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EZB. Ich lege dem Rat nahe! - Klartext mit Fakten an deutsche Politik (und EU)

21.07.2022  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0205 (05:57 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0156 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 138,27. In der Folge notiert EUR-JPY bei 141,10. EUR-CHF oszilliert bei 0,9906.


Finanzmärkte weiter nervös

An den Finanzmärkten bleibt die Nervosität hoch, auch wenn Nord Stream 1 wieder teilweise in Betrieb genommen wurde (30% - 40% des Potenzials). Die Ukraine-Krise liefert keine ansatzweisen Entspannungssignale. Das siebte Sanktionspaket der EU gegen Russland kommt. Moskau sieht keine Grundlagen für Friedensgespräche hinsichtlich der Vorfestlegungen sowohl Moskaus als auch Kiews. Die Krise erodiert weiter insbesondere die westliche Konjunktur als auch die westlichen Strukturen. Im weiteren Verlauf des Reports werden dazu Daten und Fakten geliefert.

Teile der Gewinne insbesondere an europäischen Aktienmärkten gingen verloren. Der Kapitalmarkt war von einer Seitwärtsbewegung geprägt (10-Jahres Bunds 1,24%, 10 Jahres Treasuries 3,02%).Am Devisenmarkt kam es zu keinen neuen Erkenntnissen. Edle Metalle standen unter Druck.


EZB: Zaghaft oder mutig?

Die Bank of Japan verweigerte sich auch heute der Realität, indem sie den Leitzins bei -0,10 beließ, und lässt das Land und die Menschen in Japan durch Entwertung des JPY dafür zahlen. Ja, das ist eine Möglichkeit.

Heute steht die EZB-Ratssitzung an. Der Markt erwartet die Zinswende. Unterstellt ist eine Zinsanhebung von 0,00% auf 0,25% um 0,25% bei einem Anstieg der Verbraucherpreise um 8,6%, der Kernrate um 3,7% und der Erzeugerpreise um 36,3%.

Kommentar: Die EZB ist bei Zinserhöhungen ein Nachzügler. Die Verpflichtung auf Preisstabilität steht im Zentrum ihrer Aufgaben. Sie ist nach innen und nach außen (Devisenkursstabilität) zu gewährleisten. Die Preisstabilität ist vor diesem Hintergrund längst nicht gewährleistet (auch Verfall des Euros um 13%). Wir sind in der Historie der EZB mit dem ausgeprägtesten Preisanstieg konfrontiert, der zum größten Wohlstandsverlust monetärer Art in der gesamt Eurozone führt. Ergo erlaube ich mir, dem Rat nahezulegen, einen Schritt um 0,50% umzusetzen.


Klartext an die deutsche Politik (und die EU)

Heute lassen wir zunächst Fakten reden und verweisen darauf, dass es vornehmste Aufgabe der Politik der Lander der EU und der EU selbst ist, Schaden vor den Bürgern abzuwenden. So wie es in den USA heißt, "America first", muss es auch in Europa und den Ländern vorrangig um die eigenen Interessen gehen.

Die Sanktionspolitik, die uns zu Beginn der Ukraine-Krise "verkauft" wurde (u.a. "Mutter" aller Sanktionen gegen Russland) und die Erwartungen, die damit genährt wurden, haben sich in das Gegenteil verkehrt und eröffnen für unser Land, aber auch die EU existentielle Risiken und mögliche Krisen (Energie ist unverzichtbar, wir leben in einem energetischen Zeitalter, Fortschritt seit 300 Jahren durch Energie).

Die Politiker, die uns die Sanktionspolitik zunächst als unprekär verkauften, bringen jetzt andere Begriffe ins Spiel, ohne für ihre Fehleinschätzungen zur Rechenschaft gezogen zu werden. So redet Herr Habeck von einem Albtraum-Szenario. Er vermittelt den Eindruck, dass man das alles im Vorwege nicht wissen konnte. Er hätte einfach diesen Report lesen sollen. Unsere Außenministerin Baerbock übt sich mittlerweile in Durchhalteparolen und warnt (Titel in der Welt) "Wenn wir kein Gas bekommen, sind wir mit Volksaufständen beschäftigt!". Außenministerin Baerbock hat das Festhalten an den Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine betont. Putin dürfe uns nicht brechen!

Kommentar: Hier muss ich intervenieren. Nein, nicht Putin bricht uns, sondern durch die von Ihnen verfügten Sanktionen werden wir gebrochen. Ohne Sanktionen hätte es keine Notlage gegeben. Hier Verantwortung auf Moskau abzuschieben, ist absurd.

Professionell wäre es gewesen, vor Verfügung über die Folgen der Sanktionen zu räsonieren (auch historischer Kontext des Erfolgs von Sanktionen). Dafür sollte man Profis einladen. Die aktuelle Krise belegt, dass es genügend Amateure gibt. In der Geschichte seit 1949 haben noch nie zuvor so wenige Menschen einen größeren wirtschaftlichen Schaden existentieller Natur angerichtet und damit Risiken für die gesellschaftliche/politische Stabilität kreiert. Für was, den Nato-Status der Ukraine, denn darum ging es.



Werfen wir einen Blick auf Fakten:

Als Einstimmung bediene ich mich der neuesten IWF-BIP-Schätzung des IWF. Die Prognose wurde für das Jahr 2022 von 2,1% auf 1,2% und per 2023 von 2,7% auf 0,8% massiv reduziert. Der Ausblick bleibt negativ. Wo standen die Prognosen des IWF im Oktober 2021? Sie lagen bei einem BIP-Wachstum von 3,1% für 2022 und bei 4,6% für 2023.

Ein Blick auf Preisdaten und Leitzins im Verlauf zwischen Deutschland und Russland seit Jahresbeginn:

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© Netfonds AG, Daten Reuters


Kommentar: Wenn eine diskretionär gewählte Politik zu dem genauen Gegenteil dessen führt, das geplant und versprochen war, darf erwartet werden, dass diese Politik nicht nur überdacht, sondern auch revidiert wird. Ansonsten würde bewusst Schaden für die eigene Bevölkerung generiert. Kann das rechtliche Folgen haben? Was macht Brüssel aktuell? Das siebte Sanktionspaket?


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Daten brechen weg, was hatten uns Politiker im Februar/März versprochen?

Laut Erstschätzung sank der Index des Verbrauchervertrauens der Eurozone per Juli von -23,8 (revidiert von -23,6) auf -27,0 Punkte (Prognose -24,9). Das war der schwächste Indexwert seit Mai 2009!

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Die Leistungsbilanz der Eurozone wies per Berichtsmonat Mai ein Defizit in Höhe von 4,49 Mrd. EUR nach zuvor -5,76 Mrd. EUR aus. Das Bild ist so prekär wie seit 2011 nicht mehr.

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Deutschland: Die Erzeugerpreise nahmen per Juni im Monatsvergleich um 0,6% (Prognose 1,3%) nach zuvor 1,6% zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 32,7% (Prognose 33,9%) nach zuvor 33,6%.


UK: Verbraucherpreisanstieg auf höchstem Niveau seit 40 Jahren!

Die Verbraucherpreise legten per Juni im Jahresvergleich um 9,4% (Prognose 9,3%) nach zuvor 9,1% zu. Das war der höchste Stand seit 40 Jahren. Die Kernrate stieg im Jahresvergleich um 5,8% (Prognose 5,8%) nach zuvor 5,9%:


USA: Hypothekenmarktindex auf tiefstem Stand seit 01/2000

Der BA Hypothekenmarktindex sackte in der Berichtswoche per 15. Juli von zuvor 300,0 auf 281,1 Zähler und markierte den tiefsten Stand seit Januar 2000. Der Absatz zuvor genutzter Wohnimmobilien sank per Juni im Monatsvergleich um 5,4% auf annualisiert 5,12 Mio. Objekte (Prognose 5,38 Mio.).

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0450 - 1.0480 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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