollar?

Open in new window
Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen


Seit den 1970er Jahren haben die USA ein chronisches Leistungsbilanzdefizit. Das heißt, die Amerikaner importieren mehr Güter, als sie exportieren. Anleger aus aller Welt finanzieren das Defizit, indem sie US-Dollar denominierte Wertpapiere kaufen - weil der US-Dollar die Weltleitwährung ist. Das damit verbundene Angebot von US-Dollar dürfte einen maßgeblichen Beitrag geleistet haben, warum der Außenwert des Greenbacks in den letzten Jahrzehnten im Trend abgewertet hat.

Das Bild könnte sich in den kommenden Jahren grundlegend ändern. Denn belebt sich die Güterproduktion in den USA zu Lasten von Importen (beispielsweise weil Auslandsunternehmen, angelockt durch die Steuervorteile, verstärkt in den USA investieren und produzieren), schrumpft das US-Leistungsbilanzdefizit. Das USDollar-Angebot beziehungsweise das Angebot von US-Dollar denominierten Papieren auf den Devisenmärkten nimmt tendenziell ab, und das sollte einen Aufwertungsdruck auf den Außenwert des US-Dollar ausüben. Auf die Rückbildung des US-Defizits seit etwa 2006 hat der US-Dollar bereits mit einer Aufwertung reagiert (die sich allerdings am äußeren Rand nicht fortgesetzt hat).


Open in new window
Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. (1) Staatsanleihen. (2)


Besonders auffällig ist die Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar im letzten Jahr. Die Wechselkursbewegung hat genau das Gegenteil von dem gemacht, was der Zinsabstand zwischen US-Dollar- und Euro-Anlage nahelegt hat: Der Zinsvorteil von US-Dollar-Anlagen hätte für eine Aufwertung des Greenback gesprochen (Abb. 5 (a)). Aber auch die Entwicklung auf den Aktienmärkten spricht für eine Aufwertung des US-Dollar: Seit etwa 2008 haben sich die US-Aktienmärkte deutlich besser entwickelt als die Aktienmärkte im Euroraum, und das hat den US-Dollar gegenüber dem Euro gestärkt (Abb. 5 (b)).

Sollten die Renditen an den US-Börsen weiterhin diejenigen im Euroraum übersteigen, so spräche das für eine Rückkehr der US-Dollar-Stärke. Derzeit scheint der Auftrieb des EURUSD vor allem getrieben zu sein von zwei Faktoren: (1) Es gibt Gerüchte, die Chinesen würden fortan weniger US-Dollar-Papiere kaufen und (2) die EZB könnte die Zinsen schneller als gedacht anheben. Beides könnte in der Tat den Außenwert des Euro (vorübergehend) gehoben haben. Wir schätzen den jahresdurchschnittlichen EURUSD-Wechselkurs dennoch auf 1,17.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"