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Inflation & Zerbrochene Fenster

05.02.2021  |  John Mauldin
- Seite 2 -
Zurück mit aller Kraft

Denken wir positiv und stellen uns vor, dass die USA und die anderen großen Volkswirtschaften in den nächsten Monaten genug Leute impfen, um ein halbwegs normales Leben fortzuführen. Wir werden sicherlich weiterhin vorsichtig bleiben, doch die allgemeine Angst sollte ausreichend verflogen sein, um uns wieder zirkulieren zu lassen. Restaurants, Hotels, Fluglinien und andere getroffene Industrien werden anfangen, zurück auf die Beine zu kommen. Doch was dann?

Derartige Szenarien deuten üblicherweise auf Inflation hin. Aufgestaute Nachfrage wird dafür sorgen, dass die Leute einen Teil ihrer Ersparnisse, die sie im letzten Jahr angesammelt haben, ausgeben. Möglich? Ja, doch erwarten Sie das nicht. Ich denke, dass diese Erfahrung viele Leute so erschreckte, wie damals die Weltwirtschaftskrise unsere Eltern erschreckte; was ihrer Generation eine permanent sparsame Haltung verpasste. Wir werden sehen. Doch Inflation kann auch aus anderen Richtungen kommen. Mein Freund, Louis Gave, beschrieb die stärkeren Kräfte kürzlich.

"Ich denke, dass die Inflation mit aller Kraft zurückkehren wird. Einer der wichtigsten, deflationären Treiber in den vergangenen drei Jahrzehnten war China. Ich schrieb 2005 ein Buch darüber; damals war ich ein Deflationist, da es mein Glaube war, dass sich jedes Unternehmen in der Welt auf das fokussiert, was es am Besten kann und alles andere zu niedrigeren Kosten nach China auslagert. Doch nun befinden wir uns in einer neuen Welt. Einer Welt, die ich in meinem letzten Buch, Clash of Empires, beschrieb und in der Lieferketten entlang der separaten Reiche aufgeteilt sind.

Lassen Sie mich Ihnen ein einfaches Beispiel geben: In den vergangenen zwei Jahren haben die USA alles getan, um Huawei zu töten. Um dies zu erreichen, wurde die Halbleiter-Lieferkette zu Huawei unterbrochen. Die Folge ist, dass sich jedes chinesische Unternehmen darum sorgt, das nächste Huawei zu sein; nicht nur im Technologiesektor, sondern in jeder Branche. Bis vor kurzem waren Preis und Qualität die wichtigsten Faktoren in jeder Unternehmenslieferkette.

Nun befinden wir uns in einer Welt, in der die Sicherheit der Lieferung am meisten zählt, selbst wenn die Kosten höher sind. Das ist ein dramatischer Paradigmenwandel... Es führt zu einem starken Schlag gegen die Produktivität. Die Produktivität befindet sich unter Beschuss von allen Seiten; Regulierungen, ESG-Investoren und nun auch Sicherheitsbedenken. Das wäre nur nicht inflationär, wenn die Zentralbanken auf der anderen Seite zurückhaltend reagieren würden. Doch natürlich wissen wir, dass Zentralbanken so viel Geld drucken wie niemals zuvor."


Die Pandemie verstärkt existierende Trends tatsächlich. Globalisierung begann bereits, sich zu verlangsamen und sich aus technologischen Gründen möglicherweise umzukehren. Präsident Trumps Handelskrieg verschaffte "Kauf amerikanisch" und "Kauf lokal" weiteren Antrieb und Biden scheint darauf aus, diese Slogans zu übernehmen. Und nun gibt COVID-19 allen nationalen Regierungen Grund dazu, so selbstständig wie möglich zu sein. Unternehmen spüren denselben Druck.

Doch was wirklich zählt, ist die Reaktion der Federal Reserve, sollte die Preisinflation höher steigen. Louis glaubt, dass die Fed eine Art "Kontrolle der Renditekurve" einführen wird, um die langfristigen Staatsanleiherenditen nahe 2% zu halten. Das wird den Dollar abstürzen lassen, Inflation erhöhen und den "Realzins" noch negativer machen als ohnehin schon. Und das hilft wiederum dabei, die schnell wachsenden Regierungsschulden zu finanzieren. Dieses Szenario wäre gut für Gold und schrecklich für Anleihen. Doch es ist nicht das einzige Szenario.


Der Irrtum des zerbrochenen Fensters

Lacy Hunt von Hoisington Investment Management war seit 39 Jahren bullisch gegenüber Staatsanleihen. Er sah, was Paul Volcker tat, und wurde zum Mega-Anleihebullen. Er lag genau richtig. Sein Argument ist tatsächlich einfache Mathematik. Eine Zusammenfassung:
  • Wachsende öffentliche und private Schulden unterdrücken das Wirtschaftswachstum, während zusätzliche Schulden immer weniger Wirkung haben.

  • Das niedrige Wachstum reduziert die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, ohne die nachhaltige, allgemeine Inflation unmöglich ist.

  • Inflation ist der wichtigste Nenner der Staatsanleiherenditen; diese werden fallen.

In seinem aktuellsten Bericht führt Lacy die Idee aus, dass fiskalpolitischer Stimulus sowie Erholung von der Pandemie zu Inflation führen werden. Er merkt an, dass jegliches BIP-Wachstum die massive Reichtumszerstörung der Pandemie nicht widerspiegeln wird. Er vergleicht dies mit der berühmten Geschichte über Frederic Bastiat/Henry Hazlitt und dem zerbrochenen Bäckerei-Fenster. Den Schaden zu beheben, kurbelt das BIP an, doch man sieht nicht die erlittenen Kosten oder verpassten Gelegenheiten. So wie wir die Wirtschaft nicht durch das Zerbrechen von Fenstern wachsen lassen können, können wir nicht erwarten, dass Pandemien oder andere Desaster vorteilhaft sind.

Ebenfalls hebt er hervor, dass der Großteil des Fiskalstimulus einen kleinen und vielleicht auch negativen Verstärker-Effekt besitzt. Regierungen "investieren" nicht in neue, produktive Kapazität oder bauen etwas Neues. Sie übertragen einfach Geld zwischen Steuerzahlern, Anleihehaltern und Erhaltern von Leistungen. Das mag kurzfristig notwendig sein, doch allokiert Ressourcen falsch und reduziert zukünftiges Wachstum. Lacy fährt mit unserer übermäßigen Verwendung von Schulden fort. Das ist nicht neu, doch die Pandemie hat dies beschleunigt.

"Wenn Schuldenkapital, wie jeder andere Faktor der Produktion, übermäßig verwendet wird, nimmt dessen marginale Umsatzproduktivität ab. Dies stellt eine anhaltende Belastung für die Wirtschaftsaktivität dar, die Wachstum einschränkt, trotz der besten Bemühungen der Geld- und Fiskalpolitik. Der Rückgang der marginalen Umsatzproduktivität der Schulden, aufgrund der Pandemie, muss nun mit noch schwächerer Demografie auf der Welt operieren.

Die Pandemie führte zu deutlich niedrigen Heirats- und Geburtsraten, was langfristig negative Konsequenzen für inländisches und weltweites Wachstum haben wird. Basierend auf der universell geltenden Produktionsfunktion wird die Fähigkeit, historische Raten des Wirtschaftswachstums zu erreichen, in den kommenden Jahren noch schwieriger sein."


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