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Archegos & Credit Suisse - die Spitze des Eisbergs

19.04.2021  |  Egon von Greyerz
Bill Hwang, Gründer des Hedgefonds Archegos, der gerade 30 Milliarden $ verlor, wusste bei der Unternehmenstaufe wahrscheinlich gar nicht, dass eine Firma mit einem solchen Namen für Großes vorherbestimmt war.

Archegos ist ein griechisches Wort. Es bedeutet Führer oder jemand, der anführt, so dass andere folgen mögen.


Archegos, der Erste von vielen Weiteren

Dieser bis vor wenigen Tagen noch unbekannte Hedgefonds zeichnet vor, was zukünftig mit dem gesamten 1,5 Billionen $ schweren Derivatemarkt passieren wird. Seit Jahren warne ich vor der Derivateblase. Archegos hat die Lunte angesteckt und bald wird der ganze Markt explodieren. Ich weiß, dass Archegos, wegen der günstigeren regulatorischen Bedingungen, technisch betrachtet eine Family-Office war. Doch im Großen und Ganzen betrachte ich ihn als Hedgefonds.

Warren Buffett nannte Derivate Massenvernichtungswaffen, und damit hatte er absolut Recht.

Gierige Banker haben die Derivate zu einer selbstzerstörerischen Nuklearwaffe umgebaut. Archegos zeigt der Welt jetzt, dass ein unbekannter kleiner Hedgefonds an Kreditlinien im Umfang von 30 Milliarden $ oder mehr kommen kann und somit eine schnelle Ausbreitung von Finanzkrisen und das Entstehen unkontrollierbarer Verluste ermöglicht.

Gehen die Wetten eines Hedgefonds schief, so verlieren nicht nur die Investoren ihr gesamtes Geld; auch die Banken, die hier Archegos massiv gehebelte Spekulationen in unverantwortlicher Weise mitfinanzierten, werden ca. 10 Mrd. $ Anteilseignerkapital verlieren.

Die Boni der Banker wird das natürlich nicht beeinträchtigen, sie werden erst gekürzt, wenn die Bank Pleite ist. Erinnern wir uns an die Lehman-Krise von 2008. Ohne die massiven Rettungspakte der Zentralbanken wären auch Morgan Stanley, Goldman Sachs, JP Morgan etc. untergegangen. Und trotzdem waren die in jenem Jahr ausgezahlten Bankerboni genauso hoch wie im Jahr zuvor.

Absolut skandalös und die schlimmste Seite des Kapitalismus. Doch wie Gordon Gekko im Film Wall Street sagte - Gier ist Gut! Nun gut, wenn alles vorbei ist, dürfte nichts mehr so gut sein, wie gedacht.


Derivate - ein Kassenschlager, der hart zurückschlägt

Für die großen Investmentbanken sind Derivate seit Jahrzehnten Kassenschlager und Goldgruben gewesen. Heutzutage findet Handel praktisch komplett auf Grundlage von Derivaten statt. Kaum ein Portfolio besteht noch aus den eigentlichen Basiswert-Instrumenten. Bei allem - von Aktienportfolios über ETF, Goldfonds etc - kommen Derivate oder synthetische Instrumente zum Einsatz. Darüber hinaus basieren alle Zins- und Währungsmärkte auf Derivaten. Archegos Portfolios steckte beispielsweise voller Total Return Swaps.

Und wie man gerade sehen konnte: Wenn Derivate implodieren und die zugrundeliegenden Wertpapiere durch den Prime Broker (meist große Investmentbanken) um jeden Preis am Markt abgestoßen werden, sind unmittelbare und irreparable Verluste die Folge.

Trotzdem konnte ein Übergreifen und eine Ausbreitung der Krise diesmal abgewendet werden, weil die Banken alle Verluste trugen. Doch das nächste Mal, wenn nicht nur 30 Mrd. $ Derivate implodieren, sondern ein Vielfaches davon, wird das nicht mehr der Fall sein.


Wenn Gegenparteien ausfallen ... die 1,5 Billiarden $ Zeitbombe

Die Verfechter von Derivaten, zu denen auf jeden Fall alle Investmentbanken gehören und die BIZ (Bank f. Internationalen Zahlungsausgleich in Basel), werden einwenden, dass das Netto-Derivate-Exposure nur einen Bruchteil der Brutto-Derivatepositionen (geschätzt mind. 1,5 Bill. $) ausmacht.

Ja, natürlich fällt die Netto-Position nach dem sogenannten Netting (Aufrechnung der Forderungen/Verbindlichkeiten) in der Theorie deutlich kleiner aus. Doch wenn Gegenparteien ausfallen, bleibt brutto eben brutto. Und genau das wird in den nächsten Jahren wahrscheinlich passieren. Archegos ist ein sehr gutes Beispiel dafür, was auf die Welt in viel größerem Maßstab zukommen wird - 1,5 Billiarden $ verschwinden nicht still und heimlich. Den Banken gelang es diesmal, eine Ausbreitung zu stoppen; wenn es jedoch richtig losgeht, werden sie dazu nicht mehr in der Lage sein.

Der Würfel unten repräsentiert alle bekannten Derivate der Welt im Gegenwert von 1,5 Bill. $. Die tatsächliche Zahl ist womöglich deutlich höher. Jene 1,5 Bill. $ sind das 850-fache des Zentralbankengoldes. Wo wird der Goldpreis stehen, wenn die Derivate implodieren? Wahrscheinlich zu hoch, um es sich vorstellen zu können!

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