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Risikofreude steigt - Bundesbank/Dynamikverluste - US-Hilfspaket

06.10.2020  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1791 (06:22 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1733 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 105,65. In der Folge notiert EUR-JPY bei 124,58. EUR-CHF oszilliert bei 1,0786.

Die letzten 24 Handelsstunden waren geprägt von zunehmender Risikofreude. Aktienmärkte tendierten freundlich. Der Euro konnte ebenso leicht zulegen wie die edlen Metalle, denen seit Jahren (Finanzkrise 2008) ein Teil ihres antizyklischen Gens genommen wurden. Zinsen zogen an.

Der Finanzmarkt verfolgte die Gesundheitssituation Trumps mit Argusaugen, so als ob der Konjunkturverlauf der Weltwirtschaft solitär an seinem Schicksal hinge. Ob diese Art der Diskontierung zukünftiger Cash-Flows Richtung weisend ist oder sein kann, darf diskutiert werden.

Es gab einen belastbaren Katalysator. Die Wahrscheinlichkeiten für ein US-Hilfspaket noch vor der Wahl haben zugenommen. Dabei fokussiert sich der Finanzmarkt solitär auf die zyklische Funktion der Mittelverwendung. Sie blendet das strukturelle Dilemma der nicht selbsttragenden Kräfte der US-Wirtschaft und den Verfall des öffentlichen US-Haushalts vollständig aus (siehe weiter unten).

Ebenso wird die aufgeflammte Lockdown-Debatte von den Risikofreunden ignoriert. Es gibt ein aufkommendes Problem. Da die Symptome von Covid-19 und Grippe sich ähneln, wird mit dem Beginn der klassischen Grippesaison die Unsicherheit in der Bevölkerung und der Politik aller Voraussicht nach zunehmen. Was bedeutet für die Reaktionen der Politik und der Folgen für die Wirtschaft? Werden das tendenziell positive oder negative Implikationen für Risikofreude?

Das Thema der mit der US-Präsidentenwahl im Kontext stehenden systemischen Risiken für die USA und damit die Welt scheinen derzeit das Gemüt der Finanzmarktteilnehmer wenig zu bewegen. Bleibt das so?


Bundesbank - Dynamikverluste

Bundesbank-Präsident Weidmann konstatierte Dynamikverluste in der Erholung der deutschen Wirtschaft. Die Erholung der deutschen Wirtschaft würde sich wahrscheinlich in die Länge ziehen und für einige Zeit unvollständig bleiben, da das Wirtschaftsleben noch immer eingeschränkt sei.

Die Bundesbank teilt damit unsere Sichtweise hinsichtlich der Lage der deutschen Wirtschaft. In den Sektoren, die nach dem Lockdown von politischer Maßregelung befreit wurden, kam es zu V-förmigen Erholungen. Die Sektoren, die weiter politisch in ihren Möglichkeiten beschränkt wurden und werden, konnten und können nicht reüssieren. Mit der aufflammenden Debatte über verschärfte Lockdowns, wird jetzt die Psychologie der Wirtschaftstreibenden belastet, was vorsichtigeres Agieren der Wirtschaftsteilnehmer bedingt mit entsprechenden Dynamikverlusten auch in den Sektoren, die derzeit nicht von Lockdowns betroffen sind.

Weidmann sagte, die Wirtschaft hätte den Tiefpunkt hinter sich gelassen. Wir stimmen zu. Darüber hinaus stellte Weidmann fest, dass die ersten paar Meter des Hinauskletterns aus der Talsohle relativ einfach waren (wieso haben sich dann die Institute so massiv geirrt?). Jetzt sei der Weg nach oben zum vormaligen Niveau noch immer lang und mit Unsicherheiten behaftet. Entscheidend sei aus Sicht Weidmanns, wie sich die Pandemie weiterentwickele. Bund und Länder hatten jüngst wegen steigender Positiv-Tests die Auflagen in der Corona-Krise verschärft.

In der Tat hängt das Wohl der Wirtschaft (und in der Folge der Gesellschaft) an der Politik, denn es handelt sich um eine politisch verfügte Rezession. Diese Rezession hat nichts mit endogenen Ermüdungserscheinungen der Ökonomie zu tun.

Es gilt auch abzuwägen, ob diese politische Maßregelung der Wirtschaft am Ende hinsichtlich der Kosten und Schäden an Ökonomie und Gesellschaft verhältnismäßig zu dem erzielbaren Nutzen ist. Diese Debatte wird meines Erachtens nicht in erforderlichem Umfang geführt (Alternativmodell Dänemark/Schweden).


USA: Hilfspaket noch vor Wahl?

Das US-Präsidialamt sieht Chancen für eine Einigung auf weitere Corona-Hilfen, nachdem intensiv Gespräche mit den Demokraten geführt wurden. Stabschef Meadows stehe in Kontakt mit Finanzminister Mnuchin bezüglich der Verhandlungen mit Nancy Pelosi. Die Demokraten wollen ein Paket im Volumen von 2,2 Billionen USD, während die Trump-Regierung ein Volumen von 1,6 Billionen USD als Maximum definiert. Auch bei der wöchentlichen Arbeitslosenunterstützung gibt es Differenzen. Republikaner wollen ein Limit von 400 USD, Demokraten fordern 600 USD pro Woche.

Die auch in den USA erkennbare Abflachung der Konjunkturdynamik setzt die Politik unter Druck. Die Notwendigkeit für Subvention war vor der Krise gegeben (keine selbstragenden Kräfte der US-Wirtschaft, für 2,3% Wachstum 5,8% Defizit 2019). Heute noch viel mehr! Keine Wirtschaftsnation liefert so prekäre Daten. Im laufenden Kalenderjahr per 2. Oktober liegt die Gesamtverschuldung des US-Staats bei 27.044,7 Mrd. USD. Die Neuverschuldung in diesem Jahr reüssiert mit 3.843 Mrd. USD oder gut 19% des BIP! Passt das zu dem Status einer Leitwährung und zur aktuellen Bewertung?


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Daten besser als erwartet

Gemäß finaler Berechnung stellte sich der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor per September auf 48,0 (Prognose 47,6) nach 47,6 Punkten. In der Folge legte der Composite Index von 50,1 auf 50,4 Zähler zu (Prognose 50,1). Die Einzelhandelsumsätze verzeichneten per August einen unerwartet starken Anstieg im Monatsvergleich um 4,4% (Prognose 2,4%) nach zuvor -1,8% (revidiert von -1,3%). Im Jahresvergleich ergab sich im August eine Zunahme um 3,7% (Prognose 2,2%) nach zuvor -0,1% (revidiert von 0,4%).

Der Sentix-Index sank per Berichtsmonat Oktober von zuvor -8,0 auf -8,3 Punkte (Prognose -9,5). Per August legten die Auftragseingänge der deutschen Industrie im Monatsvergleich um 4,5% (Prognose 2,6%) nach zuvor 3,3% (revidiert von 2,8%) zu.


USA: PMI Trends Markit/ISM irritieren

Gemäß finaler Berechnung stellte sich der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor per September auf 54,6 nach 54,6 Punkten. Der Composite Index sank von 54,4 auf 54,3 Zähler.

Der ISM-Dienstleistungsindex stieg dagegen per September von zuvor 56,9 auf 57,8 Punkte (Prognose 56,3). Die Divergenz zu dem Markit PMI ist mindestens irritierend. Der Index "Employment Trends" nahm per September von zuvor 53,30 (revidiert von 52,55) auf 54,80 Punkte zu. Das Indexniveau liegt trotz der Anstiege der letzten Monate historisch betrachtet auf extrem niedrigen Niveaus (langfristige Durchschnittswerte deutlich über 100).

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in dem Währungspaar EUR-USD impliziert. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.1850 - 80 eröffnet neues Aufwärtspotential.

Bleiben Sie gesund, viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH



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