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Wie Fiatwährungen den Sparer zum zahnlosen Tiger machen

16.03.2018  |  Dr. Keith Weiner
Willkürliche Zinssätze

In den letzten Wochen haben wir dargelegt, dass die Zinssätze unserer Einschätzung nach nicht steigen werden. Unsere Argumentation beruht auf Hinweisen auf eine schwache Kreditnachfrage, die mit höheren Zinsen weiter abnehmen wird, sowie auf der Analyse der Anreize, die derzeit für Kreditnehmer und Kreditgeber bestehen. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Zinsen nicht stark und nicht über einen längeren Zeitraum hinweg steigen können, weil keine ausreichende Kreditnachfrage besteht, die sie nach oben treiben könnte. Von der Nachkriegszeit bis zum Jahr 1981 haben die Kreditnehmer dafür gesorgt, dass das Zinsniveau höher und höher stieg. Doch damit ist es seit 1981 vorbei.

Wir wollen nun zeigen, dass die Zinssätze in einer nicht gegen einen realen Vermögenswert einlösbaren Währung völlig willkürlich sind.

Betrachten wir ein reales Gut wie Rindfleisch. Wenn eine Krankheit plötzlich 20% aller Rinder verenden lässt, wird das Angebot an Rindfleisch abnehmen. Bleiben alle anderen Faktoren unverändert, wird der Preis des Fleisches steigen, vielleicht sogar sehr stark. Es besteht allerdings kein linearer Zusammenhang zwischen dem Rückgang des Angebots und dem Preis. Letzterer könnte 2%, 20% oder sogar 200% steigen.

Wir können aber definitiv mit einer Preiserhöhung rechnen. Auf diese Weise bestimmt der Markt, welche der früheren Rindfleischkonsumenten nun auf Hühnchen umsteigen - die marginalen Rindfleischesser.

Wenn im umgekehrten Fall dagegen das Angebot an Rindfleisch zunimmt - z. B. weil China beschlossen hat, die Rinderzucht auf einer Fläche von tausenden Quadratkilometern zu subventionieren (zweifellos mit Hilfe geliehener Dollars) - dann würde der Preis sinken. Wir können also festhalten, dass sich der Preis entgegengesetzt zu Änderungen der Quantität eines am Markt verkauften Produktes entwickelt, sofern alles andere gleich bleibt.

Geld unterscheidet sich jedoch grundlegend von einem realen Gut wie Rindfleisch. Wir haben bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass Geld während einer Transaktion nicht verbraucht wird (genau genommen wird Rindfleisch kurz nach der Transaktion konsumiert). Die Quantitätstheorie liefert also keine Erklärung dafür, warum nicht das gleiche Geld immer und immer wieder verwendet werden kann, um den Preis für Rindfleisch bis ins Unendliche nach oben zu treiben.

Natürlich gibt es dafür doch eine Erklärung. Wir sagen "natürlich", weil so etwas einfach nicht geschieht. Um den Grund zu verstehen, müssen wir jedoch die individuellen Marktteilnehmer betrachten. In unserem Beispiel ist der Farmer, der das Rindfleisch verkauft hat, im Besitz des Geldes. Dieser wird nun höchstwahrscheinlich nichts unternehmen, was den Preis steigen lassen könnte. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass er von seinen Einnahmen Futtermittel und andere Dinge kauft, die er benötigt, um noch mehr Rinder zu züchten und zu verkaufen. Dadurch drückt er den Preis tendenziell nach unten.

Sich fragen sich vielleicht, warum wir hier die Rinderzucht diskutieren. Wir wollen auf diese Weise einige Grundgedanken aufzeigen, die wir für die Betrachtung der Zinsen benötigen. Und was genau ist der Zinssatz eigentlich? Er ist der Preis dafür, das Geld eines anderen verwenden zu können.


Ein freier Zinsmarkt

Sehen wir uns zuerst den idealen freien Markt an. An einem freien Markt können die Akteure selbst wählen, welches Geld sie halten wollen, in welcher Währung sie die Preise ausschreiben und ihre Bücher führen wollen, und welche Währung sie verleihen oder leihen wollen. Es gibt keine Zentralbank, keinen Kreditgeber letzter Instanz, keine Bail-outs oder Bail-ins, keine Einlagensicherung und andere Moral Hazards. Es gibt keine ungedeckte Währung und keinen Zwang. Ein solcher Markt wäre gekennzeichnet durch den Respekt vor Eigentums- und Vertragsrechten. An einem freien Markt würden die Menschen Gold verwenden.

Ein freier Markt bedeutet, dass die Teilnehmer ihren Interessen nachgehen und ihren Vorlieben ungehindert Ausdruck verleihen können. Es gibt zwei entscheidende Präferenzen, die den Zinssatz beeinflussen. Eine ist die Gegenwartspräferenz der Sparer. Würden Sie uns beispielsweise Ihr Gold leihen, wenn wir Ihnen 0% Zinsen zahlen? Natürlich nicht! Jeder hat eine solche Gegenwartspräferenz, d. h. jeder schätzt heute verfügbares Kapital höher als eine gleich hohe Summe in der Zukunft. Wenn der Zinssatz keinen ausreichenden Ausgleich dafür bietet, behalten wir unser Geld einfach.

Die andere Präferenz ist das Gewinnstreben des Unternehmers. Wenn er mit dem eingesetzten Kapital Erträge von 10% erzielen kann, wie viel wird er dann bereit sein, für einen Kredit zu bezahlen? Unabhängig von der genauen Höhe muss er immer einen Gewinn für sich selbst einkalkulieren. Deswegen werden es definitiv weniger als 10% sein.

Kredite werden also nur dann vergeben, wenn die Zinsen höher sind als die Gegenwartspräferenz, und nur dann aufgenommen, wenn die Zinskosten geringer sind als die Produktivität.

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In einem freien Markt ist das ein unumstößliches Gesetz. Allerdings haben wir keinen freien Markt, sondern ein System, das auf einer nicht einlösbaren Papierwährung beruht. Wir sind dazu gezwungen, unsere Buchhaltung in US-Dollar zu führen. Wenn wir unser Gold zu einem höheren Dollarpreis als dem Kaufpreis wieder verkaufen, müssen wir Steuern zahlen. Die Aufnahme und Vergabe von Krediten erfolgt in Dollar. Dieses System ist so allumfassend, dass selbst diejenigen, die Gold bevorzugen, wütend werden, wenn der Goldpreis in US-Dollar sinkt - d. h. wenn der Goldpreis in einer Währung sinkt, die diesen Leuten verhasst ist und die sie nicht einmal als Geld betrachten.

Denken wir einen Moment darüber nach. Warum spielt der Goldpreis eine Rolle? (Abgesehen von dem Spaß, den man mit Spekulationen auf Dollargewinne haben kann, und abgesehen von der Gehirnwäsche, die uns alle davon überzeugt hat, dass der Dollar das Maß aller Dinge ist.) Die Antwort ist einfach: Fast jeder hat Dollarschulden.


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