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Die Abhängigkeit von der Inflationsdroge wird immer größer

27.08.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Allerdings "wirkt" die Inflation nur dann, führt also nur dann zu einer politisch gewollten Umverteilung von Einkommen und Vermögen, wenn sie unerwartet daherkommt, wenn sie von den Menschen als solche nicht erkannt wird. Ansonsten passen die Menschen sich an die richtig vorhergesehene Inflation an, indem sie beispielsweise ihre Lohn- und Mietverträge mit einer entsprechend höheren Inflation versehen.

Wer also von Inflation profitieren will, der muss Sorge dafür tragen, dass seine Mitmenschen die Inflation nicht bemerken, sie unterschätzen. Und genau das ist der wunde Punkt der Inflationspolitik: Wenn die Menschen aufwachen und erkennen, was wirklich gespielt wird, dann entzaubert sich das Täuschungsspiel und lässt sich nicht mehr praktizieren.

Deshalb setzen die Zentralbanken (als Agenten der Staaten und ihrer Sonderinteressengruppen) auch alles daran, dass das wahre Ausmaß der Inflation vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen bleibt. Beispielsweise wird die Inflation verkürzt gemessen anhand der Konsumgüterpreise, und die Preise der Vermögensgüter (Aktien, Häuser, Anleihen etc.) bleiben unberücksichtigt.

Oder: Man rechnet die Güter aus den offiziellen Indizes heraus, die besonders stark ansteigen, veröffentlicht eine "Kerninflation". Oder: Die Entwicklung der Geldmengen (die Ursache der Inflation) wird öffentlich meist nicht groß kommentiert, man lässt sie quasi unter den Tisch fallen. Weitere Beispiele lassen sich anführen, die ebenfalls zeigen, wie die Politik die Inflation zu verschleiern sucht.

Ein merkliches Anziehen der Konsumgüterpreisinflation - in den USA betrug sie im Juli 2021 5,4 Prozent, im Euroraum lag sie bei 2,2 Prozent - hat nun allerdings das Potential, die Menschen wachzurütteln: Die Verteuerung der Lebenshaltung wird für viele spürbar.

Während die Inflation der Vermögenspreise meist nicht als solche identifiziert und beklagt wird, liegen die Dinge ganz anders bei der Inflation der Konsumgüterpreise: Diese Inflation ist für alle "sichtbar". Das ist auch der Grund, warum die US-Zentralbank jetzt reagiert: Sie will in der Öffentlichkeit nicht den Eindruck aufkommen lassen, sie würde die Inflation aus dem Ruder laufen lassen. Vielmehr will sie sich als strengen "Inflationsbekämpfer" darstellen (obwohl sie doch genau das Gegenteil ist: ein Inflationsverursacher).


Der leidige Balanceakt

Die US-Zentralbank - sowie auch alle anderen großen Zentralbanken der Welt - praktizieren einen unheilvollen Balanceakt: Die Konjunkturen mit ihrer inflationären Politik in Gang zu halten, und gleichzeitig zu verhindern, dass der Inflationsbetrug auffliegt. Dabei können ihnen selbstverständlich "Fehler" unterlaufen. Beispielsweise indem die Fed die Anleihekäufe herunterfährt und dadurch einen Finanzmarkt-Crash auslöst. In einem solchen Fall wäre allerdings damit zu rechnen, dass die Geldpolitik sehr geschwind wieder auf Geldmengenflutung zurückschaltet.

Ein anderes Szenario ist, dass die Inflation der Konsumgüterpreise so stark anzieht, dass das Vertrauen in das ungedeckte Geld ernsten Schaden nimmt und die Zentralbanken zwingt, geldpolitisch auf die Bremse zu treten. Das aber würde absehbar einen Abschwung, sehr wahrscheinlich sogar eine schwere Rezession auslösen. So gesehen könnte eine "Stagflation" - also ein Zusammentreffen von hoher Preisinflation und einbrechender Wirtschaftsleistung - das ungedeckte Papiergeldsystem in extrem schwieriges Fahrwasser bringen.

Die Zentralbanken wären dann doch wohl letztlich gezwungen, die Geldschleusen zu öffnen, das System mit allen Mitteln zu inflationieren, um Zahlungsausfälle auf breiter Front abzuwehren. Dieses Szenario muss vor allem auch deshalb sehr wahrscheinlich erscheinen, weil in der breiten Öffentlichkeit Firmenpleiten, Arbeitsplatzverlust und Zahlungsausfälle stärker gefürchtet werden als Preisinflation.

Ungeachtet wie der Balanceakt ausgeht - ob die Konjunkturen auf Wachstumskurs bleiben oder in eine Rezession abgleiten -: Anleger sind grundsätzlich gut beraten, mit dem Kaufkraftverlust von US-Dollar, Euro & Co zu rechnen - eine Entwicklung, die zwar schon seit Jahr und Tag im Gange ist, die aber künftig leider noch merklich an Fahrt gewinnen wird.

Diese Aussicht kann eigentlich nicht überraschen: Die Entwertung des ungedeckten Geldes war und ist schließlich für Regierende und Regierte der bevorzugte Umgang mit Finanz- und Schuldenproblemen; das gilt vor allem heute, da viele Menschen in den entwickelten Volkswirtschaften die Schrecken der hohen Inflation gar nicht mehr kennen. Und daher sind auch die Skrupel gering, bei jeder Unpässlichkeit, mit jeder Krise die Dosis der Geldmengenvermehrung zu erhöhen.


Auf Gold und Aktien setzen

Anleger, die mit Geldentwertung rechnen, sollten ihre Kassenhaltung auf das notwendige Minimum beschränken: also nur so viel Geld auf dem Girokonto belassen, wie zur Begleichung der laufenden Zahlungen (Nahrungsmittel, Miete, etc.) erforderlich ist; hinzu kommt eine knapp bemessene Vorsichtskassenhaltung, mit der im Fall der Fälle Unvorhergesehenes finanziert werden kann. Anlagen wie Geldmarktfonds und Anleihen sind zu meiden (soweit der Anleger eine "Buy-and-Hold"-Strategie verfolgt). Anstelle von Giro-, Termin- und Sparguthaben (die Deutschen halten von diesen unverzinslichen Bankeinlagen derzeit etwa 3,9 Billionen Euro) sollte man auf physisches Gold setzen:

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Quelle: Refinitiv; Graphik Degussa.



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