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Alptraum: das entfesselte Wachstum

07.04.2008  |  Hans Jörg Müllenmeister
Erinnern Sie sich an die mächtigen Landesfürsten im Mittelalter? Sie betrogen ihre Bürger mit Schinderlingen, also mit Silbermünzen, denen sie immer mehr unedle Metalle zusetzten. Das war noch guter alter hausbackener Betrug. Die Fälscher von einst sind uns erhalten geblieben. Heute geschieht die "Wertfestsetzung" nebst allen Tricks und Betrugsmanövern subtiler und gerissener aus der Clique der Hochfinanz im großen Stil. Dieses nebulöse Netzwerk ermöglicht der selbsternannten Finanzelite astronomische Gewinne, während "man" von oben die Verluste über die Politik gerecht auf alle Steuerzahler verteilt. Und schon bald schallen die Hufe der apokalyptischen Pferde einer galoppierenden Inflation! Das gigantische Umverteilen von arm zu reich ist voll im Fluß, während die Investmentbanken und Hedge-Fonds sich vergnüglich die Taschen vollstopfen.

Da gibt es nur noch ein menschliches Problem: Die meisten Bücher über Wirtschaft und Finanzen sind redundanter Informationsmüll. Gleichwohl ist die Informationsfülle durch neu erscheinende Bücher milliardenfach größer als die Änderungsrate unserer biologisch festgelegten DNS. Während wir zwangsläufig immer fehlinformierter werden, schleppen wir unsere Ur-Instinkte und Aggressionen der Höhlenmenschen immer noch mit uns herum.

In dem Maße wie die Menschheit ihr Wissen vergrößerte, wuchs seit 200 Jahren auch deutlich die Weltbevölkerung  alle 40 Jahre eine Verdoppelung. Das moderate Wachstum über Jahrtausende hat sich zu einem Alptraum ausgewachsen. Die zweibeinige "Biomasse" Mensch ist exponentiell auf über 6,4 Mrd. angeschwollen. Das kann sich nicht ungebremst fortsetzen, sonst würde es auf dem Erdball in 600 Jahren nur noch Stehplätze geben und unser Energieverbrauch die Erde zum Glühen bringen. Wir sind natürlichen Wachstumsprozessen mit Exponential-Charakter hilflos ausgeliefert. Die Gefahr der Eskalation erkennen wir nicht rechtzeitig. Anfangs ignorieren wir derartige Wachstumsmonster.

Der Zinseszinseffekt ist in der Tat eine selbstgewählte Geißel der Menschheit. Wir sind ungeduldig und sind in unserem Dasein in Raum und Zeit begrenzt. Dieses Bewußtsein führt zu sehnsüchtigen Spekulationen. Damit wir uns Dinge der Zukunft schon jetzt leisten können, zahlen wir einen hohen Tribut: eben den Zins mit Zinseszins. Genau das ist auch der Pferdefuß aller verschuldeten Staaten, die über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse leben. Wir unterschätzen den Zinseszins-Effekt als Wachstumsmonster, weil wir für die ins Gigantische laufende Funktion keinen Sensus entwickeln konnten.

Hier ein bekanntes Beispiel für die positive Seite des Zinseszinzmonsters, das unser Kapital als Guthaben anwachsen läßt. Nehmen wir an, Jesus hätte einen Cent bei seiner Bank auf die hohe Kante gelegt, und zwar mit einer 3%igen Verzinsung. Gehen wir davon aus, dass seit gut 2.000 Jahren diese Bank nicht Pleite gegangen wäre, dann wäre heute dieser Jesus-Cent auf ein Kapital in Quadrillionenhöhe angeschwollen. Sämtliche Notenbanken der Welt könnten nie und nimmer das fällige Kapital auszahlen. Schon die heutigen Summen sind nie und nimmer mehr rückzahlbar. Allein das zeigt: von Zeit zu Zeit müssen einfach Crashs, Währungsschnitte und Inflationen her - wie ein ehernes Naturgesetz. Diese Einschnitte sorgen für das Zurückschneiden des Wildwuchses an Zinskapital auf Null und damit für eine Tabula rasa am Kapitalmarkt.

Ein gefährlicheres Experiment mit desaströsem Ausgang geht gerade mit dem Papiergeld in die Schlußrunde. Es ist das von der Realwirtschaft abgekoppelte Monstrum, das durch den Zinseszinseffekt in galaktischen Höhen schwebt. Gemeint sind die aufgestauten Weltschulden. Gerade befinden wir uns auf dem steilen Funktionsast, der uns zwangsläufig ins Finanzchaos stürzt. Die Blase der Weltschulden steht vor dem Platzen. Nach dem angenommenen Zusammenbruch um 2011 gibt es nur ein Mittel den singulären Punkt zu überwinden: das gelbe Metall. Der philosophische Leitgedanke Descartes "Cogito ergo sum - "Ich denke, also bin ich" verkommt im Rausch unserer Spekulation zu "Ich spekuliere, also bin ich". Das bewußte Ausspähen des Kapitals nach gewinnbringenden Gelegenheiten besteht seit Anbeginn der Menschheit, ja es gehört geradezu zur Strategie der Überlebenskunst.

Weitere Finanzmonster wie die Pensionsfonds drohen schon in diesem Jahr zusammen zu brechen. Die kapitalfinanzierte Rente stößt viele Menschen in den sozialen Abgrund. Milliardenschwere Dollarspritzen der US-Zentralbank sind wirkungslos verpufft. Während die Erträge der Pensionsfonds einbrechen, drängen zudem geburtenstarke Jahrgänge in den Ruhestand. Die Einkünfte gehen drastisch zurück. Doch die Zahl der Einzahlenden nimmt ab, die Zahl der Auszahlungsberechtigten nimmt zu. Zusätzlich bricht die Wertsteigerung aus den Anlagevehikeln ein. Die Schlagworte 2008 heißen Bankeninsolvenz und Kapitalvernichtung. Das Lauffeuer der Crashs an den weltweiten Börsen zündelt Riesenlöcher ins Kapital der Pleitegeier-Pensionsfonds. Die aktuelle Finanzkrise wird daher massiv die Rentenansprüche schmälern. Zum Beispiel erwirtschaften US-Pensionsfonds 64% ihrer Einkünfte mit Erträgen aus Kapitalanlagen; die verbleibenden 36% übernehmen die Versicherten und ihre Arbeitgeber. Das üble Gebräu aus schrumpfender Wirtschaft und steigenden Preisen, also die Stagflation, macht sich in den USA breit. Der US-Realwirtschaft droht der Kollaps.

Die wurmstichig gewordene Mickymaus-Währung erhöht das Risiko, dass Israelis und Amerikaner den iranischen Nuklearanlagen einen atom/bombigen Besuch abstatten. Das wäre ein taktisches Ablenkungsmanöver für das bellizistische Tandem Bush-Cheney, während daheim die Wirtschaft zusammenbricht. Durch Kampfhandlungen im Iran wäre eine Blockade der Schifffahrtsstraße von Hormus nicht auszuschließen. Dazu würden wenige Schiffswracks der US-Navy genügen, um das Nadelöhr für große Öltanker unpassierbar zu machen. Die prompte Kettenreaktion wäre: ein Minderangebot auf dem Öl-Spotmarkt und damit ein explodierender Ölpreise auf weit über 200 Dollar/Barrel, rapider Verfall des US-Dollar und ein exorbitant hochschnellender Goldpreis! Auch eine Offensive der Taliban im Süden von Afghanistan ist nicht auszuschließen. Müssen denn unbedingt an vorderster Front die Deutschen mit-micheln, gleich neben dem Pulverfass zum benachbarten Pakistan? Genügt es nicht, dass wir unser Land am Hindukusch verteidigen? Soll jetzt auch das gesegnete Land einbezogen werden - entsprechend einer merkelwürdigen Rede vor der Knesseth?




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