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Die Aussagekraft von Relationen zwischen Preisen und Indices

01.07.2008  |  Dr. Dietmar Siebholz
Seitdem es Börsen gibt, versucht die Menschheit, sich durch die Beurteilung von Gütern, Preisen und deren Relationen untereinander ein Bild über den vergleichbaren Zustand und mögliche Zukunftsaussichten zu machen; das ist wegen der Vielzahl der auf Preise und Tendenzen einwirkenden Faktoren auch verständlich. Erst die Computerisierung hat es geschafft, mit Hilfe dieser hilfreichen "Ratios" - wie sie unsere englischsprachigen Freunde nennen - zu aussagekräftigen Interpretationen zu gelangen. Für mich sind zum Beispiel die großen Chartbilder (nicht die tägliche Interpretation jeder noch so kleinen Bewegung) und die Beobachtung dieser Ratios von extremer Bedeutung.

Eine dieser Relationen ist schlicht der Gold- und in etwas reduziertem Umfang der Silberpreis. Was sie aufzeigen, ist schlicht der Gesundheitszustand der Währungen. Es ist also nicht der Anstieg des Goldpreises an sich, der aufhorchen lässt, sondern der daraus abzuleitende Verfall der Währungen.

Uwe Bergold, den ich sehr schätze, hat dies schon vor Jahren auf einen Nenner gebracht: Es ist die Definition des Nenners, der alle Statistiken durcheinander bringt. Das Beispiel des Preises eines hochwertigen Herrenanzuges ist hier Maßstab: Im Jahre 1800 kostete ein Herrenanzug höchster Qualität eine Unze Gold, also damals an die 20 US$; der Preis heute? Ja, ca. 900 bis 1.000 US$; eo ipso: Eine Unze Gold. Es ist nicht der Anzug, der teurer geworden ist, sondern die Höhe des Verfalls der Währung, in der der Preis für den Anzug gemessen wird.

Aus dieser Erkenntnis ziehen sich jetzt auch weitere Erkenntnisse, die immer mehr zu beachten wären, also die Öl-Gold-Ratio, die Gold-Silber-Ratio, die US$-EURO-Ratio und natürlich auch die Relationen aller anderen Währungen untereinander.

Kürzlich auf einer Podiumsdiskussion in Köln wurde ich gefragt, ob ich eine Prognose für die Zukunft abgeben könne. Ich antwortete sybellinisch und zitierte Mark Twain mit dem Hinweis, "dass Prognosen immer dann schwierig sind, vor allem, wenn sie die Zukunft beträfen.". Konkret teilte ich der Zuhörerschaft aber mit, dass nach meiner Auffassung und gemäß meiner subjektiven aktuellen Wahrnehmungen bereits jetzt die ersten Erschütterungen für sensiblere Naturen festzustellen seien, die dann das drohende Erdbeben der San-Franciso-Stärke (im Jahre 1906) signalisierten.

Diese Erschütterungen - wie ich es meine - sind Verzerrungen der Ratios untereinander. Je größer und unverständlicher diese sind, umso gefährlicher werden sie für die Weltwirtschaft.

Ich will Ihnen im Folgenden kurz meine eigenen Rückschlüsse mitteilen, die ich aus diesen Ratios und deren Verspannungen gezogen habe. Verspannungen sind im Übrigen bei jedem Erdbeben die Voraussetzung für solch ein Beben: Teile der Erdkruste verschieben sich vertikal oder horizontal, verklemmen sich bis zu einem Punkt, wo der aufgestaute Druck dann die gegeneinander verspannten Erdplatten blitzartig verschiebt. Ein solches Erdbeben, auch wenn es in Deutschland sehr selten vorkommt, ist immer wieder ein imponierendes aber auch einschüchterndes Ereignis. Ich erlebte das letzte im Raume Stuttgart ich glaube im Jahre 1972, als auch ein Teil der Hohenzollernburg in Hechingen einstürzte, später öfter in Zypern, wo man es dann schon gelassener hinnahm.

Irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl, dass uns solch ein Ereignis bevorsteht und ich schöpfe die Überzeugung aus der Beobachtung der Ratios, also unserer wirtschaftlichen Erdplatten, die sich durch die Einflussnahme der politisch und wirtschaftlich Handelnden in unverantwortlicher Weise so extrem verscho-ben haben.

Zu diesen Verschiebungen zähle ich besonders das Starren auf die Zinsen, die in den jeweiligen Wirtschafts- und Währungsblöcken von den Notenbanken dekretiert werden und damit auch deren Einfluss auf die Ratios zu anderen Währungen. Sind denn die Menschen so oberflächlich oder so manipuliert, dass sie wegen eines geringen Zinsanstiegs von sagen wir einmal 0,5% eine Schrottwährung zur Aufbewahrung ihrer Ersparnisse wählen? Man könnte das fast meinen, weil es überall wiederholt so kolportiert wird.

Welche Währungs-Ratios sind zu beachten? Ich meine zuerst die Ratios zwischen rohstoffreichen und rohstoffarmen Ländern, also Australien, Kanada, Brasilien und wenn es ihn denn gäbe, den Dirham der Golfstaaten auf der einen und den US$, den Euro, sowie den Yen auf der anderen Seite. Dann die Ratios der Weltwährungen $, EURO und Yen untereinander, also die Ratio der Export- und Importweltmeister. Wichtig ist auch die Ratio der führenden Währungen gegenüber dem Schweizer Franken. Lassen Sie mich meine Bewertung zusammenfassen: Mich erstaunt die Schwäche des Dollars nicht; er gehört in den Orkus, aber die Stärke des Euros ist wohl unverständlich, bloß wegen der höheren Zinsen? Als man mich vor mehr als zehn Jahren zu meiner Auffassung zum Euro (damals noch EWS-Einheit genannt) fragte, nahm ich Zuflucht zu einem Vergleich.

Ich fragte den Fragesteller folgendes: "Angenommen in Ihrem Hause hätte eine heiße Party mit 15 Nachbarn stattgefunden. Am nächsten Tage hätten dann Ihre Frau und Sie die leeren oder halb leeren Gläser gesammelt und die Reste - also dort ein wenig Champagner, dort ein Altbier, etwas Prosecco, ein bisschen Genever, Reste von Weiß- und Rotwein und Reste von irischem Guiness-Bier - in einem Behälter geschüttet. Nun frage ich Sie, würden Sie diese Mixtur für gut befinden und diese dem EURO so ähnliche Mixtur mit Begeisterung trinken?" Ich glaube, es wird an der Zeit, sich wieder auf eine Getränkesorte zu konzentrieren, und wenn wir schon das deutsche Bier nicht mehr so (relativ) rein bekommen können, wie wir es ehedem hatten, dann lasst uns lieber die Milch aus Helvetien trinken. Die ist wesentlich gesünder. Die Euro-Franken-Ratio sagt dazu nichts aus; gerade das ist aber die Verspannung, die ich meine.




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