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Doug Casey: Attentate & Schräger als Fiktion

19.11.2020
International Man: In der Geschichte gab es viele bekannte Attentate, wie die von Julius Caesar, Abraham Lincoln, John F. Kennedy, etc. In vielen Fällen scheint es der Fall zu sein, dass sie einflussreicher in ihrem Tod als zu Lebzeiten waren. Könnten wir die unbeabsichtigten Folgen politischer Attentate besprechen?

Doug Casey: Die meisten politischen Führungspersonen sind nicht "die Besten und Klügsten" - wie sie oftmals selbst sagen. Es sind tatsächlich die Ärmsten und Schlimmsten unter den Menschen. Es sind Leute, die mehr daran interessiert sind, ihre Mitbürger als das materielle Universum zu kontrollieren. Ihre "Hauptprodukte" sind Krieg, Pogrome, Steuern, Regulierungen, Verfolgungen, Inflation und Unterdrückung. Doch sie sind erfolgreich dabei, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass sie nicht nur notwendig sind, sondern auch respektiert werden sollten - sogar geliebt.

"Assassin", mein gemeinsames Buch mit John Hunt, geht gegen diese Thematik an. Tatsächlich zeigt eine Betrachtung der Geschichte, dass die meisten politischen Führungspersonen, die einen gewaltsamen Tod fanden, dies bereits kommen sahen. Sie bekamen, was sie verdienten. Doch es gibt oftmals unabsichtliche Konsequenzen. Und eine Menge Fehleinschätzungen. Lassen Sie mich einige bekannte Beispiele nennen, die für den Roman und das gegenwärtige Amerika relevant sind.

Zum Beispiel Julius Caesar. Auch wenn er kein offizieller Herrscher war, und die römische Republik beendete, so wäre er wohl einer der besten Herrscher Roms geworden - die allgemein eher ein trauriger Haufen waren. Er wurde 44 v. Chr. getötet, nur drei Tage vor Beginn eines Krieges gegen die Perser. Damals konnte ein Krieg eine profitable Sache sein. Zumindest wäre er den Römern einige Jahre aus den Augen gewesen. Es diente Brutus und Cassius keinerlei nützlichem Zweck, ihn zu töten. Es löste nur eine lange Reihe von Kriegen aus und hämmerte den letzten Nagel in den Sarg der Republik. Brutus lag moralisch richtig, doch strategisch falsch.

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Doch nehmen wir den Fall von Abraham Lincoln her. Wenn er getötet worden wäre, bevor oder kurz nachdem er gewählt worden war, dann hätte dies den amerikanischen Bürgerkrieg wahrscheinlich aufgeschoben. Was nebenbei kein Bürgerkrieg war, sondern etwas ganz anderes - ein Sezessionskrieg. Ein Bürgerkrieg ist ein Konflikt, in dem zwei oder mehr Gruppierungen versuchen, die Macht über dieselbe Regierung zu bekommen, und das war während der Unannehmlichkeiten von 1861 bis 1865 nicht der Fall. Lincoln wurde getötet, nachdem der Krieg vorbei war - als ein Attentat tatsächlich kontraproduktiv war.

Das Buch "Assassin" spielt in der Neuzeit. Es erforscht alle Aspekte der Attentate, nicht nur in der Geschichte, sondern auch im Hier und Jetzt. Unser Held, Charles Knight, hatte gerade eine besonders harsche Gefängnisstrafe über zwei Jahre abgesessen, nachdem er fälschlicherweise im ersten Teil der Buchreihe, "Drug Lord", verurteilt wurde. Charles nutzt diese Zeit auf ungewöhnliche Weise und kommt zu einigen interessanten, moralischen Schlussfolgerungen, was Attentate angeht. Ob - und wann - sie gut oder böse sind. Und welche Konsequenzen sie haben können. Dienen sie einem nützlichen Zweck oder verschlimmern sie die Dinge tatsächlich?

Es gibt viele Variationen, was die Thematik der Attentate angeht. Beispielsweise die Ermordung von Che Guevara. Wäre Che anders gehandhabt worden - anstatt von der bolivianischen Armee ermordet zu werden - dann hätte man ihn nur als einen zweitklassigen Psychopathen oder als lateinamerikanische Version von Charles Manson im Gedächtnis behalten. Er wäre keine romantische Figur auf Millionen T-Shirts geworden.

Erzherzog Ferdinand, dessen Ermordung den Ersten Weltkrieg auslöste, war ein guter Kerl. Er war ein klassischer Liberaler des 19. Jahrhunderts. Es war eine Tragödie, dass er ermordet wurde. Es gibt eine Menge, das man über diese Thematik sagen kann. All das decken wir in unserem Buch ab, während unser Held, Charles Knight, ein Meisterassassine wird und zeitgleich seine persönliche Gesinnung beibehält.


International Man: Wenn ein brutaler Anführer oder Politiker getötet wird, ist es oftmals so, dass man im Nachhinein von einem noch mieseren Nachfolger verfolgt wird. Sind Attentate effektiv?

Doug Casey: Tatsächlich ist der erste Satz im Roman "Einige Leute müssen einfach getötet werden." Unter anderem beantworten wir auch diese Frage: Sind Attentate effektiv? Zwei der gefährlichsten, politischen Verbrecher des 20. Jahrhunderts waren Joseph Stalin und Adolf Hitler. Es gab zweifelsohne eine Menge Leute, die sie beide tot haben wollten - vor allem Stalin. Warum wurden sie dann nicht ermordet?

Im Falle von Stalin gäbe es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Sie in seiner Nähe mit Misstrauen beäugt würden, bevor man Sie prompt ins nächste Arbeitslager schickt - oder Schlimmeres anstellt. Warum wurde Stalin von niemandem ermordet? Hätte man Stalin getötet, wäre man von Lavrentiy Beria verhaftet worden. Die einzige Möglichkeit, Stalin töten zu können, wäre eine Verschwörung gewesen; Menschen auf verschiedenen Ebenen der sowjetischen Gesellschaft müssten die Zügel der Macht in die Hand nehmen. Doch das war in einem derart totalen und vollständigen Polizeistaat unmöglich.

Im Falle von Claus von Stauffenberg und seine versuchte Ermordung von Hitler im Jahr 1944 besaßen die involvierten, deutschen Offiziere geteilte Werte; sie hatten familiäre Beziehungen. Sie unterschieden sich stark von den Leuten, die Stalin umgaben. Hätten sie mit ihrem Komplott gegen Hitler Erfolg gehabt, hätten sie Deutschland verändern können. Also... sind Attentate effektiv? Das hängt von einer Menge Dinge ab. Im Buch beschreiben wir verschiedene Attentate von Menschen verschiedener Arten mithilfe verschiedener Mittel. Ich denke, dass Leser dies sehr interessant finden werden.


International Man: In "Assassin" erkunden sie das Konzept der politischen Ermordung. Können Sie erläutern, warum Sie sich darauf aus einem philosophischen und moralischen Standpunkt heraus fokussiert haben?

Doug Casey: Auch wenn sie den Kern des Buchs darstellen, so befassen wir uns mit mehr als nur politischen Attentaten. Der Hauptcharakter, Charles Knight, bedenkt nicht nur Attentate auf Menschen - ein Begriff der für hochrangige Regierungsoffizielle verwendet wird - sondern auch die Moralität einfachen Tötens. Amerikaner sind heute daran gewöhnt; Töten ist eine tragende Säule der meisten Filme und TV-Serien. Die Leute sind so sehr daran gewöhnt, Morde zu sehen, dass sie überhaupt nicht mehr darüber nachdenken. Charles findet, dass es manchmal die beste Möglichkeit, und das letzte Mittel ist, ein Problem zu lösen. Auch wenn Töten allgemein als illegal und unmoralisch gilt, so ist dies nicht immer der Fall.

Charles modellierte sich selbst nach Edmund Dantes von "Der Graf von Monte Christo" und stärker noch nach Paladin, dem Helden der Western-Serie "Have Gun -Will Travel" aus den 1950er Jahren. Paladin war ein Mann der Renaissance. Er war kein Revolverheld. Er war sehr gebildet. Er besuchte zu Hause ebenso Opern, spielte Schach gegen einen Meister oder zitierte Shakespeare, wie er während einer Schießerei auf der Straße stand. Er war das Modell für Charles Knight, unseren Helden.

Wir betrachten das Konzept eines Vigilante - weil man sich in der heutigen Welt nicht darauf verlassen kann, dass die Regierung Ihre Probleme löst, Sie beschützt, Fehler berichtigt oder Ungerechtigkeit aus der Welt schafft. Dabei haben wir das Konzept eines Vigilante reformiert. Charles, als ein moderner Paladin, ist in erster Linie ein Problemlöser. Und wir betrachten zudem auch oft das Konzept der Rache. Ist sie richtig oder falsch? Ist sie im Kontext dessen, was Charles tut - einige Leute aus der Welt schaffen - effektiv oder ineffektiv?


International Man: Die Ereignisse, die im Buch stattfinden, haben Ähnlichkeit mit der Welt, in der wir heute leben: soziale Unruhen, politische Vetternwirtschaft und eine turbulente Präsidentschaftswahl. Sind die Ereignisse, die heutzutage stattfinden, schräger als Fiktion?

Doug Casey: Das ist eine interessante Frage, weil mein Mitautor John Hunt und ich herausgefunden haben, dass die Ereignisse in der realen Welt begannen, die Handlung im Buch zu überholen. Einschließlich die Anwendung von Blockchain-Technologie, um Gangster und andere böse Typen unter Kontrolle zu halten. Wir haben einige neue Techniken entwickelt, die aktuell auf die reale Welt angewandt werden können. Die Realität fängt an, der Fiktion zu gleichen, wie Ayn Rand wahrscheinlich schon herausfand, als sie "Atlas Shrugged" schrieb. Auf vielerlei Weise hatten die Ereignisse ebenfalls begonnen, ihren Roman zu überholen.

"Speculator" - der erste Roman unserer Serie - behandelte einige Unterthemen der Goldbergbaubranche, afrikanische Kleptokratien sowie die Theorie der Spekulation. "Drug Lord", das zweite Buch der Reihe, behandelte einige Unterthemen, die die Pharmaindustrie und Agenturen wie die FDA und die DEA entlarvten. "Assassin" befasst sich als ein Unterthema mit der Entlarvung der Federal Reserve und hebt hervor, dass sie eine der gefährlichsten und kriminellsten Regierungsagenturen ist. Gangster lieben die Fed hingegen.

So haben wir das zwar nicht geplant, doch es besteht eine Menge Resonanz mit dem, was heute zwischen Trump und Boden geschieht. Auch wenn wir im Buch von einer 3-Parteien-Präsidentschaftswahl sprechen.


International Man: In "Assassin" gibt es eine besondere Betonung von Kryptowährungen und der Verwendung dezentralisierter Technologie, um den Deep State da zu treffen, wo es wehtut. Denken Sie, dass diese Technologien Einzelpersonen gegen die wachsende Macht des Staates ermächtigen können? Sind sie ein machtvolleres Werkzeug als Attentate?

Doug Casey: Das ist eine exzellente Beobachtung. In der Geschichte befand sich die Technologie immer zuerst in Händen des Staates, in den Händen der Führungspersonen. Beispielsweise sicherten sich zuerst die Bösen im 14. Jahrhundert das Schwarzpulver und verwendeten es dafür, ihre Macht zu festigen. Doch nach einer Weile wanderte die Technologie zur unteren Schicht. Schwarzpulver erlaubte es dem Laien dann, einen gepanzerten Ritter zu erledigen. Auch wenn Schwarzpulver den Herrschern anfangs half, so stürzte es sie letztlich auch.

Dasselbe gilt für Computer. Zuerst konnten sich nur Regierungen und große Unternehmen Computer leisten; sie verwendeten sie, um einen Blick auf das Volk zu werfen. Doch nun hat jeder einen Computer. Nun ist es mehr oder weniger ein ebenes Spielfeld - wir gegen sie. In "Assassin" gehen wir einen Schritt weiter. Charles Knight realisiert, dass er ein selbstregulierendes System einführen muss, das Politiker und Bürokraten unter permanenter Kontrolle hält, und er verwendet Blockchain. Dabei wird er selbst reich, indem er ein einzigartiges System einführt, damit er nicht der einzige Paladin bleibt. Er ermöglicht es tausend anderen Paladins, Verbrecher, Regierungsbürokraten und andere Bösewichte zu handhaben.

Wir zeigen, wie er das tut. In unserem nächsten Roman "Terrorist" wird er seinen neuen Reichtum brauchen, wenn er im Kampf gegen die Bösewichte einen Schritt weitergeht. Natürlich ist das alles realistisch. Wir verwenden keine Magie in unserem Roman. Einige Leute meinten "Das ist wie eine Anleitung." Nun, das stimmt nicht ganz, kann jedoch sicherlich so ausgelegt werden.


© Doug Casey



Dieser Artikel wurde am 17. November 2020 auf www.internationalman.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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