Sparer aufgewacht: Geldwertschwund schluckt Zins
11.06.2019 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Quelle: Thomson Financial; Berechnungen Degussa. Geldmengen ohne Bargeld. Es wird der 3-Monatszins zugrunde gelegt. Ab Mai 2015 wurde im Euroraum ein nominaler Nullzins für Bankguthaben angenommen.
Der Grund für die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken dürfte bekannt sein. Sie soll verhindern, dass die weltweite Schuldenpyramide, für die die unablässige Vermehrung von Kredit und Geld in den letzten Jahrzehnten gesorgt hat, in sich zusammensackt, und mit ihr die Produktions- und Beschäftigungsstruktur umstürzt. Dazu sind die Zentralbanken auf eine extreme Niedrig- und Negativzinspolitik eingeschwenkt.
Das erleichtert es Schuldnern, ihre fälligen Kredite durch neue Kredite, die einen niedrigeren Zins tragen, zu ersetzen - und auch noch neue Kredite zu sehr günstigen Konditionen aufzunehmen. Die niedrigen Zinsen verhindern zudem, dass Fehlinvestitionen zutage treten und so die Fortsetzung der Konjunktur gefährdet wird.
Gold und Aktien
Vor allem im Euroraum ist die Abkehr von einer Geldpolitik, mit der die Schulden von Staaten und Banken gezielt entwertet werden, nicht absehbar. Euro-Anleger sollten daher ernstlich darüber nachdenken, Euro-denominierte Zahlungsversprechen im Portfolio abzubauen beziehungsweise zu meiden. Aktien und andere Währungen, einschließlich des Goldgeldes, sind praktikable Alternativen. Das Gold wird hier behandelt. An dieser Stelle sei daher nur ein kurzer Blick auf die Aktienmärkte gerichtet. Abb. 5 a zeigt für die Zeit Januar 1990 bis Mai 2019 den US-amerikanischen Aktienmarktindex S&P 500 sowie seinen geschätzten "Fairen Wert".
Quelle: Thomson Financial; Berechnungen Degussa. (1) Geschätzt auf Basis des Kreditangebots und des Kurzfristzinses.
Derzeit liegt der aktuelle Aktienmarktindex leicht oberhalb des Schätzwertes; das zeigt Abb. 5 b noch etwas deutlicher. Allerdings befindet sich der Schätzwert für den Aktienmarkt nach wie vor innerhalb des "Fehlerbandes" (das sich auf etwa 250 S&P 500-Indexpunkte nach oben und unten beziffern lässt), so dass man noch nicht von einer eindeutigen Überbewertung des Aktienmarktes sprechen kann.
Wenn die Kreditexpansion in den USA weitergeht und die US-Zinsen niedrig bleiben oder gar wieder fallen (was immer wahrscheinlicher wird), drängt sich zumindest von monetärer Seite kein dramatischer Korrekturbedarf am US-Aktienmarkt auf. Dennoch sollte der Aktienanleger umsichtig vorgehen.
Wie sollte er vorgehen? Für die meisten Anleger ist ein kostengünstiges Welt-Aktienmarkt-Zertifikat geeignet, in das sie mit einem langfristigen Horizont (fünf und mehr Jahre) investieren. So wird der Anleger teilhaben am weltweiten Produktionszuwachs. Mit Aktien hat der langfristig orientierte Anleger zudem eine gute Chance (wenngleich auch keine Garantie), dass die schleichende Entwertung des Geldes - denn "Geldwertschwund schluckt Zins" - sein Kapital nicht dauerhaft schädigt. Das Portfolio auf Aktien auszurichten, ist das eine. Das andere ist, einen Teil der liquiden Portfoliomittel in Form von Goldgeld zu halten. Warum, das wird im nun folgenden Aufsatz erläutert.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH