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US-Arbeitsmarktbericht "super"? - Johnson "kämpft" um harten Brexit

08.06.2020  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1290 (06:29 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1277 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 109,44. In der Folge notiert EUR-JPY bei 123,55. EUR-CHF oszilliert bei 1,0870.

Der US-Arbeitsmarktbericht setzte massive positive und vor allen Dingen unerwartete Akzente. Nein, es gingen nicht acht Millionen Jobs im Mai verloren, wie von Marktbeobachtern erwartet. Es wurden angeblich 2.509.000 neue Jobs geschaffen. Diese Daten stehen im diametralen Widerspruch zu der Entwicklung der Erstanträge für Arbeitslosenhilfe.

Das US-Bureau of Labor Statistics hat bereits eingestanden, dass es einen Irrtum gab, der dazu führte, dass die Arbeitslosenquote um circa 3% zu niedrig ausgewiesen wurde. Ergo reden wir nicht von einer Quote U-1 bei 13,3%, sondern bei 16,3%. Mehr noch hat das US-Bureau of Labor Statistics unterstellt, dass per Mai 2020 345.000 neue Unternehmen gegründet wurden. Das sind rein statistische Unterstellungen, die nicht verifiziert sind.

Bei den aktuellen Daten des Bureau of Labour Statistics ist Vorsicht geboten. Die Daten werden nicht wie in Deutschland in unbestechlicher Form über Arbeitsämter ermittelt, sondern über Umfragen, die dann extrapoliert werden.

Aus Europa erreicht uns eine erfrischende Einwertung. Die europäische Wirtschaft hat laut EU-Kommissar Gentiloni den Tiefpunkt in der Corona-Krise voraussichtlich durchschritten. Die Rezession gehe auf die Beschränkungen des öffentlichen Lebens zurück. O-Ton: "Jetzt wird die Wirtschaft langsam wieder hochgefahren und makroökonomisch betrachtet dürfte es nicht mehr schlimmer werden.“ Das passt zu unseren Einschätzungen, die sie aus diesem Report kennen."


Johnson kämpft um "harten Brexit":

Nach der letzten Verhandlungsrunde zwischen EU und der britischen Regierung ergibt sich wenig Zuversicht für ein Handelsabkommen mit den Briten. Ablesbar ist das an den Einlassungen des grundsätzlich sehr diplomatischen EU-Chefunterhändlers Michel Barnier, den wir sehr schätzen.

Michel Barnier sagte unmissverständlich, dass er die Verantwortung habe, die Wahrheit zu sagen. Diese Wahrheit sei, dass es keine Fortschritte in den Verhandlungen zu den zukünftigen Beziehungen mit Großbritannien gebe. Damit ist die vierte Gesprächsrunde faktisch ergebnislos beendet.

Michel Barnier warf den Briten eine Blockadepolitik vor. Er ging sogar völlig zurecht weiter, indem er Boris Johnson angriff. Johnson hätte persönlich die politische Erklärung mit der EU als Basis für das Handelsabkommen mit der EU ausgehandelt. Die darin von den Briten gemachten Zusagen würden jetzt nicht mehr eingehalten. Anders ausgedrückt macht sich Premier Johnson mangels Verlässlichkeit auf internationaler Bühne zu einem politischen Leichtgewicht oder er ist einfach nur ein politischer Hasardeur. Die Regierung Johnson agiert zunehmend analog zu der Regierung Trumps. Zusagen und Unterschriften haben im Zweifelsfall eine kurze Verfallzeit.

Die Beantwortung der Frage, ob ein derartiger Verhandlungsstil geeignet ist, Vertrauen aufzubauen oder zu zerstören, liegt auf der Hand. Man fühlt sich in Ansätzen an Elisabeth I. erinnert, die den Spaniern zusagte, die Piraterie (Terrorismus der damaligen Zeit) zu unterbinden, um sie aber massiv zu fördern. Diese britische Unzuverlässigkeit hatte seinerzeit einen hohen Preis für Spanien zur Folge. "Food for thought!"

Die Regierung Johnson macht durch ihr Verhalten damit klar, dass sie keinen Respekt vor den demokratisch legitimierten Regierungen der restlichen 27 Länder Kontinentaleuropas nebst Irland hat.

Die EU ex UK ist gut beraten, sich den Themen zuzuwenden, die für unsere weitere Entwicklung von hoher Bedeutung sind und Großbritannien als das einzustufen, was Großbritannien ist. Es ist die Union Englands mit Wales, mit Schottland und mit Nordirland. Großbritannien ist geographisch in Europa verortet, ohne aber je in der EU angekommen zu sein.

Fokussieren wir uns auf die EU ex UK und die Eurozone und bringen hier Fortschritte auf den Weg. Das ist besser, als Kraft und Aufwand in ein Thema zu stecken, das durch die EU nicht lösbar ist, ohne sich dem UK faktisch zu unterwerfen und sich zum Selbstbedienungsladen des UK zu machen. Bei Letzterem drohte uns tendenziell das Schicksal Spaniens zu den Zeiten Elisabeths I.

Das kann keine ernst zu nehmende Option für ein selbstbewusstes und ein zukünftig erfolgreiches Kontinentaleuropa und Irland sein.


Aktuelle Corona-Lage gemäß der Johns-Hopkins-Universität:

Wir weisen darauf hin, dass die Darstellung der Johns-Hopkins-Universität lediglich eine Annäherung an die reale Lage liefert. Die Datenqualität erodiert leider täglich. Grundaussagen lassen sich dennoch grob ableiten.

Das Thema der Exit-Strategien aus den Extremmaßnahmen bestimmt das Bild. Das gilt vor allen für die Länder, in denen sich Entspannungen ergeben. Es gilt aber auch für Länder, die noch von Verspannung geprägt sind. Zwischen den Zeilen wird daran deutlich, dass das Risikopotential von Covid-19 seitens der Politik als weniger dramatisch eingestuft wird.

In Asien setzt sich die Entspannung (und die wirtschaftliche Erholung) fort. In China liegen 119 akute Infektionen vor. In Südkorea stellt sich die Zahl auf 978. In Japan liegt sie bei 1.132. In Singapur sind es 12.999.

In Kontinentaleuropa ist die Lage stabil. Einige Länder liefern keine aktuellen Genesungszahlen laut Johns-Hopkins, so dass wir uns hier nur auf die Länder fokussieren, die ihren Aufgaben nachkommen. In Deutschland liegt die Zahl der akuten Infektionen bei 7.841. Österreich liegt bei 437 Fällen. Die Schweiz bringt es auf 344. In Italien sind es noch 35.262. Irritierend sind die Genesungszahlen aus den Niederlanden (181!), Belgien, Spanien, Frankreich und Schweden (0!).

Die Problemländer sind weiter die USA (1.325.482), das UK (245.757), Brasilien (liefern nur noch partiell Daten) und Russland (234.950).


Datenpotpourri der letzten 72 Handelsstunden:

USA: Toller Arbeitsmarktbericht, aber …

Die Arbeitslosenquote U-1 stellte sich per Mai auf 13,3% (Prognose 19,8%) nach zuvor 14,7%. Die Arbeitslosenquote U-6 (ansatzweise vergleichbar mit Quote der Eurozone) lag per Mai bei 21,2% nach zuvor 22,8%. „Nonfarm Payrolls“ stiegen per Berichtsmonat Mai unerwartet um 2.509.000 (Prognose -8.000.000) nach zuvor -20.687.000 (revidiert von -20.537.000). Die Partizipationsrate stellte sich auf 60,8% nach zuvor 60,2%.

Durchschnittliche Löhne sanken im Monatsvergleich um 1,0% (Prognose +1,0%) nach zuvor +4,7%. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 6,7% (Prognose 8,5%) nach zuvor 8,0%. Wir nehmen diese Daten zur Kenntnis. Das BLS hat bereits Erfassungsfehler zugegeben. Zusätzlich ergeben sich Qualitätsmängel hinsichtlich der Einwertung der Transfereinkommen.

US-Verbraucherkredite sanken per April drastisch um 68,78 Mrd. USD (Prognose -20,0 Mrd. USD) als Folge der Transfereinkommen (Vormonat revidiert von -12,04 auf -11,53 Mrd. USD).


Russland: Verbraucherpreise wie erwartet

Die Verbraucherpreise stiegen per Mai im Monatsvergleich um 0,3% (Prognose 0,3%) nach zuvor 0,8%. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 3,0% (Prognose 3,0%) nach zuvor 3,1%.


China: Exporte setzen positiven Akzent

Die Exporte sanken per Mai im Jahresvergleich um 3,3% (Prognose -7,0%) nach zuvor +3,5%. Importe fielen um 16,7% (Prognose -9,7%) nach zuvor -14,2%. In der Folge stellte sich der Handelsbilanzüberschuss auf 62,93 Mrd. USD (Prognose 39,0 Mrd. USD) nach zuvor 45,33 Mrd. USD.


Japan: Daten ermutigend

Laut Revision sank das BIP im 1. Quartal 2020 im Quartalsvergleich um 0,6% nach zuvor -0,9% (Erstschätzung). Der Index „Economy Watcher‘s Poll“ stellte sich per Berichtsmonat Mai auf 15,5 nach zuvor 7,9 Punkten.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0620 - 50 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Bleiben Sie gesund, viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH



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