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2020: Welt weiter im Umbruch

17.12.2019  |  Folker Hellmeyer
  • Temporäre geopolitische Entspannung?
  • Chanchen 2020 ausgeprägter
  • Divergente Qualitäten im BIPs halten an


Prolog: Ein Credo für den Multilateralismus!

Derzeit erlebt der Multilateralismus auf vielen Ebenen Anfeindungen. In den westlich geprägten Ländern wird das deutlich an nationalistischen Strömungen, ob in den USA, dem UK oder in Kontinentaleuropa.

Es wird aber vor allen Dingen deutlich an der Aggressionspolitik der USA gegen das globale Organigramm des Multilateralismus, mit dem Ziel die eigene Macht auf bilateraler Basis zu konservieren, da die weltwirtschaftliche Bedeutung der USA sinkt (von 25% des Welt-BIP 1980 auf circa 15% des Welt-BIP aktuell, Basis Kaufkraftparität).

Dabei ist der Multilateralismus der Schlüssel für die globale Armutsbekämpfung und damit Katalysator erhöhter globaler Stabilität in einem finanzökonomischen Kontext. Aber diese finanzökonomische globale Stabilisierung durch den Multilateralismus führt zu einer politischen Instabilität, da die noch beherrschende Hegemonialmacht der Vereinigten Staaten aus Egozentrik nicht bereit ist, das politische Spektrum multilateral an die jetzige finanzökonomische Machtachse anzupassen.

Mit der Bekämpfung der weltweiten Armut wird übrigens auch ungewünschter Migration vorgebeugt, die in vielen westlichen Ländern zu innenpolitischer Destabilisierung geführt hat. Das Projekt and Road Chinas (BRI), das den Aufbau der Infrastruktur in aufstrebenden Ländern forciert, ist ein Schlüsselelement für globales Wachstum, für Armutsbekämpfung und für größere ökonomische Stabilität auf der weltweiten Bühne, denn ohne eine tragende Infrastruktur lässt sich kein Wirtschaftsraum entwickeln. Mit anderen Worten liefert das Projekt die Grundlage für eine fortgesetzte Verdrängung globaler Armut.

Je stärker sich die globale Wirtschaft verzahnte, desto größer wurde der Erfolg der Armutsbekämpfung.

Der Blick auf die globale Distribution der Einkommen in der nachfolgenden Grafik verdeutlicht diesen Zusammenhang umfänglich.

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© OUR WORLD IN DATA


Seit dem Treffen in Bretton Woods im Jahre 1944 hat es nie zuvor derartige Anfechtungen gegen die multilaterale Ordnung gegeben wie im ablaufenden Jahr 2019.

Die Form und die Art der Angriffe auf das globale Organigramm sind in Teilen dramatisch, allen voran die Aggression gegen die Welthandelsorganisation WTO. Die WTO stellt das Grundgerüst des globalen Handels mit den kurzfristigsten Lieferketten in der Menschheitsgeschichte dar. Es ist das Skelett, um das sich alles aufbaut. Die Unterminierung der WTO durch die USA, indem die USA die Neubesetzung der Richterstellen an den Schiedsgerichten verhindern, ist ein Anschlag auf alle anderen WTO-Mitglieder und deren volkswirtschaftliche Protagonisten.

Das an den markanten US-Angriffen auf das globale Organigramm ist darin zu sehen, dass sie eben maßgeblich von den USA ausgehen, dem in der Freien Welt größten Machtprofiteur dieser Strukturen (IWF, Weltbank, Gatt, WTO etc.) in der Zeit von 1944 bis in die späten 1990er Jahre. Die USA geben mit ihrer Aggression implizit ihren effektiven Machtverlust zu. Das Regelwerk, das die Macht der Vergangenheit begründete, ist jetzt zunehmend Ausdruck von zunehmendem US-Machtverlust. Die USA forcierten bis in die jüngere Zeit freie Märkte und freien Marktzugang, um sich davon zunächst in zarten Ansätzen, dann aber sportlich zu distanzieren.

Heute fordern die USA implizit oder explizit Quoten im internationalen Austausch. Anders ausgedrückt treten die USA an den Stellen für Freihandel ein, in denen die USA stark sind (IT, Digitalsteuer) und bestehen auf Handelseinschränkungen in den Sektoren, in denen sie nicht konkurrenzfähig sind (Automobile, 5G). So sieht Beliebigkeit aus! War das Mantra der am Ende nur eine US-Beliebigkeit, solange man von der Öffnung dritter Länder profitierte? Kann Beliebigkeit seitens der USA eine belastbare Grundlage für den Erhalt des US-Machtstatus sein oder zwingt es dritte Länder sich von einem derartigen Hort der Unzuverlässigkeit abzuwenden?

Als noch dominante Hegemonialmacht der Welt, fraglos bei abnehmender Tendenz, stellen die USA mit dem USD die Weltleitwährung, die sie zunehmend als ein Machtinstrument missbrauchen. Losgelöst von internationalem Recht wird dritten Parteien Zugang verwehrt oder angedroht, bei widrigem Verhalten ausgeschlossen zu werden. Wenn die USA das Organigramm untergraben, das schlussendlich auch für den US-Leitwährungsstaus mitverantwortlich ist, kann dann der Leitwährungsstatus mit all seinen Vorteilen für die USA in Zukunft Bestand haben? Basiert der Leitwährungsstatus nicht auch darauf, dass die USA sich an die Regeln des internationalen Organigramms und an Verträge halten?

Aus diesen rhetorischen Fragen wird deutlich, dass der Multilateralismus perspektivisch ein neues Leitwährungsregime benötigt. Die immer breiter werdende Phalanx an Notenbanken, die Gold erwirbt oder aber aus dem UK und den USA nach Hause holt und die Reihe der Staaten, die im Handel Regionalwährungen nutzen, dürfen als belastbare Indizien gewertet werden, dass diese Themen ernsthaften Widerhall finden.


Fazit in Bullet Points:
  • Multilateralismus verringert die Armut in der Welt und wirkt finanzökonomisch stabilisierend.

  • Projekte wie Chinas BRI/Seidenstraße fördern Multilateralismus und wirken Migrationsbestrebungen entgegen.

  • Die Politik der USA gegen Multilateralismus und auch die Politik des Regime-Change sind Ausdruck des Versuchs der Teilung der Welt solitär zu Gunsten der Erhaltung des Machtstatus der USA.

  • Europas Interesse am Multilateralismus ist ausgeprägt und muss ausgeprägt bleiben, da die exportseitige Stärke durch Bilateralismus und Teilung geschwächt würde.

  • Der Angriff der USA (15% Anteil am Welt-BIP) sollte von dem Rest der Welt (85% des Welt-BIP, mehr als 95% der Weltbevölkerung) konterkariert werden.

  • Es gilt, an Alternativen zur Leitwährung des USD zu arbeiten (Korbwährung aus frei konvertierbaren Währungen gemäß Anteil am Welt-BIP plus Gold).


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