Dem Mittelstand droht Verarmung
26.01.2025 | Prof. Dr. Eberhard Hamer
Vor 100 Jahren machte der selbständige Mittelstand etwa 20 bis 22%, der angestellte Mittelstand nur 10 bis 1% der Bevölkerung aus, also insgesamt maximal ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Seit Ende des 2. Weltkrieges wandelte sich dagegen das Verhältnis von selbständigem und angestelltem Mittelstand. Machte der selbständige Mittelstand 1960 noch etwa 19%, der angestellte Mittelstand dagegen 14 bis 15%, also insgesamt weiterhin ein Drittel der Bevölkerung aus, hat sich der gesamte Mittelstand bis zum Jahr 2020 auf 47% - also fast die Hälfte der Bevölkerung – erhöht ¹, ist innerhalb dieses Mittelstandes aber die Zahl der selbständigen nur noch halb so hoch wie die der angestellten Mittelständler ².
Als Mittelstand bezeichnet die Mittelstandsforschung alle Erwerbstätigen mit ihren Angehörigen, welche ein Einkommen oberhalb des Medianeinkommens (3.500 Euro brutto) haben, also die "Besserverdienenden", nicht nur mit höherem Einkommen, sondern auch mit ca. 62% des privaten Immobilienvermögens und 53% des volkswirtschaftlichen Gesamtvermögens ³.
Obwohl dieser Mittelstand brutto zwei Drittel der Steuern und Sozialabgaben in Deutschland zu tragen hat und netto (unter Einberechnung von Subventionen und Sozialleistungen) sogar 80% unserer Staats- und Sozialfinanzen tragen muss ⁴, ist es dem deutschen Mittelstand trotz der größten Umverteilung der deutschen Geschichte (zwei Drittel BSP) so gut wie nie vorher gegangen, hatte er den höchsten Lebensstandard, den je eine Generation in Deutschland erreicht hat.
Der deutsche Wohlstand hat allerdings seinen Zenit inzwischen überschritten: Eine US-Wirtschaftsdiktatur hat inzwischen Sanktionen nicht nur gegen Russland, sondern damit auch gegen Deutschland verhängt – sogar unsere Energieleitungen gesprengt –, hat die Globalisierung reduziert, weltweit russisches Vermögen (auch deutsche Guthaben in Rubel) wie im 2. Weltkrieg beschlagnahmt und mit Strafen, Interventionen und Zöllen vor allem deutsche und chinesische Importe bekämpft. Dazu haben die USA zwangsweise unsere "Abhängigkeit von (billiger) russischer Energie" in eine dreifach so teure Abhängigkeit von US-Energie umgewandelt".
Die Reduktion des Welthandels betrifft vor allem die Exportweltmeister. u.a. Deutschland, und die drastischen Energieverteuerungen ebenfalls. Der auf billiger Energie, Welthandel und technischem Vorsprung beruhende Wohlstand Deutschlands und des deutschen Mittelstandes verliert so seine Grundlage.
Dazu hat die eigene Regierung durch Verbote (z. B. gegen Landwirtschaft), durch Heizungsgesetz, durch CO2-Besteuerung, durch Zwangstransformation und „grünen Öko-Umbau“ unsere Wirtschaft zwangsreduziert und damit nicht nur die Gewinne und die Existenz unserer mittelständischen Betriebe, sondern auch die Reallöhne der wertschöpfenden Leistungsträger in diesen Betrieben reduziert. Das Scheinwachstum lag in der Inflation und im wachsenden Anteil unproduktiver Beschäftigung vor allem des öffentlichen Dienstes mit Finanzierung durch Verschuldung.
Mit unsinnigen Staatsinterventionen der Corona-Politik hat die Regierung sogar ganze Branchen stillgelegt (und auf Dauer geschädigt), die Wirtschaft von Rentabilitäts- auf Klimaziele umgezwungen und damit einen Wechsel der Wirtschaftspolitik "von Ökonomie zu Ökologie" unter Inkaufnahme von Unwirtschaftlichkeit erzwungen.
Die unsinnige Angst der Ampel-Regierung vor "Weltenende durch Klimawende" und der Versuch, Deutschland zum Musterfall einer Neuausrichtung auf unwirtschaftliche Klimaziele zu zwingen, haben ein Ende des jahrzehntelangen Booms, eine Rezession und einen Verfall der Arbeitsmotivation bei den Beschäftigten gebracht. Zugleich hat die Regierung durch Existenzsicherung für Nichtarbeit (Bürgergeld) millionenfache Massenimmigration von Arbeitsscheuen (70%, unter Ukrainern sogar 82%) den Anreiz zur Arbeit genommen und Facharbeitermangel geschaffen.
Welche Mittelstandsgruppen sind bedroht?
Der Rückgang unserer Exportindustrie durch Ende der Globalisierung, durch willkürliche Verteuerung von Rohstoffen und Produktionskosten durch die Regierung, durch Überbürokratisierung aller Wirtschaftsleistungen und durch Zwangsumstellung von Rentabilitäts- auf Klimaziele zwingt die deutschen Weltkonzerne, ihre Produktion in kosten-, bürokratie- und ideologiegünstigere Länder zu verlegen, zumal diese mit Subventionen locken (USA u.a.).
Da die übrige Welt unseren Klimafanatismus nicht teilt und ihrer Industrie günstigere Bedingungen erhält, fällt der frühere Exportweltmeister Deutschland mit seinen weltführenden Industriezweigen, der Automobilindustrie, der Werkzeugindustrie und der Chemie, im internationalen Wettbewerb zurück, werden aus Exportüberschüssen wie jetzt schon durch die Energiewende durch die notwendig gewordenen Atomstromimporte aus Frankreich Außenhandelsdefizite und massive Wohlstandsverluste.
Die Zuliefererindustrie wird vom Absturz unserer Exportindustrie mitgerissen, verliert Aufträge, muss der Investitionsverlagerung der Großindustrie mit ins Ausland folgen oder in Deutschland ihre Betriebe schließen. Das Sterben der Zuliefererindustrie hat bereits begonnen.
Wenn Großwirtschaft und Mittelstand ihre günstigen Wirtschaftsbedingungen in Deutschland verloren haben und reduzieren müssen, werden auch tausende von Selbständigen in der Dienstleistung für diese Firmen ihre Aufträge und Existenz verlieren. Schon jetzt geben hunderttausende von Soloselbständigen und Berater sowie Dienstleister wegen der sinkenden Nachfrage auf, vor allem auch Neugründungen, welche für Verluste noch keine Rücklagen haben.
Das Mittelstandsinstitut Hannover schätzt, dass von unseren ca. sechs Millionen selbständigen Existenzen mehr als eine Million bis Ende dieses Jahres verschwunden sein werden und im weiteren Verlauf der Rezession noch eine weitere Million aufgeben muss.
Viele Unternehmer müssen nun lernen, dass wirtschaftlicher Erfolg nicht nur ihrer eigenen Tüchtigkeit abhängt, sondern auch, ob Regierungs-Ökonomen ihnen gute wirtschaftspolitische Voraussetzungen schaffen oder politische Narren ihre Existenzbedingungen vernichten. Die Folgen treffen nicht die Täter, sondern die Unternehmer als Opfer - wenn es sogar zum Konkurs kommt - mit 30jähriger Haftung und Totalexistenzvernichtung.
Aber auch für den angestellten Mittelstand schwindet bereits die Wohlstandsbasis: