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Verabschieden sich die USA aus verlässlichen Lieferketten?

21.05.2019  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1155 (07:30 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1151 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 110.18. In der Folge notiert EUR-JPY bei 122.90. EUR-CHF oszilliert bei 1.1270.

Die Gedanken schweifen zurück in vergleichsweise gute Zeiten, als die USA versuchten, die Welt im Sinne des Freihandels zu domestizieren. Staatsintervention war absolut "out". Was wurde Europa seinerzeit einem "Bashing" ausgesetzt!

Die USA haben sich mit der Umsetzung des Freihandels im Rahmen der Globalisierung doch ein gutes Stück weit verändert. Mit verloren gegangener Konkurrenzfähigkeit seitens der US-Wirtschaft in vielen Feldern der Ökonomie, aber bei weitem nicht allen Feldern, steht heute Staatsdirigismus nicht nur für das eigene Land hoch im Kurs. US-Recht soll extraterritorial wirken.

Damit machen die USA deutlich, dass demokratische Selbstbestimmung nur für die USA, aber nicht für Drittländer gilt. So weit zum Sendungsbewusstsein, Demokratie und westliche Werte in die Welt tragen zu wollen. Demokratie nur an so genannten freien Wahlen festzumachen, ist übrigens ambitioniert (siehe US-Wahlbetrug unter Bush).

Das Sendungsbewusstsein der USA, das Freihandel heute faktisch als Makel charakterisiert, belegt den bahnbrechenden Opportunismus der US-Eliten. Wertethemen werden in den USA dem kurzfristigen Cash-Flow geopfert.

Für nachhaltige Investitionstätigkeit sind belastbare Rechtsrahmen zwingend erforderlich. Deswegen hatten viele Entwicklungsländer, die der Sowjetunion vor 1990 zugeneigt waren, keine nennenswerten Kapitalströme aus dem Westen erhalten. Erst mit dem Wegfall des politischen Risikos nach 1990 wurden diese Länder mit Investitionen desWestens erschlossen.

Welches Unternehmen kann heute guten Gewissens in den USA investieren, wenn man morgen nicht weiß, wie viele Sanktionen gegen Drittländer verfügt werden?

Die aktuelle Politik der US-Administration lässt jedwede Verlässlichkeit für nachhaltige Investitionen vermissen. Sie zielt auf kurzfristiges Momentum, ohne die mittel- und langfristigen Konsequenzen dieser Politik sachgerecht abzuwägen.

Ideologisch (Pars pro Toto Ansatz) werden in den USA Felder definiert, wo man glaubt "Leverage" zu haben, um dann unter Umständen festzustellen, dass Preise an anderen Fronten zu zahlen sind. Die Abhängigkeit im US-Technologiesektor von Importen Seltener Erden aus China ist hoch. Der Warnschuss, der gestern Washington diesbezüglich aus China erreichte, mag ein Katalysator für die zunächst marginal aufgeweichte Haltung Washingtons im Konflikt mit Huawei sein.

Aber es gibt auch ganz profane Wirtschaftssektoren, die in den USA unter der Politik Trumps leiden: US-Schuhhersteller haben Präsident Trump aufgefordert, ihre Produkte von geplanten neuen Importzöllen gegen China auszunehmen.

O-Ton des Branchenverbandes FDRA: Der angedachte zusätzliche Zoll von 25% auf Schuhe wäre für unsere Verbraucher, unsere Firmen und die amerikanische Wirtschaft als Ganzes katastrophal. Der Aufschlag würde den Käufern pro Jahr insgesamt sieben Milliarden Dollar an zusätzlichen Kosten aufbürden. Zum FDRA gehören 173 Unternehmen.

Die Lernkurve für den Rest der Welt heißt Solidarisierung im Rahmen des gegebenen Organigramms der WTO, deren Regeln aber angepasst werden müssen (u.a. Status China), um den globalen Handel mit "just in time" Lieferketten ex USA so reibungslos wie möglich zu garantieren (wünschenswert Freihandelsabkommen EU/China/Russland etc.).

Die Entdollarisierung der Weltwirtschaft wird durch die US-Politik forciert, da die Rolle des USD durch die USA missbraucht wird, denn die USA halten sich nicht an das international verankerte Regelwerk (Sanktionen ohne Grundlage), das für das Management einer Leitwährung und belastbaren Währungsreserve zwingend erforderlich ist (Verlässlichkeit, Zugriffsrecht, nicht Angriffsfläche der Souveränität!).

Für Europa bedeutet die US-Politik, sich von der Abhängigkeit im IT-Sektor zu lösen und keine neuen naiven Abhängigkeiten einzugehen (LNG). Das geht nicht von heute auf morgen. Der Prozess ist aber schleunigst zu starten. Big Data ist das Geschäft der Zukunft. Wer selbstbestimmt sein Schicksal gestalten will, muss eine starke IT-Branche vor Ort haben (IT-Airbus).

An Brüssel, Berlin und Paris etc: "Auf Mädels und Jungs, es pressiert!"


Datenpotpourri:

Eurozone: Der Leistungsbilanzüberschuss per Berichtsmonat März stellte sich in der saisonal bereinigten Fassung auf 24,7 Mrd. Euro nach zuvor 27,9 Mrd. Euro. USA: Der von der Fed Chicago ermittelte National Activity Index, ein Sammelindex aus 85 Einzelindikatoren der US-Wirtschaft, sank per Berichtsmonat April von 0,05 (revidiert von -0,15) auf -0,45 Punkte. Der Blick auf den Chart verdeutlicht unter Schwankungen eine Abwärtstendenz seit Herbst 2017. der US-Kreditzyklus ist halt sehr reif ...

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© Reuters


Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in dern Währungsrelation EUR/USD favorisiert. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.1100 - 1.1350 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH



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