Es gibt gute Gründe, auf physisches Gold und nicht auf Gold-ETFs zu setzen
14.02.2020 | Prof. Dr. Thorsten Polleit

"Vertrauen wird dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird." - Bertolt Brecht
"Gold und Silber in 2020: Bullenmärkte, keine Blasenmärkte", so lautete die Überschrift des Degussa Marktreports vom 23. Januar 2020. (1) Darin haben wir unsere Einschätzung zur Entwicklung der Edelmetallpreise für das laufende Jahr vorgestellt und erläutert. Vor allem für die Preise von Gold und Silber sehen wir deutliches Aufwärtspotenzial. Um das zu unterstreichen, soll in diesem Aufsatz das Augenmerk auf eine besonders interessante Komponente der weltweiten Goldnachfrage gelenkt werden: den sogenannten Exchange Traded Funds (ETFs), die im Goldmarkt in den letzten Jahren eine sehr bedeutsame Rolle eingenommen haben.
Struktur der Goldnachfrage

Quelle: World Gold Council; Berechnungen und Graphiken Degussa.
Abb. 1 (a) zeigt die Entwicklung der weltweiten Goldnachfrage in Tonnen, zusammen mit dem Goldpreis (USD/oz), für die Zeit 2010 bis 2019.
Wie zu erkennen ist, hat die Goldnachfrage in der letzten Dekade merklich geschwankt und im Trendverlauf nachgegeben. Abb. 1 (b) verdeutlicht die Zusammensetzung der Goldnachfrage. Gold-Schmuck repräsentierte mit Abstand die bedeutendste Goldnachfrage (mit durchschnittlich 51,3 Prozent an der gesamten Weltgoldnachfrage im Betrachtungszeitraum), gefolgt von der Goldbarren- und -münzennachfrage (26,9 Prozent), der Goldnachfrage der Zentralbanken (11,3 Prozent), der Goldnachfrage seitens der Industrie (8,2 Prozent) und der Goldnachfrage der Exchange Traded Funds (ETFs) (2,4 Prozent).
Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass im Betrachtungszeitraum die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen im Trendverlauf rückläufig war. Gleiches galt auch für die Goldnachfrage seitens der Industrie. Dieser Entwicklung standen entgegen (i) eine im Trend zunehmende Goldnachfrage der Zentralbanken und (ii) eine im Trend wachsende Goldnachfrage der ETFs (und ähnlicher Anlageprodukte). Abb. 2 illustriert, wie sich im Betrachtungszeitraum die jeweiligen Goldnachfragekomponenten in Prozent der Gesamtnachfrage entwickelt haben.

Quelle: World Gold Council, 2020; Berechnungen Degussa.
Was Siw über ETFS wissen sollten
Um es gleich vorab zu sagen: Das Halten von physischem Gold und das Halten von Gold-ETFs oder Gold-ETC sind beileibe nicht dasselbe! Doch der Reihe nach. Die Abkürzung "ETF" steht für "Exchange Traded Funds". Sie repräsentieren börsengehandelte Fondsanteile, mit denen der Anleger in Aktien-, Anleihe- und Rohstoffmärkte - meist abgebildet durch Indizes - investieren kann. Doch ETF ist nicht gleich ETF.
Es gibt beispielsweise "physisch replizierende" und synthetisch replizierende" ETFs. Erstere halten die Wertpapiere des Index, den sie nachbilden (entweder vollständig oder partiell), zweitere halten die Titel, die im nachzubildenden Index enthalten sind, nicht. Bei Letzteren handelt es sich vielmehr um Finanzderivate (in der Regel in Form einer Tauschvereinbarung ("Swap")).