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Interview mit Axel Merk: Portfolio-Stresstest im Kontext der Volatilität

20.02.2018  |  Mike Gleason
Kommen wir jetzt direkt zu unserem Exklusivinterview dieser Woche, in dem es auch über zukünftige Risiken und die Wahrscheinlichkeit anhaltender Marktvolatilität geht.


Mike Gleason: Es ist mir eine Ehre, jetzt Axel Merk in unserer Sendung willkommen zu heißen. Er ist Vorsitzender und Chief Investment Officer von Merk Investment und Autor des Buches Sustainable Wealth. Axel Merk ist ein sehr gefragter Gast bei Finanzkonferenzen und weltweiten Medienformaten. Wir freuen uns sehr, dass er hier ist.

Mr. Merk, es ist mir eine Freude, heute wieder mit Ihnen sprechen zu können. Danke, dass Sie dabei sind.


Axel Merk: Oh, ganz meinerseits.


Mike Gleason: Ich würde gerne direkt einsteigen und Sie nach Ihren Gedanken zum Zustand der Märkte allgemein befragen. Angesichts des jüngsten Auf und Abs an den Märkten wäre das doch ein guter Einstiegspunkt.

Auf uns macht das Marktverhalten einen immer eigenartigeren und künstlicheren Eindruck. Am Montag hatten wir einen Einbruch im Dow von 1.100 Punkten. Dann am Dienstag erholte er sich, fast wie abgesprochen, wieder um 600 Punkte. Wir wissen, dass algorithmusbasierter Handel heutzutage groß angesagt ist. Wir wissen auch, dass Kursmanipulation Realität ist.

Erst vor ein paar Wochen wurden sechs Trader verhaftet, weil sie in verschiedenen Märkten, so auch bei den Gold-Futures, manipuliert hatten. Das waren nur die jüngsten Beispiele für Festnahmen und Strafanzeigen.

Auf der einen Seite haben wir also Maschinen, die große Teile des Handels abwickeln und nicht wie vielleicht Menschen auf bestimmte Zeichen reagieren. Sie sind so konzipiert, dass sie allen anderen, die traditionelle und langsame Marktanbindungen nutzen, zuvorkommen sollen (front running). Auf der anderen Seite wissen wir, dass diese Zeichen zumindest manchmal falsch sind - z.B. das Vortäuschen von Geboten oder andere Tricks, die von manipulativen Tradern eingesetzt werden.

Doch bevor wir detaillierter in Ihre Betrachtungen einsteigen, kommentieren Sie doch bitte das Marktgeschehen aus einer allgemeinen Perspektive.


Open in new windowAxel Merk: Gut. Zuerst vielleicht zu dem, was Sie eben hinsichtlich Verschwörung und Manipulation angesprochen hatten. Auch wenn ich mit dem Gesagten nicht unbedingt im Widerspruch stehe, so hat dieser Standpunkt eine problematische Grundannahme: Man geht davon aus, dass man nur die wenigen schwarzen Schafe loszuwerden müsste und alles wäre wieder ok.

Meine Sicht der Dinge ist in der Tat weitaus negativer. Ich glaube, dass die meisten Marktakteure eigentlich korrekt sein wollen, dass sie versuchen, ehrlich zu sein. Das Problem ist nur die Dynamik des Systems. Ähnliches ist auch bei politischen Entscheidungsträgern zu finden: Man wird auch in eine bestimmte Richtung getrieben. Das will ich einfach mal so hinstellen, wir können später auch auf unterschiedlichen Wegen dort wieder anknüpfen. Ich möchte aber hier eine allgemeine Perspektive aufmachen.

Seit Anfang Dezember vergleiche ich diesen Markt quasi mit einer Waschmaschine. Und damit meine ich, dass die Korrelationen am Zusammenbrechen sind. Jahrelang wussten alle ziemlich genau, was passieren müsste.

Eines der bemerkenswertesten Beispiele dafür war die Finanzkrise: Die Aktien sanken und die Fed sprang ein und kaufte Anleihen. Und dann passierte ungefähr Folgendes: Erstens bekamen wir dieses immens umgekehrte Verhältnis zwischen Aktien und Bonds, und zweitens sank die Volatilität wegen der Fed, etc. Ich meine also, dass es nicht nur um einige schwarze Schafe geht; es geht eher auch um die allgemeine Politik der Federal Reserve, welche einspringt und die Volatilität zusammenstaucht.

Und dann - um jetzt auf die jüngsten Ereignisse zurückzukommen - schnellte die Volatilität plötzlich in die Höhe. Teilweise liegt es daran, dass die Leute in Zeiten niedriger Volatilität Absicherung oder Sicherheit erwerben wollen, was sie jetzt ein Vermögen kostet. Sie wollen Ihren Teil vom Kuchen haben - sprich sich am Aktienmarkt einkaufen und gleichzeitig vor Abwärtsrisiken geschützt sein. Wer auf steigende Volatilität wetten wollte - was eine Form von Absicherungskäufen ist - den kostete das 10 % monatlich.

Auf der anderen Marktseite gibt es aber auch einige, die dann pro Monat 10% Plus machten. Das waren unterm Strich 100% pro Jahr - und dann? Diese Geldquelle war ein wenig zu gut, um wahr zu sein und alles ging nach hinten los. Der Auslöser war eine andere Sache, die eben nicht mehr zu funktionieren scheint - jene Korrelation zwischen Aktien und Anleihen.

Am Freitag, dem 2. Februar, hatten wir dann bei Aktien UND Anleihen einen Sell-Off. Das war dann einfach zu viel. Alle, die dachten, sie seien diversifiziert und viele von denen, die sogenannte “Risk-Parity-Trades“ nutzten, sagten sich: “Oh Gott, bei allem, was wir haben, gibt es Verluste, wir müssen aussteigen.“

Sie sagen, es seien die Maschinen, naja, man nennt es Anpassung der Portfolioausrichtung. Ich kann nicht sagen, ob es Maschinen oder Menschen sind. Es geht nur etwas schneller, wenn es Maschinen machen. Aber ja, diese Leute mussten aus ihren Positionen aussteigen. All diejenigen, die vorher 10% pro Monat verdient hatten, hätten ansonsten 90% pro Tag verloren. Daraus wird dann, für diejenigen, die nicht rechnen können, Folgendes: Wenn man 100% an einem Tag verdient und am nächsten 90% verliert, hat man unterm Strich einen Verlust von 80% gemacht. Diese Leute haben also ein dickes Minus gemacht.


Mike Gleason: Für die jüngsten Kursverluste an den Aktienmärkten wurden Ängste vor mehrfachen potentiellen Fed-Zinserhöhungen in diesem Jahr sowie anhaltender Fed-Bilanzausdünnung verantwortlich gemacht. Ist das wirklich die Triebkraft hinter dieser längst überfälligen Korrektur am Aktienmarkt? Und selbst wenn es der Grund wäre: Steigt bei einem Gemetzel am Aktienmarkt nicht in Wirklichkeit die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed ihre Zinssatzerhöhungen vorrübergehend aussetzt?


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