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Märkte suchen Orientierung – Einigung im US-Schuldenstreit? – Deutschland in Rezession!

26.05.2023  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0737 (05:34 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0708 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 139,79. In der Folge notiert EUR-JPY bei 150,10. EUR-CHF oszilliert bei 0,9716.


Märkte: Suche nach Orientierung

Die Finanzmärkte suchen nach Orientierung. Die Nervosität war und ist ausgeprägt. In der Taktung der Meldungen bezüglich des US-Streits über die Erhöhung der Schuldenobergrenze bewegten und bewegen sich allen voran die Aktienmärkte. Zuletzt zeigte sich auch der Internationale Währungsfonds (IWF) ob des Themas besorgt.

Nachdem es vorgestern in diesem Kontext zu Abverkäufen kam, setzte sich gestern zum Ende der US-Sitzung verstärkte Zuversicht durch, dass es heute zu einer Einigung kommen könne, die es dann erlauben würde, den parlamentarischen Prozess vor dem 1. Juni umzusetzen. Der hochrangige Republikaner Kevin Hern erwartet heute am Nachmittag (US-Zeit) eine Lösung. Im Bereich Verteidigungsausgaben scheinen sich Republikaner durchzusetzen.

Das Reduktionsvolumen des US-Haushalts liegt wohl unterhalb von 0,5%. Neben der quantitativen Größe ging es im Schuldenstreit auch um qualitative Themen. Auch hier soll es Annäherungen gegeben haben. Das Schuldenlimit soll angeblich so stark erhöht werden, dass dieses Thema für die kommenden zwei Jahre vom Tisch sei.

Der S&P 500 (+0,45%) als auch die NASDAQ (+2,43%) legten im Tagesvergleich zu, dagegen verlor der Dow Jones (-0,18%). Europa war nach den aggressiven Abverkäufen zuvor stabilisiert. Die Wirtschaftsdaten lieferten gestern Steilvorlagen zu Gunsten der US-Märkte. Die strukturellen Grundvoraussetzungen Europas sind zunehmend kritisch (siehe Unten zu Deutschland). Europas Wirtschaftsdaten belasteten. Deutschland ist unerwartet in einer Rezession, Frankreichs Stimmungsindikatoren fallen auf Niveaus von 2021. Dagegen waren nahezu alle US-Daten besser als erwartet (siehe Datenpotpourri).

In der Folge konnte der USD an Terrain gewinnen. Aktuell wird die Unterstützungszone des EUR gegenüber dem USD bei 1.0700 – 1.0730 getestet. Sollte sie fallen, drehte sich die Tendenz zu Gunsten des USD. Gold und Silber verloren gegenüber dem USD weiter an Boden.

Am Rentenmarkt setzt sich die Zinsversteifung fort. 10 jährige Bundesanleihen rentieren mit 2,53%, während 10 jährige US-Staatsanleihen eine Rendite in Höhe von 3,81% abwerfen.


Deutschland in Rezession

Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer Rezession. Unerwartet sank das BIP im 1. Quartal 2023 den zweiten Monat in Folge im Quartalsvergleich.

Kommentar: Deutschland war vor zehn Jahren konjunkturelles Paradepferd und ist nun ein abgehalfterter Gaul. Deutschlands Wirtschaft ist der größte Belastungsfaktor für das BIP der Eurozone.

Die Stimmen, die vor diesen Entwicklungen warnten, hatten und haben in Berlin kein Standing. Dort wurden politische und wirtschaftspolitische Echokammern aufgebaut. Echokammern liefern historisch nachweislich Grundlagen für elementarste Fehlsteuerungen. Sie können auch Ausdruck ideologischer Grundhaltungen sein (keine Ergebnisoffenheit).



Weitere Schlagzeilen aus Deutschland der letzten 24 Stunden:
  • Das IFO-Barometer der Exporterwartungen unserer Unternehmen sank per Mai von zuvor 6,5 auf 1,8 Punkte. Es ist der niedrigste Wert seit November 2022.

  • Die deutsche Baubranche erwartet 2023 wegen der schwachen Wohnungsbaumärkte ein Umsatzminus in Höhe von real 5%.

  • Laut Ansicht des Bundesgesundheitsministeriums seien 25% - 33% der Krankenhäuser insolvenzgefährdet.


VDI-Umfrage: Deutsche zweifeln an Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit

Die Deutschen schätzen die Innovationskraft der heimischen Wirtschaft schwach ein. Nur 9% sind der Meinung, Deutschland sei bei der Entwicklung neuer Technologien wettbewerbsfähig. Das ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI).

VDI-Direktor Willig sagte, mit Blick auf technische Innovationen sei es um Deutschland schlecht bestellt. Auf die Frage, ob Deutschland auch 2035 noch zu den führenden Innovationsstandorten der Welt gehört, antworteten lediglich 13% der Befragten mit "Ja".

Kommentar: In den letzten circa 20 Jahren nahm in Deutschland seitens Politik und Medien Technologiefeindlichkeit zu. Ideologische Haltungen dominierten (u.a. Dieseltechnologie (eigene Erfahrungen), Nuklearenergie, Biotechnologie, kein "IT-Airbus"!).

Gleich mehrere Standortfaktoren in Deutschland stimmten mittlerweile nicht mehr, sagte VDI-Präsident Lutz Eckstein: Die Energieversorgung sei mit Unsicherheiten behaftet, die Energiekosten um Faktor fünf höher im Vergleich zu konkurrierenden Wirtschaftsräumen, der Fachkräftemangel nähme zu und die Genehmigungsprozesse sind in vielen Bereichen zu langwierig.

Kommentar: Ich danke dem VDI, dass man jetzt diese Themen bewegt, die Sie als Leser dieses Reports seit vielen Monaten kennen. Gab es in Verbänden zu viel "politische Korrektheit" und Opportunismus in den letzten Jahren? Die Gedanken sind frei, sehr frei!

Muss immer erst das Kind in den Brunnen fallen? Das bezahlt der "kleine Mann", die "kleine Frau" und das "kleine Es", um gendergerecht zu sein, ein wahrhaft existentielles Thema (Ironie!), das Politik und Medien massiv beschäftigte und beschäftigt (Sarkasmus!).



Politische Reaktionen aus Berlin:

Bundeskanzler Scholz sagte, die Aussichten der deutschen Wirtschaft seien sehr gut, man entfessele durch den massiven Ausbau des Ökostroms gerade Kräfte der Wirtschaft.

Kommentar: Haben unsere Energienetze denn dafür die Kapazität? Bis wann können Netze ausgebaut werden? Produzieren wir wieder eine Energiewende ohne Netz (zuvor Merkel!)?


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Deutschland in Rezession - Deutschland Belastungsfaktor für EUR-BIP

Deutschland: Das BIP sank per 1. Quartal 2023 unerwartet im Quartalsvergleich um 0,3% (Prognose und vorläufiger Wert 0,0%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 0,5% (Prognose und vorläufiger Wert -0,1%). Damit bewegt sich die deutsche Wirtschaft in einer Rezession (BIP mit Kontraktion zwei Quartale in Folge im Quartalsvergleich).

Deutschland: Der GfK Konsumklimaindex legte per Juni unwesentlich von -25,8 auf -24,2 Punkte zu (Prognose -24,0).

Frankreich: Der Geschäftsklimaindex sank per Mai von zuvor 102 auf 100 Punkte und markierte den tiefsten Wert seit April 2021. Der Index für das Verarbeitende Gewerbe verlor von 101 auf 99 Zähler (Tiefstwert seit März 2021, Prognose 101).


UK: Einzelhandelsindex bricht ein

Der vom CBI ermittelte Index für den Einzelhandel brach per Mai von +5 auf -10 Punkte ein.


USA: Daten weit überwiegend besser als erwartet

Laut der zweiten Schätzung des BIP per 1. Quartal 2023 kam es in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung (annualisiert) zu einem Anstieg um 1,3% (Prognose und vorläufiger Wert 1,1%).

Die Arbeitslosenerstanträge lagen per Berichtswoche 20. Mai 2023 bei 229.000 (Prognose 245.000) nach zuvor 225.000 (revidiert von 242.000). Der von der Fed berechnete National Activity Index (Sammelindex aus 85 US-Einzelindikatoren) legte per April von -0,37 (revidiert von -0,19) auf +0,07 Zähler zu. Der Index anhängiger Hausverkäufe war per April im Monatsvergleich unverändert (Prognose +1,0%) nach zuvor -5,2%. Der Index verharrte bei 78,9 Punkten.

Der Kansas City Fed Composite Index stellte sich per Mai auf -1 Punkt (Vormonat -10 Zähler).


Russland: Devisenreserven gut 10 Mrd. USD geringer

Die Devisenreserven lagen per 19.Mai bei 589,3 Mrd. USD nach zuvor 599,5 Mrd. USD.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0700 – 1.0730 negiert dieses Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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