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Jeff Thomas: Wann es Zeit ist, das sinkende Schiff zu verlassen

08.11.2020
Mein Freund Ratimir stammte aus Serbien, wo er in den 1930er Jahren knapp einem totalitären Regime entkam, das an die Macht gelangte. Er siedelte sich dann in Paris an und florierte. Doch im Jahr 1939 akzeptierte er die Tatsache, dass die Nazis im Anmarsch waren und sie an irgendeinem Punkt sowohl seinen Reichtum als auch seine Freiheit konfiszieren würden.

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Auch wenn die Invasion erst im folgenden Jahr stattfinden würde, so beschloss er, nicht bis zur letzten Minute darauf zu warten. Er verließ sein Geschäft und packte nur die Dinge zusammen, die er tragen konnte. Er bestieg ein Schiff nach Westen und siedelte sich in Havanna, Kuba an, das zur damaligen Zeit sehr reich war. Mit dem Vermögen, das er mit sich genommen hatte, war er in der Lage, ein neues Geschäft aufzubauen und florierte erneut.

Dann, im Jahr 1959, passierte es erneut. Am 1. Januar flüchtete der kubanische Präsident aus dem Land und ließ Kuba in die Hände der Rebellen fallen. Die Castro-Brüder, Che Guevara, Camilo Cienfuegos, etc. waren die Bernies und AOCs ihrer Zeit. Die tatsächliche Gewalt während der Revolution war minimal. Die Mehrheit der Kubaner, und sogar ein Großteil der Armee, unterstützte die Rebellen. Sie marschierten mit minimalem Widerstand nach Havanna ein.

Die kollektivistischen Rebellen verteidigten die Benachteiligten - diejenigen, die in den 1950er Jahren nicht Teil des kubanischen Reichtums waren. Sie versprachen Gleichheit für alle. Doch die Minderheit - diejenigen, die florierten - waren nun besorgt. Wäre es ihnen erlaubt, ihren Reichtum, ihre Häuser, ihre Geschäfte unter dem neuen Regime zu behalten?

Nun, nein. Fast sofort verlagerte Fidel Castro die Benachteiligten zu den reichen Nachbarschaften, so wie es kürzlich der Bürgermeister in New York tat. Es gab Gewalttaten in den Straßen und eine neue Missachtung privaten Eigentums. Sobald man ihnen freien Lauf gab, waren die Brandschätzer und Räuber "bevollmächtigt" und die Zerrüttung setzte sich monatelang fort.

Natürlich sagen wir tendenziell, dass derartige Dinge nur in einer Bananenrepublik geschehen können. Der Grund, warum das nicht in einem zivilisierten Land passieren könnte, ist die Existenz der Polizei. Die Polizei, ebenso wie Bürgermeister und Gouverneure, würde es derartiger Gewalt und Zerstörung niemals erlauben, ungehindert stattzufinden. Und dennoch ist es genau das, was in den USA geschieht. Seit 1959 haben Amerikaner den Sturz Kubas im Jahr 1959 betrachtet und sich gefragt: "Warum hat die Oberschicht das Land nicht einfach verlassen? Haben sie die Anzeichen nicht gesehen?" Nun, natürlich haben hunderte Menschen das Land so schnell wie möglich verlassen. Doch der Großteil blieb.

Viele waren nicht gewillt, ihre Häuser und Geschäfte aufzugeben. Viele andere Menschen hofften, man könne mit der neuen Regierung darüber verhandeln, den eigenen Reichtum zu behalten, auch wenn die nationale Stimmung auf ein eher kollektivistisches Paradigma umgeschlagen hatte. Letztlich wurden sie alle verschlungen. Diejenigen, die sich gegen die Maßnahmen aussprachen, wurden mit Gefängnis bedroht.

Die anderen lernten, still zu sein und sich zu fügen. Und genau das ist es, was sich derzeit in den USA abspielt. Diejenigen, die ihre Häuser gegen Aufrührer verteidigen, finden heraus, dass keinerlei Anklage gegen die Aufrührer erhoben werden. Diejenigen, die sich selbst und ihr Eigentum schützen, sind stattdessen diejenigen, die angeklagt werden. Die politischen Obrigkeiten sind zunehmend auf Seiten des kollektivistischen Mobs.

Bei einem derartigen Transfer von "Rechten" ist es unwahrscheinlich, dass eine Veränderung der nationalen Meinung stattfinden kann. Sobald die Mehrheit realisiert, dass sie sich straffrei nehmen kann, was den "geizigen Reichen" gehört, wird sie genau das tun. Und wer sind die geizigen Reichen? Nun, wenn wir beobachten, wie sich die Ereignisse abspielen, dann entscheide ich, dass Sie reich sind, wenn Sie etwas haben, das ich nicht habe. Und natürlich verdiene ich es, Ihnen das zu nehmen.

Es sollte gesagt werden, dass die kubanische Situation etwas anders ist als der aktuelle Zustand in den USA. In Kuba stieg der Präsident ins Flugzeug und ging. In den USA bleibt der Präsident im Amt; er ist jedoch machtlos, die Ereignisse im Land zu kontrollieren, egal wie oft er seine Unzufriedenheit über Twitter zum Besten gibt.

Keine Wahl wird das Ausmaß ändern, in dem die USA untergegangen sind. Die Rechtsstaatlichkeit ist bereits zum Opfer geworden. Die USA hat eine Ära nach der Konstitution betreten. Nun ist der Abschwung nur noch eine Frage des Ausmaßes und der Geschwindigkeit. Ist es das also gewesen? Sollten die Leute der einst freisten Nation der Welt einfach akzeptieren, dass das Leben, wie sie es kannten, vorbei ist? Nun, wie in Kuba 1959 wird dies der Fall sein. Doch kehren wir zu meinem Freund Ratimir zurück.

Als er beobachtete, dass die Rechtsstaatlichkeit verschwunden war, verstand er, dass er ein Muster beobachtete, das er bereits einmal gesehen hatte. Auch wenn er gerne die Zeit gehabt hätte, sein Haus und sein Geschäft in Havanna zu verkaufen, so realisierte er, dass die Zeit zu kurz war. Er und seine Familie packten ihre Sachen, verließen das Haus und betrachteten es ein letztes Mal.

Sie schlossen die Tür nicht ab, als sie gingen, da sie wussten, sie würden niemals zurückkehren. Die Familie stieg in das wartende Taxi und fuhr zum Flughafen. Ihre Situation war nur in einer Hinsicht wirklich ungewöhnlich: Sie waren bereits zweimal geflohen, um der Tyrannei zu entkommen. Das war ihr Glück; denn beim dritten Mal zögerten sie somit nicht. Ratimir war einer derjenigen, die früh entkamen und war in der Lage, einen Teil seines Reichtums mit sich zu nehmen. Sobald er an seinem Ziel ankam, war seine Fähigkeit, sich um seine Familie zu kümmern, ungeschmälert, also florierte er erneut. Er war in der Lage, sein restliches Leben in Frieden zu leben und - wichtiger noch - frei von Tyrannei.

Es gibt ein altes Sprichwort: Einen Frosch kocht man am Besten, indem man ihn in einem Topf mit kaltem Wasser platziert und dann die Hitze hochdreht. Er bleibt im Topf, weil es keine plötzliche Temperaturerhöhung gibt, die ihn zum Herausspringen bringt. Für Ratimir war der Zeitpunkt zum Absprung, als die Rechtsstaatlichkeit, die seine Freiheit schützte, zu zerbrechen drohte - also als die politischen Obrigkeiten die Beendigung der Rechtsstaatlichkeit unterstützten - das war der Zeitpunkt zum Packen und Flüchten. Und dieser Ausstiegspunkt ist heute ebenfalls noch relevant.


© Jeff Thomas



Dieser Artikel wurde am 2. November 2020 auf www.internationalman.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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