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Vorsicht Bär! Bald ist er wieder da

13.05.2020  |  Egon von Greyerz
Während die Weltwirtschaft kurz vor der Implosion steht, erkennen nur sehr wenige Investoren, was auf sie zukommt. Aktienschnäppchenjäger, die bei Rücksetzern kaufen, verstehen Folgendes nicht: Dieses Mal wird es wirklich anders kommen, weil die Welt mit der größten Vermögensvernichtung der Geschichte konfrontiert ist. Aktien, Anleihen und Immobilien werden in den nächsten Jahren wahrscheinlich um mindestens 95% effektiv sinken. Im Umfeld staatlicher wie privater Kreditausfälle werden viele Anleihen auf null sinken und die Anleihezinsen ins Unendliche steigen.

Wie reden hier nicht nur über die USA und Europa, sondern über die ganze Welt - einschließlich China, Japan und die Schwellenmärkte. Also reden wir auf jeden Fall auch über einen sehr unangenehmen und ungeordneten Neustart, der viel Leid mit sich bringen wird. Allerdings lässt sich ein durch Zentralbanken verursachtes, gigantisches Schuldenproblem auch nicht anders lösen. Die aktuellen Maßnahmen dieser Zentralbanken sind natürlich eine Farce. Ein solch umfassendes Schuldenproblem, wie es jetzt auf die Welt zukommt, kann nie und nimmer durch die Ausgabe von mehr Schulden gelöst werden! Das ist aber der trügerische Lösungsansatz, den die Zentralbanken weltweit aktuell wieder verfolgen.


Irrationale Euphorie behält die Oberhand

Vor dem Hintergrund einer US-Arbeitslosenzahl von 30 Millionen sowie eines erwarteten Rückgangs des US-BIP um 40% im 2. Quartal hat sich der Dow Jones Index in den letzten 5 Wochen um 6.000 Punkte erholt. Und die FAANG-Aktien (Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google) haben ihre Allzeithochs überboten. Scheint ganz so, als seien die glücklichen Tage zurück - zumindest für die permanent optimistischen Aktienmarktinvestoren, die glauben, dass das durch Zentralbanken weltweit geschöpfte Geld für eine weitere 10-jährige Aktienmarkthausse sorgen wird.

Investoren beschäftigen sich schon mit der Zeit nach dem Corona-Virus. Wenige erkennen, dass CV nicht die eigentliche Ursache für den Zusammenbruch der Weltwirtschaft war, sondern nur sein Auslöser. Investoren, die augenscheinlich an ein baldiges Ende dieser schrecklichen Pandemie glauben, verstehen leider nicht, dass die Welt wahrscheinlich noch viele Jahre damit zu kämpfen haben wird.

Und die Hoffnung, dass ein effektiver Impfstoff gegen ein Virus mit so zahlreichen Mutationen gefunden wird, kann als überoptimistisch gelten. Die Geschichte bestätigt das. Normalerweise dauert es Jahre, bis ein Impfstoff entwickelt ist. Und auch dann hat sich gezeigt, dass z.B. die Grippeimpfstoffe der letzten Jahre eine Erfolgsquote von zum Teil nur 30% hatten.


Meine Erleuchtung von 1999

Der aktuelle Marktoptimismus erinnert mich an meine 85 Jahre alte Tante aus Florida. Laut ihrer Schwester hatte meine Tante so viel Erfolg beim Kauf von Technologieaktien, dass sie im Jahr 1999 auch ihrer Putzfrau beibrachte, wie man mit Aktien Geld verdient. Vor dem Tech-Boom hatte meine Tante nie in Aktien investiert, doch jetzt war sie Expertin - wie jeder damals. Für mich war es damals eine wahre Erleuchtung zu beobachten, wie Blinde andere Blinde an den Aktienmarkt führten. Es konnte keinen deutlicheren Hinweis auf das Ende der Aktienmarktblase geben, als wenn einem quasi der Schuhputzer Aktientipps steckt.

Einer meiner Freunde hatte in dieser Zeit ein erfolgreiches Technologieunternehmen aufgebaut, in dem auch ich involviert war. Das war die Zeit, als solche Unternehmen zwar keine Gewinne machten, aber schon mit dem 10-fachen der Verkaufszahlen bewertet wurden. Mich beschlich das Gefühl, dass diese Blase am Neuen Markt in Tränen enden würde.

Also sagte ich meinem Freund, dass wir das Unternehmen verkaufen müssten - entweder für Cash oder für Aktien, die sich unmittelbar darauf verkaufen ließen. In der Tat verkauften wir das Unternehmen dann an ein Nasdaq-Unternehmen mit Sitz in Hongkong und veräußerten sofort unsere Aktienanteile. Zwei Jahre später hatte der Nasdaq 80% seines Wertes verloren und das Unternehmen, das wir verkauft hatten, war Pleite.


Galoppierende globale Verschuldung

Kein Boom oder keine Bubble gleicht der anderen. Doch eines ist klar: Von 1999 bis 2006 (dem Beginn der Großen Finanzkrise) stieg die globale Verschuldung von 80 Billionen $ auf 125 Bill. $ - und heute sind es schon mehr als 270 Bill. $.

Die jetzt stattfindende Beschleunigung der Geldschöpfung wird die globale Verschuldungssumme in den kommenden Jahren wahrscheinlich auf 300 Bill. $ treiben. Doch das wäre die optimistische Ausgangssituation. Rechnen wir auch Bankeninsolvenzen und Unternehmensbankrotte mit ein, könnte die globale Verschuldung sogar auf mehr als ½ Billiarde $ steigen. Und sobald die Derivateblase platzt, könnte die Welt es mit einer Gesamtverschuldung von mehreren Billiarden $ zu tun haben.


Scheinerholung am Aktienmarkt

Was wir derzeit an den Aktienmärkten erleben, ist meiner Ansicht nach eine sogenannte "Suckers‘ Rally", die für Schnäppchenjäger wie Daueroptimisten in Tränen enden wird. Aber genau so enden Bullenmärkte in der Regel auch. Ein erster Absturz mit Panik und dann eine starke Erholung, die alle wieder in den Markt zieht. Und das konnten wir in den letzten 5 Wochen beobachten. Möglicherweise endete diese korrektive Erholung schon am 29. April, sie könnte aber auch noch einige Tage länger andauern. Doch aktuell dominiert das Verlustrisiko, und der nächste Kursverfall könnte verheerend ausfallen und einen massiven Schock auf Seiten der Investoren auslösen.


1929 im Vergleich zu heute

Das Gleiche konnte man 1929 beobachten - der Dow brach von 381 auf 190 Punkte ein, erholte sich dann um 50% auf 300, bevor er 1932 auf 40 einbrach.

Im langfristigen Dow-Chart unten erkennt man, dass es im Quartals-MACD kürzlich eine Wende gegeben hat. Sie ist von sehr großer Bedeutung. In diesem Jahrhundert hatte es zuvor nur zwei solcher Wenden gegeben. Die erste zum Ende der Technologieaktien-Bubble im Jahr 2000, die einen 40%igen Verfall im Dow nach sich zog. Die zweite fand während der Subprime-Krise 2007 statt - mit Verlusten von 55%. Die heutige Wende im MACD hat sich von einem deutlich höheren Niveau vollzogen und die Verluste werden wahrscheinlich auch deutlich größer werden.

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