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Eine Lanze für Gold und Silber

19.08.2018  |  Manfred Gburek
Vor zwei Wochen habe ich an dieser Stelle die negativen Schlagzeilen zum Gold aufs Korn genommen. Inzwischen sind viele weitere hinzugekommen, allesamt Indikatoren für das Auslaufen der Goldbaisse. Bei dieser Gelegenheit reizt es mich, Schlagzeilen aus der Zeit um 2001/02 zu zitieren, als der Goldpreis zu seiner zehnjährigen Hausse ansetzte. Hier sind drei von unzähligen Beispielen: "Gold als 'sicherer Hafen' gilt nur als Wunschdenken" (FAZ, 20. April 2001), "Gold verliert seinen Nimbus als sicherer Hafen" (Financial Times Deutschland, 12. Oktober 2001), "Ohne Glanz" (Finanztest, März 2002).

Es gehört zwar zur Chronistenpflicht der Medien, wichtige Entwicklungen an den Börsen aufzuarbeiten; aber daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen, kann daneben gehen, wie die zitierten Beispiele zeigen. So etwas nennt man unter Börsianern "Blick in den Rückspiegel". Er treibt sein Unwesen nicht allein, wenn es um den Goldpreis geht, sondern auch - und da ganz besonders - bei der Bewertung von Fonds, deren Manager meistens just dann auf dem Siegertreppchen, stehen, wenn ihre besten Anlageergebnisse hinter ihnen liegen.

Dem Goldpreis beizukommen, ist schwierig, weil er mehr verkörpert als nur ein handelbares Edelmetall mit mehreren Jahrtausenden Geschichte, nämlich darüber hinaus auch: internationale Liquidität, Währungsreserve, Geldanlage, Schutz vor Inflation, Schmuck, Mythos. Daraus folgt, dass mehrere Faktoren den Goldpreis beeinflussen, mal die einen mehr, die anderen weniger, mal umgekehrt.

Damit nicht genug, Angebot und Nachfrage hängen auch davon ab, ob die Minen bei einem bestimmten Preisniveau überhaupt noch Gold fördern (derzeit ein wichtiges Thema) und wie sich von daher die Verknappung des Angebots auf den Preis auswirkt. Oder wie die Erweiterung des Angebots (irgendwann in den kommenden Jahren sicher wieder ein Thema) den Preis drücken würde. Nicht zu vergessen die vielen Goldderivate, die sowohl bei steigenden als auch bei fallenden Preisen wie Turbolader wirken.

Gold ist als Geldanlage kaum mit anderen Anlageklassen vergleichbar: Keine Rendite, kein Kurs-Gewinn-Verhältnis, kein Cashflow, keine sonstige Hilfsgröße, aus der hervorginge, ob der aktuelle Goldpreis den Kauf rechtfertigt. Aber, und das ist zu bestimmten Zeiten - wie gerade jetzt - entscheidend: Gold schützt vor Schuldenblasen, vor Inflation, Staatsbankrott und weiteren Unbilden. Oder um einen der wenigen geistreichen Sprüche von Donald Trump zu zitieren: "Wer Gold hat, bestimmt die Regeln." Damit habe ich auch ein Kapitel in meinem neuen Ebook überschrieben.

Leistet der symbolische Rückspiegel schon bei Anlagen wie Fonds, Aktien oder Immobilien nur unzureichende Dienste, so gilt das erst recht für Gold (einschließlich Silber), was - siehe oben - an den heterogenen Einflussfaktoren liegt, die den Goldpreis beeinflussen. Dazu drängt sich noch die folgende Überlegung auf: Solange Fonds (seit einiger Zeit speziell ETFs), Aktien und Immobilien in Mode sind, fließt sehr viel Geld zu ihnen, das womöglich bereits jetzt besser in Gold und Silber investiert wäre.

Wandelt sich dagegen die Mode, weil es in den drei Anlageklassen zu einer Initialzündung mit negativem Ausgang kommt (etwa Fehlspekulation mit Derivaten oder plötzlicher Zinsanstieg), schwappt das Geld zunächst auf Konten und in Anleihen hoher Bonität. Danach gibt es erfahrungsgemäß erst eine Pause, bevor ein neuer Zyklus beginnt. Ein solcher neuer Zyklus dürfte jetzt im Zeichen von Gold und Silber stehen. Deren aktuelle Preise laden geradezu zum Kaufen ein, und zwar auf dem aktuellen Niveau.

Wie steht es um Charts, taugen sie als Timinghilfen? Dazu habe ich eine dezidierte Meinung: Charts können hilfreich sein, wenn man sich zum Beispiel einen Überblick zur Entwicklung der Edelmetallpreise oder der Aktienkurse in der Vergangenheit verschaffen will.

Dagegen sind sie als Indikatoren für die Zukunft von begrenztem Wert. Das gilt erst recht, wenn es um Indizes wie den Dax oder den Dow Jones geht. Denn solche Indizes sind für sich genommen nicht interpretierbar und obendrein sogar irreführend: Der Dax enthält neben gewichteten Kurswerten auch Dividenden, der Dow Jones als Kursdurchschnitt ohne Gewichtung lässt dagegen Dividenden außen vor. Oder auf den Punkt gebracht: Die Interpretation von Indizes ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eine überflüssige Spielerei.

Preisziele für Gold und Silber zu ermitteln - egal, ob nach unten (derzeit oft missbraucht) oder später nach oben -, verbietet sich wegen der unzureichenden Bewertungsmaßstäbe und der heterogenen Einflussfaktoren von selbst. Bricht das internationale Schuldengebäude und damit einhergehend das ganze Papiergeldsystem in sich zusammen, kann der Wert beider Edelmetalle theoretisch sogar ins Unendliche steigen. Nun wollen wir aber nicht hoffen, dass es schon in Kürze zu einer solchen Katastrophe kommt, sondern dass die riesigen Schulden erst mal nur zügig weiter zunehmen.

Auslöser des nächsten Goldpreisanstiegs können ja auch langsam steigende Inflationsraten, entsprechende Inflationserwartungen, sinkende Fördermengen der Minen und/oder mehr statt weniger Gold- und Silber-ETFs sein. Letzteres, falls die führenden Fondsgesellschaften für ihre ETFs auf Aktien oder auf sonstige Basiswerte nicht mehr genügend Käufer finden und deshalb nach neuen Basiswerten Ausschau halten.

Geldanlage ist bekanntlich eine Kunst. Ihr Erfolg beruht üblicherweise auf einer ganzen Reihe von Komponenten: Beobachtung, Recherchen, Analyse, Kombination, Gespräche mit anderen Anlegern, Erfahrung und Geduld. Das ist insoweit mit Gold und Silber ähnlich wie mit Aktien. Aber die beiden Edelmetalle lassen sich nicht in ein Raster packen, wie es bei Anlagen in Aktien oder in Anleihen üblich ist: Bei der Aktienanalyse helfen Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis, die Dividendenrendite, der freie Cashflow und einige mehr, bei Anleihen sind es in erster Linie die Zinshöhe, die Laufzeit und die Bonität des Schuldners.

Ob Gold und Silber gerade preiswert sind, lässt sich anhand einiger Kennzahlen ermitteln, etwa mit dem Goldpreis-Silberpreis-Verhältnis oder mit der Kennzahl Dow Jones zum Goldpreis.

Darüber hinaus sollten Anleger aber unbedingt auch das Verhältnis des aus Gold- und Silberaktien bestehenden XAU-Index zum Goldpreis heranziehen (der Index ist unter anderem auf goldseiten.de zu finden). Denn das Verhältnis besagt: Steigt dieser Index stärker als der Goldpreis - Profis sprechen hier von relativer Stärke -, spricht das meistens für weiter steigende Gold- und Silberpreise. Am Freitag stieg der XAU-Index zeitweise fast doppelt so stark wie der Goldpreis. Beobachten Sie deshalb diese Relation in nächster Zeit besonders genau!


© Manfred Gburek
www.gburek.eu



Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.

Neu bei gburek.eu: Die große Gold-Spekulation



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