Zollfriktionen
11.07.2025 | Folker Hellmeyer
EUR/USD eröffnet bei 1,1683 (05:46 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1663 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 146,90. In der Folge notiert EUR-JPY bei 171,64. EUR-CHF oszilliert bei 0,9316.Märkte: S&P 500 und Bitcoin mit Allzeithochs
Die Finanzmärkte lieferten kein einheitliches Bild, aber markante Wendungen. Der DAX kam nach dem gestrigen Allzeithoch unter Verkaufsdruck (Gewinnmitnahmen, Zollpolitik). Der S&P 500 erreichte ein neues Allzeithoch. Gleiches gilt für Bitcoin. Der USD legte am Devisenmarkt zu, verlor aber gegenüber Gold und Silber.
Ein Grund für überwiegend freundliche US-Aktienmärkte (ex Tech) liegt in der voraussichtlich spätestens im September beginnenden US-Zinssenkungspolitik der US-Notenbank. Der Zeitpunkt für eine Zinssenkung rückt nach Darstellung der Fed-Gouverneurin Daly näher. Es sei an der Zeit, über eine Anpassung des Zinssatzes nachzudenken, sagte die Präsidentin der regionalen Notenbank von San Francisco. Sie halte zwei Zinssenkungen in diesem Jahr für ein wahrscheinliches Ergebnis.
Kommentar: Dalys Bewertung deckt sich mit unserer hier bereits zuvor geäußerten Sichtweise. Der positive Realzins (Zins abzüglich der Rate der Verbraucherpreise) am Geldmarkt liegt bei rund 2% am Geldmarkt und Kapitalmarkt. Das ist im internationalen Vergleich und auch unter historischen Gesichtspunkten prohibitiv hoch. So liegen die Sätze der Realzinses für die Eurozone am Geldmarkt bei rund 0% und am Kapitalmarkt bei knapp 0,7%. In Japan ist es förmlich abstrus. Dort liegt der Realzins am Geldmarkt bei -3,0% und am Kapitalmarkt bei –1,50%.
Zarte Unterstützung gab es zudem von der US-Datenfront (siehe unten). Arbeitslosenerstanträge fielen etwas geringer als erwartet aus.
Das Thema US-Zollpolitik bleibt Belastungsfaktor für die globale Realwirtschaft und die Finanzmärkte, denn Zollfriktionen nehmen zu. Der EU drohen neue pauschale Strafzölle (alles ab 1. August). Trump kündigte an, Abgaben von 15% oder 20% auf die meisten Handelspartner zu erheben (siehe Welt-Interview). Die EU und Kanada könnten heute entsprechende Schreiben erhalten. Für Waren aus Kanada kündigte Trump eine Abgabe von 35% an.
Kommentar: Die Amplitude der Marktreaktionen auf eskalierte US-Zollpolitik wird erkennbar geringer seit dem 1. April (Liberation Day). Für den Rest der Welt nimmt die Attraktivität zu, sich als Folge der Unberechenbarkeit der USA unabhängiger von den USA aufzustellen.
Geopolitik lastet hintergründig auf den Märkten. Die US-Haltung bezüglich der Ukraine verändert sich. Trump nimmt erstmals das Thema Waffenlieferungen an die Ukraine in seiner Agenda auf, wenn auch nur indirekt und ohne Kostenbelastung der USA. Trump kündigte Waffenlieferungen an die Ukraine über Nato-Staaten an. Die jeweiligen Nato-Staaten erwerben die Systeme (Patriot, und Mittelstreckenraketen, Volumen circa 300 Mio. USD) von den USA. Zudem will Trump sich am Montag zum Thema Russland und mögliche verschärfte Sanktionen gegen Russland äußern.
Kommentar: Die aktuellen Nachrichten implizieren einen etwas größeren Schulterschluss zischen der EU und den USA bezüglich der Konfrontation mit Russland. Vor diesem Hintergrund sinkt die Friedenschance im Konflikt Russlands mit der Ukraine.
Aktienmärkte: Late Dax -0,72%, EuroStoxx 50 -0,50%, S&P 500 +0,27%, Dow Jones +0,43%, NASDAQ 100 -0,16%. Aktienmärkte in Fernost Stand 05:57 Uhr: Nikkei (Japan) +0,03%, CSI 300 (China) +1,11%, Hangseng (Hongkong) +1,87%, Sensex (Indien) -0,23% und Kospi (Südkorea) +0,06%. Rentenmärkte: Die 10-jährige Bundesanleihe rentiert heute früh mit 2,66% (Vortag 2,63%), während die 10-jährige US-Staatsanleihe eine Rendite in Höhe von 4,37% (Vortag 4,34%) abwirft.
Devisenmärkte: Der EUR (-0,0053) sank im Tagesvergleich gegenüber dem USD. Gold (+19,00 USD) und Silber (+0,74 USD) legten gegenüber dem USD zu. Der Bitcoin notiert bei 116.820 USD (06:00 Uhr). Gegenüber der Eröffnung am Vortag ergibt sich ein Anstieg im Tagesvergleich um 5.750 USD. Bitcoin markierte eine neues Allzeithoch.
Deutschland: Bauinflation höher als generelle Inflation
Die Preise für den Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude sind per Mai 2025 um 3,2% gegenüber Mai 2024 gestiegen. Im Februar 2025 hatte der Preisanstieg im Vorjahresvergleich ebenfalls 3,2% betragen. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, erhöhten sich die Baupreise im Mai 2025 gegenüber Februar 2025 um 0,8%. Alle Preisangaben beziehen sich auf Bauleistungen am Bauwerk einschließlich Mehrwertsteuer.
Kommentar: die Entwicklung ist wenig erbaulich, da faktisch damit Neubau für Durchschnittsverdiener unerschwinglicher wird. So lösen wir die Krise bei dem Neubau bei gleichzeitigem Wohnungsmangel definitiv nicht. Es gilt, die Rahmendaten zu entspannen. Man darf sich ein Beispiel an den Niederlanden nehmen. Dort liegt die Regulierung am unteren Ende der möglichen Skala innerhalb der EU, wir liegen am oberen Rand. Manchmal sind Lösungen einfach, man muss sie nur wollen. Steht uns vielleicht Ideologie zu Lasten der Bürger und Baubranche im Wege? Hat uns Ideologie jemals gut getan?

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Eurozone: Italiens Industrieproduktion enttäuschend
Deutschland: Gemäß finaler Berechnung nahmen die Verbraucherpreise per Berichtsmonat Juni im Monatsvergleich um 0,2% und im Jahresvergleich um 2,0% zu. Beides entsprach den Prognosen und vorläufigen Werten.
Italien: Die Industrieproduktion sank Berichtsmonat Mai im Monatsvergleich um 0,7% (Prognose 0,0%, Vormonat revidiert +1,0% auf +0,9%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 0,9% (Prognose 0,2%) nach zuvor 0,1%, revidiert von 0,3%

USA: Erstanträge etwas geringer
Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich per 5. Juli 2025 auf 227.000 (Prognose 235.000) nach zuvor 232.000 (revidiert von 233.000) .
Russland: Neuer Devisen-Rekord
Die Devisenreserven lagen per 4. Juli 2025 bei 690,6 Mrd. USD nach zuvor 687,7 Mrd. USD. Damit ergab sich ein neuer Rekordstand.

Derzeit ergibt sich für den USD gegenüber dem EUR eine neutrale Tendenz.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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