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Welthandel am Scheideweg

19.03.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 2 -
Fall 1 käme folglich einer "Selbstschädigung aller" gleich und ist daher kein wahrscheinliches Szenario. Fall (2.) ist für die USA unmittelbar positiv, für den Rest der Welt hingegen unmittelbar negativ. Durch Importbe-hinderungen zieht Amerika Kapital aus dem Ausland an: Die Auslandsunternehmen produzieren die Güter, die sie in den USA verkaufen, vor Ort. Verlagern Unternehmen ihre Produktion in die USA, verlieren andere Länder ihre Produktionsbasis. Amerika gewinnt (zumindest kurzfristig), das Ausland hat das Nachsehen.

Fall (3.) ist für alle positiv, aber erst langfristig. Hier würde der Protektionismus der USA alle anderen Handels-partner dazu bringen, ihrerseits Handelsbarrieren abzubauen; sie würden kooperieren. In dem Maße, in dem nachfolgend protektionistische Maßnahmen schwinden, steigt auch der internationale Standortwettbewerb. Der Druck auf andere Regionen - beispielsweise Europa und Länder wie Japan und Südkorea - steigt, ihrer-seits die Steuern zu senken und die Bedingungen für die Produktion in den eigenen Grenzen zu verbessern, um ein Abwandern der Unternehmen und Leistungsträger zu verhindern.

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Die Vereinigten Staaten von Amerika sind der dominante Spieler. Fall 1 herbeizuführen ist für sie unvorteilhaft. Sie werden zwischen Fall 2 und Fall 3 wählen. Kooperieren andere Länder nicht, träte Fall 2 ein. Doch das ist nicht allzu wahrscheinlich. Allein deswegen nicht, weil die volkswirtschaftlichen Kosten, die viele Länder bei einer Nichtkooperation zu tragen hätten, extrem hoch wären.

Fall 3 erscheint daher der wahrscheinlichste zu sein. Wenn Amerika auf den Abbau von "unfairen" Handelsbedingungen drängt, und die anderen kooperieren, steigt der Anpassungsdruck: Um das Abwandern von Unternehmen in die USA zu verhindern, müssen viele Länder die Wirtschaftsbedingungen in ihren eigenen Grenzen verbessern. Sie müssen Steuern senken, administrative Hindernisse abbauen, die grenzüberschreitende Bewegung von Arbeit und Kapitel fördern. Trumps protektionistische Nadelstiche sorgen so letztlich für einen internationalen Standortwettbewerb und verbessern die Aussichten für Wachstum und Beschäftigung weltweit.

Wer einen "Handelskrieg" (wie in den 1930er Jahren) an die Wand malt, kann sich zwar der öffentlichen Aufmerksamkeit gewiss sein, er schießt jedoch über das Ziel hinaus. Die USA haben kein grundsätzliches Problem mit der internationalen Arbeitsteilung und dem Handel. Die Trump-Administration scheint nicht per se den Schutz der eigenen Industrie anzustreben, sondern vielmehr die Wertschöpfung im eigenen Land - etwa durch Ansiedlung neuer Produzenten aus dem Ausland - erhöhen zu wollen. Und vermutlich wird ihnen das auch gelingen. Denn es gibt einen großen ökonomischen Anreiz für alle anderen Länder, eine kooperative Lösung finden zu wollen.


Anpassungsdruck

Was bedeutet das für Deutschland? Deutschland ist eng eingebunden in den internationalen Handel (Abb. 1 a). In 2016 wurden Waren im Wert von 2.130 Mrd. Euro exportiert und für 1.754,5 Mrd. Euro importiert. Der Außenhandelsüberschuss betrug 375,5 Mrd. Euro. Der Leistungsbilanzüberschuss belief sich auf 8,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) (Abb. 1 b). Diese Größenordnungen zeigen unmissverständlich, dass ein Stocken des Welthandels - beispielsweise durch Handelsbarrieren wie Einfuhrkontingente - Produktion und Beschäftigung in Deutschland hart treffen würde.

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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen


Deutschland käme unter besonderen Anpassungsdruck. Nehmen wir an, die USA erzwingen mittels Einfuhrbeschränkungen, dass die Güter, die in den USA verkauft werden, auch in den USA produziert werden - das heißt, die Güter sollen nicht mehr importiert, sondern vor Ort produziert werden. In diesem Fall wandern Teile der Produktion aus Deutschland in die USA ab. Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand in Deutschland leiden. Es wäre aus deutscher Sicht das schlechte(ste) Szenario.


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