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Space Oddity & Helikoptergeld

04.09.2020  |  Egon von Greyerz
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Doch selbst wenn es so wäre, so sind die USA, angesichts einer Arbeitslosenquote von 30%, wohl kaum in der Lage, die stupenden Bewertungen dieser Unternehmen zu stützen. Netflix wird vom Markt mit 217 Mrd. $ bewertet, bei einem KGV von 83. Das Unternehmen hat ein unendliches Vielfaches an freiem Cashflow, da dieser über die letzten fünf Jahre bei bis zu 11 Mrd. $ im Minus lag. Amazon wird mit 1,6 Billionen $ bewertet, bei einem KGV von 126! Und auch viele andere Unternehmen weisen KGV auf, die ein Garant für einen bald kommenden Crash sind.

Die US-Regierung wird wohl die Arbeitslosenhilfe auf unbegrenzte Dauer gewähren müssen, damit diese Unternehmen ihre derzeitigen Aktienkurse rechtfertigen können. Doch selbst das wird nicht mehr ausreichen.


Inflationieren oder Sterben

Der legendäre Richard Russell prägte den Spruch "Inflationieren oder Sterben" (Inflate or Die). Leider sind wir längst über diesen Punkt hinaus, und die Weltwirtschaft wird wahrscheinlich eher mit beidem zu kämpfen haben - INFLATION UND STERBEN. Doch hier geht es nicht nur um Inflationierung oder Geldschöpfung als Mittel zur Subventionierung von Arbeitslosen oder strauchelnden Unternehmen. Bei der nächsten großen QE-Phase wird es um die Stützung des Finanzsystems auf viel größerer Ebene gehen.

In den kommenden Jahren werden weder Unternehmen noch Privatpersonen in der Lage sein, Kredite zu bedienen oder zu tilgen. Gleiches gilt für Staaten, Bundesstaaten, Gemeinden etc. Stattdessen werden alle, um zu überleben, mehr Schulden brauchen.

Bei Banken wird es zu astronomischen Kreditverlusten kommen. Selbst im aktuell niedrigen Zinsumfeld steigen die schlechten Schulden rapide an. Und die meisten Banken haben dieses Problem mit Sicherheit noch nicht adäquat erkannt. Die 15 größten US-Banken haben bislang 76 Mrd. $ zur Deckung schlechter Schulden zur Seite gelegt; bei den 32 größten europäischen Banken sind es 56 Mrd. $.

Das sind die höchsten Kreditausfallrückstellungen seit der Krise von 2006-09, in welcher Lehman und Bear Stearns untergingen. Schätzungen von Accenture Consulting zufolge könnten die Verluste aus schlechten Schulden bis Ende 2022 auf 880 Mrd. $ steigen. Das wäre das 2,5-fache der Kreditausfallrückstellungen von 2009.

Ich bezweifle allerdings, dass die Banken das Ausmaß der aktuellen wirtschaftlichen Probleme erkannt haben. Die Zentralbanken erkennen die Risiken auf jeden Fall. Ansonsten hätten sie auch im August 2019 nicht panisch reagiert.


Deutsche Bank: Auslöser des systemischen Kollaps?

Nehmen wir nur die Deutsche Bank (DB), welche die schlimmste von allen ist. Ihre Bilanzsumme liegt bei insgesamt 1,3 Billionen $ und ihr Eigenkapital bei 62 Mrd. $. Im Verhältnis zur Bilanzgesamtsumme verfügt die Bank also über 4,7% Eigenkapital. Bei Kreditverlusten in Höhe von 5% wäre das Eigenkapital demnach ausgelöscht. Mich würde es überraschen, wenn die kommenden Kreditverluste unter 25% bleiben würden, die Zahl könnte auch viel höher liegen. Rechnet man noch das Brutto-Exposure der Bank im Bereich Derivate, von derzeit 50 Bill. $, hinzu, dann würde hier ein Verlust von 0,1% ausreichen, um die Deutsche Bank in den Bankrott zu treiben.

Natürlich werden einige argumentierten, dass diesem Brutto-Exposure ein viel geringeres Netto-Exposure gegenübersteht. Das Problem ist nur: In einer Krise - wenn Gegenparteien ausfallen - bleibt das Brutto-Exposure brutto.

Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass die DB die nächste Krise überleben wird. Als eine der größten Banken der Welt wird die Deutsche Bank Positionen mit alle großen Banken weltweit haben. Daher würde ein Zusammenbruch der DB höchstwahrscheinlich zu einem systemischen Kollaps führen, bei dem das gesamte System implodiert.


FED und EZB stehen mit Helikoptergeld bereit

Fed und EZB sind sich der Risiken jedenfalls voll und ganz bewusst und stehen daher auf Wachposten. Sie werden anfänglich alles in ihrer Macht Stehende tun - und das wäre Helikoptergeld, Abhebungsstopps, Bail-Ins, Bail-outs, Negativzinsen etc.

Wahrscheinlich wird es auch eine neue Reservewährung in Form des Krypo-Dollars geben in Verbindung mit Schuldenschnitten etc. und möglicherweise sogar einen Währungsneustart, der sich teilweise am Goldpreis orientiert. Obwohl es für begrenzte Zeit funktionieren könnte, wird es letztlich scheitern. Die Chinesen und Russen würden nicht zustimmen und die finanzielle Solidität der USA in Frage stellen - wie auch die Höhe der offizielle Goldbestände der USA, die wahrscheinlich deutlich unter den angegebenen 8.000 t liegt. Der zweite Neustart wird ein ungeordneter sein, und diesen wird das Bankensystem in seiner heutigen Form nicht überleben.

An diesem Punkt wird die Welt erkennen, dass die Zentralbanken die Kontrolle über das System komplett verloren haben, weil das Geld, das sie drucken, als WERTLOSES Geld wahrgenommen werden wird.

"Und sie können nichts dagegen tun", wie Bowie meinte.


Politische Wirren und Anarchie

Wenn wir diesen Punkt erreichen, werden sich die staatlichen Systeme im Zustand der Unordnung befinden und meistens machtlos sein. Das Volk wird immer die oppositionellen Parteien unterstützen, die das Blaue vom Himmel versprechen und doch nur sehr wenig halten, wenn sie an der Macht sind. Folglich wird es viele Regierungswechsel geben und auch Zeiten der Anarchie.

Das ist leider ein sehr düsteres Szenario, doch die Würfel sind schon gefallen, und ich sehe keine Möglichkeit wie „eine finale und totale Katastrophe für das betreffende Währungssystem“ (von Mises) noch abzuwenden wäre.

Ich hoffe jedenfalls, dass dieses Szenario nicht eintreten wird, doch die Chancen, dass es sich vermeiden lässt, sind gering. Es ist eigentlich nur noch eine Frage des Ausmaßes und der Heftigkeit des Kollaps.

Für normale Menschen ist es nicht leicht, sich vor dem Armageddon zu schützen. Finanzieller Schutz in Form von physischem Gold und etwas Silber ist absolut essentiell. Allerdings ist dies nur ein kleiner Teil dessen, auf was man sich vorbereiten muss.

Die wichtigste Stütze ist ein enger Kreis aus Familie und Freunden - wie auch die Wertschätzung nicht materieller und praktisch kostenloser Werte wie Natur, Bücher und Musik.

Die Folgen für Märkte und Geld werden natürlich dramatisch sein, doch mehr dazu in einem anderen Artikel.


© Egon von Greyerz
Matterhorn Asset Management AG



Dieser Artikel wurde am 28. September 2020 auf www.goldswitzerland.com veröffentlicht.


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