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Financial Sense: Wie Stablecoins die globale Machtverteilung neu gestalten

04.09.2025
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"Wenn man beginnt zu begreifen, dass es hier ausschließlich um Sicherheiten und die Art der Sicherheiten geht, wird einem klar, dass dies zu einer permanenten Nachfrage nach Sicherheiten führt. Und die wichtigsten Sicherheiten sind dabei natürlich Staatsanleihen."

Stablecoins schaffen durch die Verpflichtung der Emittenten, Staatsanleihen als Reserven zu halten, eine anhaltende und wachsende Nachfrage nach US-Schulden. Aber es gibt noch mehr: die Rückführung von Sicherheiten. Im alten System profitierten ausländische Inhaber von Staatsanleihen (wie China) von den Zinsen und Steuervorteilen; jetzt, da die Deckung von Stablecoins zunehmend im Inland gehalten wird, kommen diese Vorteile den USA zugute.

"Stellen Sie sich nun ein Szenario vor, in dem 90% der Vermögenswerte, die den internationalen Float des Dollar absichern, nun in den USA statt in Chinas Bilanz stehen. Plötzlich ist das ein wirklich großer Vorteil für die USA, denn alle Zinsarbitragen, die China zuvor erzielt hätte, werden nun wohl im Inland besteuert."

Dies, so argumentiert Kaminska, sei eine subtile, aber wirkungsvolle Form der finanziellen Repression - indem der private Sektor, nicht nur Banken, sondern auch Emittenten und Inhaber von Stablecoins, zum Käufer von Staatsschulden gemacht werde. Dennoch sei dies "nicht so offensichtlich wie die Anweisung oder Verpflichtung der Banken, Ihre Anleihen zu kaufen". Stattdessen würden Arbitragemöglichkeiten und regulatorische Anreize diese Aufgabe freiwillig übernehmen.


Die Mechanismen

Das Geniale am US-amerikanischen Ansatz, so Kaminska, sei, dass er sich der Regulierung bediene, um sicherzustellen, dass Stablecoins ihre Verbindlichkeiten mit hochwertigen inländischen Sicherheiten unterlegen. Der GENIUS Act gehe noch weiter und schaffe eine neue Super-Senior-Tranche in der Gläubigerhierarchie für von Banken ausgegebene Stablecoins.

Diese Bestimmung, erklärt sie, sei "einer der umstrittensten Teile der Gesetzgebung gewesen. Die Banken waren sehr dagegen." Aber ihre Auswirkungen sind potenziell transformativ: Für Banken, die Stablecoins ausgeben, haben Stablecoin-Inhaber nun Ansprüche, die im Falle einer Bankeninsolvenz sogar vorrangig vor denen von vorrangigen Anleihegläubigern sind.

"Einleger werden sehr wahrscheinlich zu Stablecoins wechseln, wenn diese von Banken ausgegeben werden. Denn warum sollte man eine Bank zu schlechteren Konditionen finanzieren, wenn man das nicht muss?"

Dies schafft einen starken Anreiz für Banken, Stablecoins auszugeben - und für Einleger, diese gegenüber traditionellen Einlagen zu bevorzugen. Es handelt sich um eine Form der Abschirmung des Transaktionsfloats - des für Zahlungen verwendeten Geldes -, die sicherstellt, dass es vollständig gedeckt und geschützt ist, wodurch die Finanzstabilität erhöht wird.

Eine weitere wichtige Debatte dreht sich um die Fungibilität: Können Offshore-Stablecoins (wie Tether mit Sitz in El Salvador) als gleichwertig mit Onshore-Coins behandelt werden, die den Genius-Vorschriften entsprechen? Kaminska merkt an, dass nach ihrer letzten Analyse "Unklarheit darüber bestand, ob Offshore-Stablecoins […] als fungibel mit Onshore-Coins angesehen werden können". Das Ergebnis dieser Debatte hat erhebliche Auswirkungen auf die globale Reichweite der US-Regulierungsbefugnisse.


Stablecoins als Rettungsboot: Den Wandel meistern

Kaminska achtet darauf, Stablecoins im größeren Kontext eines monetären Wandels zu betrachten. Sie beschreibt sie als "Rettungsboot", das dem System hilft, "von dem nach 2008 vorherrschenden hyperskalierten System zu einem System überzugehen, das zwar fragmentierter, aber transparenter sein wird". Ihrer Ansicht nach sind Stablecoins nicht nur eine Innovation im Zahlungsverkehr, sondern eine Brücke zu einem neuen, nachhaltigeren Modell der globalen Finanzwirtschaft.

Die programmierbare Natur und die Blockchain-basierte Infrastruktur von Stablecoins bedeuten auch, dass sie durch eine Vielzahl von Vermögenswerten gedeckt werden können - nicht nur durch Staatsanleihen, sondern auch durch Unternehmensanleihen, Gold und sogar Kryptowährungen wie Bitcoin. Diese Flexibilität könnte zu weiteren Innovationen in der Struktur und Verwendung von Geld weltweit führen.

Gleichzeitig räumt Kaminska ein, dass die zugrunde liegende Technologie komplex ist und dass "die Nutzer nicht unbedingt verstehen, dass eine Stablecoin über verschiedene Arten von Schienen transportiert werden kann und jede Schiene... unterschiedliche Nachteile und Vorteile hat". Für Banken ist der Reiz jedoch klar: Sie können "die verfügbare und kostengünstige öffentliche Infrastruktur für Zahlungen nutzen" und die Kosten und Komplexität an den privaten Sektor und Spekulanten auslagern.


Die Dollar-Megastruktur: Eine neue Ära des globalen Geldes

Kaminskas Kernthese lautet, dass Stablecoins die Einführung einer neuen "Dollar-Megastruktur" darstellen - einer Struktur, die auf Blockchain-Technologie basiert, aber die Dominanz des US-Dollars stärkt und ausweitet. Der Genius Act, der eine 100%ige Reserveunterlegung mit US-Staatsanleihen oder gleichwertigen Wertpapieren vorschreibt, steht im Mittelpunkt dieser Strategie

"Damit soll sichergestellt werden, dass der Dollar seine Rolle als Reservewährung im internationalen Zahlungsverkehr behält, solange Stablecoins international weiter an Bedeutung gewinnen."

Diese neue Megastruktur hat laut Kaminska tiefgreifende Auswirkungen:

• Es schafft eine anhaltende, vom privaten Sektor getriebene Nachfrage nach US-Staatsanleihen und unterstützt damit die Finanzierung der Regierung.

• Es internationalisiert den Dollar auf eine Weise, die effizienter und transparenter ist als das alte Eurodollar-System.

• Es gibt der US-Regierung neue Instrumente zur Regulierung und Besteuerung der globalen Verwendung ihrer Währung an die Hand.

Entscheidend ist, dass all dies ohne die Notwendigkeit einer von oben verordneten, staatlich vorgeschriebenen digitalen Währung geschieht. Stattdessen nutzt die USA Marktkräfte, regulatorische Anreize und technologische Innovationen, um ihre monetäre Vorrangstellung zu stärken.


Fazit: Der tote Winkel am geldpolitischen Horizont

Aus Sicht von Kaminska ist der Übergang von CBDCs zu Stablecoins nicht nur eine technologische Wende, sondern eine strategische Neukonzeption von Geld, Staatskunst und globaler Finanzstabilität. Die "Rettungsboote" der Stablecoins tragen die Welt durch eine Übergangsphase und schließen die Lücke zwischen dem alten, fragmentierten System und einem neuen, das sowohl sicherer als auch transparenter ist.

Sie warnt jedoch, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist. Es bleiben Fragen offen hinsichtlich der Fungibilität von Onshore- und Offshore-Stablecoins, der letztendlichen Auswirkungen auf die Stabilität des Bankwesens und der geopolitischen Folgen einer Welt, die immer stärker von dollarbasierten digitalen Vermögenswerten abhängig ist.

Für diejenigen, die die wahre Dynamik des monetären Wandels verstehen wollen, bleibt Kaminskas "The Blind Spot" eine unverzichtbare Lektüre. Wie sie selbst sagt "Ich versuche, einen wöchentlichen Newsletter zu schreiben, der sich hauptsächlich mit Finanzen befasst, aber auch mit der Schnittstelle zwischen Finanzen und Geopolitik. Und im Moment konzentrieren wir uns wirklich auf diese Art von Übergang, diesen monetären Übergang und was damit zusammenhängt."

In einer sich schnell verändernden Landschaft erinnert uns ihre Arbeit daran, dass die wahre Revolution im Geldwesen nicht dort stattfindet, wo die meisten Menschen hinschauen, sondern in den blinden Flecken, wo alte Strukturen still und leise für ein neues digitales Zeitalter neu aufgebaut werden.


© Financial Sense
www.financialsense.com



Der Artikel wurde am 21. August 2025 auf www.financialsense.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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