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Platin – Vom Katzentisch zum Festmahl der Kapitalmärkte

06:26 Uhr  |  Hans Jörg Müllenmeister
Ein unterschätztes Metall

Platin – das ewige Stiefkind unter den glänzenden Geschwistern. Schon im 16. Jahrhundert begegneten ihm die spanischen Konquistadoren mit Spott: "Platina", das kleine Silberchen, nannten sie es, ein lästiger Beifang beim Goldwaschen, unreif und wertlos. Auch im Zarenreich blieb sein wahres Wesen lange verhüllt. Der russische Rubel unter Nikolaus I. war die erste Platinmünze der Welt – doch als "schmutziges Silber" verkannt, wurde er massenhaft eingeschmolzen, als hätte man den Sternenstaub selbst missachtet.

So sitzt Platin bis heute oft abseits der edlen Artusrunde am Katzentisch, während Gold und Silber die Hauptrollen spielen. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: dieses Metall trägt schwer an seiner Bedeutung. Ein 10‑Liter‑Eimer voll Platin bringt stolze 214 Kilogramm auf die Waage – Gold wirkt daneben fast wie ein Leichtgewicht. Und seine Fähigkeiten sind nicht nur physisch gewichtig: In der Hochtechnologie, in der Medizin, in der Katalyse entfaltet Platin ein Talent, das kein anderes Edelmetall zu imitieren vermag.

Während Gold fast überall auf der Erde zu finden ist, bleibt Platin ein seltener Schatz, verborgen in wenigen geologischen Nischen. Denn Platin ist kosmischer Herkunft – geboren in Supernovae, geformt in den Schmelzöfen der Sterne. Als Bote aus dem All traf es auf die junge Erde und sank größtenteils in den Erdkern. In der Erdkruste ist es nur als Spurenelement vorhanden, kaum 0,005 ppm; ein ppm entspricht zum Beispiel einem Milligramm pro Liter Wasser. Platin, das wir heute gewinnen, stammt aus magmatischen Lagerstätten oder wurde durch Meteoriten erneut auf die Erde getragen – ein Geschenk des Kosmos, das sich in winzigen Konzentrationen verbirgt.


Platin – der unterschätzte sichere Hafen

Platin ist nicht nur selten, es ist exklusiv. Während Gold in fast jedem Winkel der Erde glänzt, konzentrieren sich abbauwürdige Vorkommen auf wenige Regionen: den gewaltigen Buschveld‑Komplex in Südafrika, die Weiten Russlands, ein Hauch Kanada. Meist tritt es nicht „reinrassig“ auf, sondern im Familienclan der Platingruppe – verbunden mit Palladium, Iridium, Osmium (dem schwersten aller Metalle), Rhodium und Ruthenium.

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit suchen Anleger nach Stabilität. Gold ist der historische Leuchtturm, doch Platin ist das unterschätzte Bollwerk. Es vereint die Aura des Edelmetalls mit der praktischen Unverzichtbarkeit in Technologie und Medizin. Wer Platin hält, hält nicht nur Glanz, sondern Substanz – ein wehrhafter Schutzschild gegen Inflation, Krisen und die Launen der Märkte.


Die absolute Seltenheit

1843 entdeckte man im Ural den größten bekannten Brocken gediegenen Platins: über 9,6 Kilogramm schwer, zu 95% reines Platin. Dieser "Ural‑Riese" – ein Nugget von kosmischer Würde – blieb nicht als Schaustück erhalten. Heute würde selbst der Kreml diesen Giganten nicht für ein Mehrfaches seines Metallwerts hergeben, zumal die Papierwährungen gegen den inneren Wert Null streben.

Die Verarbeitung der Platinfamilie ist extrem teuer. Um eine einzige Unze hochreines Platin zu gewinnen, müssen bis zu zehn Tonnen Erz durch einen monatelangen Prozess veredelt werden. Die bedeutendsten Lagerstätten liegen in Südafrika und Russland – geologische Schatzkammern, die Platin wie einen hoch seltenen Farbdiamanten hüten.


Platin versus Gold

Platin ist rund 30‑mal seltener als Gold. Das historische Gold‑Platin‑Ratio pendelt zwischen Überbewertung und Vergessenheit. Oft notiert Platin günstiger als Gold – ein Paradoxon, bedenkt man seine industrielle Bedeutung weit über die Schmuckvitrine hinaus. Für den wachen Anleger ist dieses Ratio ein Signal: Hier liegt ein Edelmetall, das preislich im Schatten steht, aber substantiell im Licht glänzt.


Die Beißprobe und der Platinstaub

Gold hat seit Jahrhunderten seine volkstümliche Echtheitsprobe: man beißt hinein, und die weiche Spur verrät den Wert. Doch bei Platin versagt dieser Test kläglich. Härter, zäher – ein Biss hinterlässt nichts als schmerzende Zähne. Platin bleibt unbeugsam, ein Sinnbild für innere Stärke.

Feiner Goldstaub tanzt im Licht, flirrt beim leisesten Lufthauch davon. Platinstaub dagegen bleibt liegen, unbewegt, schwer wie ein Versprechen. Für Anleger ist dieses Bild mehr als Physik – es ist Metapher für Beständigkeit und Substanz.



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