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Geld

24.09.2008  |  Mag. Gregor Hochreiter
Wir benutzen es tagtäglich und dennoch - oder vielleicht gerade deswegen - ist der Weg der Geldtheorie gepflastert mit zahlreichen Irrtümern und Fehlschlüssen. Diese halten sich nach wie vor hartnäckig und haben speziell seit dem Aufkommen der neo-klassischen Gleichgewichtstheorie und dem auf makroökonomischen Aggregaten fußenden Keynesianismus weite Teile der Wirtschaftswissenschaft ins trüben Wasser geldtheoretischer Irrungen und Wirrungen navigiert. Mit fatalen Folgen. Gerade weil das Geld als integraler Bestandteil einer ausdifferenzierten und arbeitsteiligen Wirtschaft von einer Hand zur nächsten zirkuliert und dadurch zwischenmenschliche Beziehungen wie persönliche Zielsetzungen maßgeblich beeinflußt, gebiert ein falsches Verständnis über die wesentlichen Eigenschaften des Geldes mehr noch als viele andere ökonomische Fehl- und Trugschlüsse gravierende ökonomische und gesellschaftliche Verwerfungen.

Von dieser Kritik auszunehmen ist hingegen die Wiener Schule der Ökonomie. Auf den geldtheoretischen Einsichten von Carl Menger und von Ludwig von Mises aufbauend zählt sie heute zu jenen in die Defensive geratenen ökonomischen Denkrichtungen, die eine metallistische Geldtheorie vertreten. Die ersten Vorläufer dieses auch unter dem Begriff Warengeldtheorie bekannten Ansatzes formulierte im ausgehenden Hochmittelalter Jean Buridan de Bethune (1300-1358). In Opposition zur staatlichen Theorie des Geldes, deren wichtigster Vertreter im ausgehenden 19. und beginnenden 20.Jahrundert ein gewisser Georg Friedrich Knapp war, betont sie, daß sich das Geld als allgemein akzeptiertes Tauschmittel im Marktprozeß aus den freiwilligen Tauschakten der Menschen herausbildet. Damit steht die Wiener Schule der heutigen Form der staatlichen Geldproduktion durch die Zentralbanken äußerst skeptisch gegenüber und unterscheidet sich darin fundamental vom Keynesianismus und Monetarismus.

Klassischerweise werden dem Geld drei Funktionen zugeschrieben; die Tauschfunktion, die Wertaufbewahrungsfunktion und die Wertmeßfunktion, wobei die Tauschmittelfunktion vorrangig und als definitorisches Charakteristikum zu werten ist. Zur Herleitung dieser Einsicht betrachten wir zunächst den direkten Tausch Gut gegen Gut in einer geldlosen Naturalwirtschaft. Zur Realisierung eines direkten Tauschaktes ist die gleichzeitige Erfüllung von zwei Bedingungen vonnöten: erstens die Gegenläufigkeit der Präferenzen, d.h. Tauschpartner A zieht das vom Tauschpartner B angebotene Gut dem in seinem Besitz befindlichen Gut vor und umgekehrt. Zweitens die Gegenseitigkeit der Wünsche; A fragt in Qualität und Quantität genau jenes Gut nach, das B anbietet und umgekehrt. Es liegt auf der Hand, daß diese beiden Bedingungen nur im Ausnahmefall erfüllt sind. Ein Bäcker, der einen Laib Brot für ein Kotelett eintauschen möchte, muß auf einen Bauern treffen, der einen Laib Brot im Austausch für ein Kotelett erwerben möchte. Die unterschiedliche Teilbarkeit der Güter erschwert die direkten Tauschhandlungen noch zusätzlich. Bringt der Bauer nämlich ein Stück Lebendvieh auf den Markt, aus dem sich nur schwerlich ein einziges Kotelett herausschneiden läßt oder ist der Bäcker nicht willens oder fähig, jene Menge Brot dem Bauern anzubieten, die er für das gesamte Rind verlangt, kommt der Tausch nicht zustande. Die engen Grenzen des direkten Tausches hemmen die Arbeitsteilung und behindern somit die Mehrung des materiellen Wohlstands über ein geringes Ausmaß hinaus.

Die Herausbildung eines allgemein akzeptierten Tauschmittels, das wir kurz gefaßt mit dem Begriff Geld bezeichnen, überwindet die wohlstandsbeschränkende Hürde des direkten Tausches. Im Zuge ihrer täglichen Beschaffungen bemerken die Menschen, daß sich bestimmte Güter einer höheren Absatzfähigkeit (Carl Menger) erfreuen. Die höhere Absatzfähigkeit läßt folglich auch Menschen dieses Gut nachfragen, obwohl sie keine direkte Verwendung dafür haben. Dieses Gut ist nur deshalb für sie wertvoll, weil sie wissen, daß sie es jederzeit gegen andere Güter eintauschen können.

Der indirekte Tausch unter Zuhilfenahme des Geldes erleichtert die Tauschakte ungemein. Der Bäcker muß nun nicht mehr nach einem brotnachfragenden Viehbauern Ausschau halten, sondern bloß nach einem Käufer für sein Brot. In einem zweiten Schritt geht der Bäcker zum Bauern und kauft sich sein Kotelett. Kauf und Verkauf sind somit Sonderformen des Tausches und zwar des Tausches für bzw. gegen Geld.

Mit Nachdruck betont Carl Menger in seinen Grundsätze der Volkswirthschaftslehre die Herausbildung des Geldes im Marktprozeß zum Vorteil aller Beteiligten:

"Das Geld ist kein Product des Uebereinkommens der wirthschaftenden Menschen, oder gar das Product legislativer Acte. Das Geld ist keine Erfindung der Völker. Die einzelnen wirthschaftenden Individuen im Volke gelangten allerorten mit der steigenden Einsicht in ihre ökonomischen Interessen zugleich auch zu der nahe liegenden Erkenntniss, dass durch die Hingabe minder absatzfähiger Waaren gegen solche von grösserer Absatzfähigkeit ihre speciellen ökonomischen Zwecke um einen bedeutenden Schritt gefördert werden und so entstand das Geld an zahlreichen von einander unabhängigen Culturcentren mit der fortschreitenden Entwicklung der Volkswirthschaft." (S. 260)

Geld trägt damit entscheidend zur engeren Verknüpfung der gesellschaftlichen Bande bei. Als Tauschmittel ist das Geld daher auch niemals Endzweck des menschlichen Handelns, sondern immer Mittel zum Zweck.

Es liegt auf der Hand, daß sich nicht jedes Gut gleichermaßen als Geld eignet. Bestimmte Eigenschaften wie die bessere Transportierfähigkeit, eine vorteilhafte Kaufkraft, die leichte Teilbarkeit, eine hohe Einheitlichkeit und eine lange Haltbarkeit sind für die Erfüllung der von einem Tauschmittel verlangten Aufgaben besonders zweckdienlich. Darum haben in den unterschiedlichen Kulturkreisen zunächst verschiedene Güter die Funktion des Geldes übernommen und zwar jene, die in den Augen der Menschen sich am besten als Geld geeignet haben: Kabeljau in Island, Federn in Mexiko, Tabak in Virginia, Zucker auf den Karibischen Inseln, Datteln in Oasen, Zigaretten in Gefängnissen, Edelmetalle in vielen Regionen. Die Internationalisierung der Handelsströme löste sodann unter den zahlreichen Tauschmittel einen weltweiten Wettbewerb um die Gunst der Marktteilnehmer aus, den die beiden Edelmetalle Silber und Gold für sich entschieden. Deswegen standen Währungsbezeichnungen wie Dollar, Pfund und Mark ursprünglich für eine bestimmte Menge Gold oder Silber mit einem festgeschriebenen Feingehalt. So entsprachen 20 USD einer Feinunze Gold und eine Kölner Mark 233,856g Silber. Der Warencharakter des Geldes hat auch in einigen Sprachen Niederschlag gefunden. Die Wurzel des lateinischen Wortes für Geld pecunia geht auf pecus = das Vieh zurück. Die indische Währungsbezeichnung Rupie leitet sich von rupa = Viehherde ab und das altfriesische "sket" und das altslawische "skotu" bedeuten beide Vieh und Geld.


Die Geldproduktion

Wie bei jedem anderen Gut erfolgt die Geldproduktion nach betriebswirtschaftlichen Rentabilitätsüberlegungen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Geldproduktion nicht von der Produktion anderer Güter. Die Gewinnerwartung steuert die Produktionsmenge und läßt bei einem Warengeld eine leichte Zunahme der Geldmenge erwarten. Derartige Veränderungen der Geldmenge haben keinerlei Auswirkung auf den Wohlstand der Gesellschaft, denn dieser hängt von der Sparneigung der Gesellschaft ab. Ebenso unerheblich für die Wohlstandsentwicklung einer Gesellschaft ist der Umfang der Geldmenge. In Of Interest (1758) hält David Hume fest, daß eine Vervielfachung des Geldangebots keine Mehrung des Wohlstands zur Folge hat, sondern bloß das Preisniveau ansteigen läßt. Die vorhandene Gütermenge kann bei jeder Geldmenge restlos verkauft werden, da sich die Preise an die Geld- und Gütermenge anpassen und das Preisniveau nichts über den Wohlstand einer Gesellschaft aussagt.

Weiters darf nicht vergessen werden, daß das neu gewonnene Gold und Silber nicht unbedingt als Geld verwendet werden muß. Weil der monetären Verwendung eines Gutes immer die industrielle Verwendung vorausgeht, wie das von Ludwig von Mises in seiner Theorie des Geldes und der Umlaufmittel (1912) aufgestellte Regressionstheorem darlegt, ist es durchaus denkbar, daß die zusätzliche Produktionsmenge oder zumindest Teile davon, der industriellen Verwendung zugeführt werden.




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