US-Handelsbilanzdefizit kollabiert
06.06.2025 | Folker Hellmeyer
EUR/USD eröffnet bei 1,1441 (05:57 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1405 im europäischen-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 143,76. In der Folge notiert EUR-JPY bei 164,46. EUR-CHF oszilliert bei 0,9385.Märkte: Datenpotpourri nahezu perfekt, aber Eklat Trump/Musk verdirbt Performance
Die Finanzmärkte hatten gestern einen geteilten Tag. Die erste Hälfte war geprägt von zunehmender Risikobereitschaft. In dem Kontext legten Aktienmärkte zu. Der Dax markierte ein neues Allzeithoch bei 24.491 Punkten. Getragen war diese Entwicklung von einem positiven Daten- und Nachrichtenpotpourri ex Bau-PMIs (siehe unten). Die EZB senkte den Leitzins. Die Erzeugerpreise der Eurozone brachen ein. Das US-Handelsbilanzdefizit kollabierte.
Im Verlauf eskalierte die Auseinandersetzung zwischen Musk und US-Präsident Trump in eklatanter Form mit Themen wie "Impeachment Trumps (Epstein)", Gründung einer neuen Partei, Einstellung von Musks Raumfahrtprogramm und weiteren Themen. Risikoaversion war in der 2. Tageshälfte die Folge. Am Ende des Tages kam es zu zarten Entspannungen ob dieses Themas. Die Tesla-Aktie brach bis zu 17% ein, um mit einem Verlust von mehr als -14% zu schließen.
Kommentar und Fazit: Innenpolitik der USA konterkarierte die positive Marktdynamik. Haben "politische Börsen" kurze Beine?
Das Treffen Merz/Trump verlief harmonisch und diplomatisch und bietet die Chance der Öffnung verschlossener Türen. Die Agentur Reuters brachte es auf den Punkt: Freundlichkeiten dominierten, Differenzen wurden umschifft, Trump lobte Deutschland. So weit, so gut!
Aktienmärkte: Late Dax -0,09%, EuroStoxx 50 -0,30%, S&P 500 -0,53%, Dow Jones -0,25%, NASDAQ 100 -0,80%. Aktienmärkte in Fernost Stand 06:07 Uhr: Nikkei (Japan) +0,36%, CSI 300 (China) -0,12%, Hangseng (Hongkong) -0,21%, Sensex (Indien) -0,28% und Kospi (Südkorea) +1,49% (5.Juni). Rentenmärkte: Die 10-jährige Bundesanleihe rentiert heute früh mit 2,59% (Vortag 2,52%), während die 10-jährige US-Staatsanleihe eine Rendite in Höhe von 4,39% (Vortag 4,37%) abwirft.
Devisenmärkte: Der EUR (-0,0021) legte im Tagesvergleich gegenüber dem USD leicht zu. Gold (-4,50 USD) litt unter leichten Gewinnmitnahmen. Silber (+1,47 USD) lieferte eine starke Performance. Ansätze eines nachhaltigen „Catching-up“ für Silber sind gegeben. Warten wir ab! Der Bitcoin notiert bei USD 102.530 (06:11 Uhr). Gegenüber der Eröffnung am Vortag ergibt sich ein deutlicher Rückgang im Tagesvergleich um 2.500 USD.
EZB senkt um 0,25%, EZB sieht Ziel der Preisstabilität per 2025 erreicht
Der EZB-Rat senkte die Leitzinsen erwartungsgemäß um 0,25%. Der Anlagezins liegt jetzt bei 2,00% und der Refinanzierungszins bei 2,15%. Es war die achte Zinssenkung seit dem Leitzinshoch bei 4,50%. Die Verbalakrobatik der EZB wurde beibehalten. Man konstatiert seitens der EZB fortgesetzt außergewöhnlich hohe Unsicherheiten und lehnt Vorfestlegungen ab.
Kommentar: Mit dem Anlagezins bei 2% und dem Verbraucherpreisanstieg bei 1,9% liegt man nahe am realen Nullzins. Eine Zinspause im Sommer ist zunächstwahrscheinlich. Der aktuelle Einbruch der Erzeugerpreise von 1,9% auf 0,7% im Jahresvergleich als einer der Vorlaufindikatoren der Verbraucherpreise impliziert die Chance auf weitere Entspannung.
Die Volkswirte der EZB erwarten im laufenden Jahr wegen sinkender Energiepreise und durch den stärkeren EUR eine geringere Inflation im Euroraum. Die Verbraucherpreise dürften im laufenden Jahr um durchschnittlich 2,0% (März-Prognose 2,3%) zunehmen. Für 2026 rechnen die Ökonomen mit einer Inflationsrate von 1,6% (März-Prognose 1,9%). Für 2027 gehen die Experten unverändert von einer Teuerungsrate von 2,0% aus. Die Ökonomen behielten ihre Prognose fürdas Wirtschaftswachstum der Eurozone im laufenden Jahr mit 0,9% bei. Für 2026 wird ein Plus von 1,1% (März-Prognose 1,2%) vorausgesagt, das sich 2027 auf 1,3% "beschleunigen" soll.
Kommentar: Die Anpassungen spiegeln die "neuen Realitäten", so temporär sie auch sein mögen. Der Blick auf das globale Inflationsumfeld, das in immer mehr Ländern das Thema der Diskussion über Deflationsrisiken erlaubt (u.a. China und Schweiz), impliziert im globalen Umfeld mehr Raum für Zinssenkungen. Indien preschte heute mit einer unerwartet großen Zinssenkung von 6,0% auf 5,5% vor. Das gilt auch für die USA. Der positive Realzins von gut 2% am Geldmarkt ist im internationalen Kontext der Industrieländer prohibitiv hoch. Die Politik der Fed wirft Fragen auf, Fragen die US-Präsident Trump stellt.
US-Handelsbilanzdefizit kollabiert
Das US-Handelsbilanzdefizit kollabierte per Berichtsmonat April von einem Allzeithoch bei 139,3 Mrd. USD auf 61,6 Mrd. USD, den tiefsten Stand seit September 2023. Die Prognose lag bei 70,0 Mrd. USD. Die Einführung der US-Zölle im April sorgte im Vorwege der per Februar und März 2025 für massive Verzerrungen. Importe wurden aggressiv vorgezogen.
Das eklatanteste Beispiel lieferte Irland, das entscheidend für die USA bei der Versorgung mit Pharmaprodukten ist. Das BIP Irlands ist im 1. Quartal 2025 dank starker Pharmaexporte in die USA (154% Anstieg auf 34 Mrd. EUR, Anomalie wegen Zöllen nicht extrapolierbar) um 9,7% im Quartalsvergleich und 22,2% im Jahresvergleich gewachsen.