In den Abgrund starren (Teil I)
26.01.2012 | John Mauldin
- Entscheidungen, Schulden und das Endspiel
- In den Abgrund starren
- Eine unbeabsichtigte (und sehr negative) Konsequenz
"Wenn alles so bleiben soll, wie es ist, muss sich alles ändern." - aus "Der Leopard“ von Giuseppe Tomasi di Lamedusa
"Die Ankunft der Krise dauert länger als man denkt, und dann passiert alles schneller als man gedacht hätte, und ungefähr genauso war es auch bei der Mexiko-Krise. Es brauchte eine Ewigkeit und dann dauerte es eine Nacht.“ - Rudiger Dornbusch
Die politischen Führer Europas sind entschlossen, den Euro und die Eurozone so zu lassen, wie sie ist. Damit das passieren kann, muss sich aber alles ändern, wie das wunderbare Zitat aus dem italienischen Roman von 1958 nahelegt. Das ist keine einfache Aufgabe, denn keiner möchte Veränderungen mit negativen Folgen. Wie wir sehen werden, kann es keinen Wandel geben, bei dem der Status Quo ohne erhebliche Konsequenzen für alle gehalten werden kann. In diesem dritten Teil einer Artikelserie werfen wir einen Blick auf die aktuell verbleibende Auswahl an Optionen, oder, wie es an anderer Stelle hieß, auf das Menü der Qualen.
Im Verlauf des Artikels werde ich sozusagen eine Reihe von Wegweisern aufzeigen, die man im Auge behalten sollte. Am Ende des Artikels gebe ich eine Empfehlung, wie Europa sich verhalten sollte. Wie schon in den anderen Artikel dieser Serie werde ich auch in diesem mein Bestes geben, alle beteiligten Parteien zum gegebenen Zeitpunkt anzugreifen. Im Fall einer kleinen, unbeabsichtigten Auslassung warten Sie bitte noch eine Woche, auch Sie sind noch an der Reihe. Wozu sind denn Freunde da?
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Entscheidungen, Schulden und das Endspiel
Schon in den ersten Artikeln dieser neuen Serie hatten wir darauf hingewiesen, dass sich unsere heutigen Entscheidungen im Rahmen der in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen bewegen und dass sich unsere zukünftigen Entscheidungen in den Grenzen der heute getroffen Entscheidungen bewegen werden. Europa entschloss sich für den Aufbau eine Freihandelszone. Im weiteren Verlauf grenzten sich einige Länder mit der Einführung einer Einheitswährung ab (im übertragenen Sinne eine Art Goldstandard), wodurch sie auch die Möglichkeit verwirkten, ökonomische Ungleichgewichte durch Währungskursveränderungen auszugleichen.
Im südlichen Teil Europas sanken die Zinssätze wie nie zuvor. In der Folge liehen sich jene Staaten immer mehr Geld zur Finanzierung ihrer laufenden Ausgaben. Dann kam die Kreditkrise: Die Staatshaushalte blähten sich unkontrollierbar auf. Die ausufernde Gesamtverschuldung führte dazu, dass am Rentenmarkt immer höhere Umlaufrenditen verlangt wurden, da auch die Sorgen vor Ausfällen staatlicher Schuldverschreibungen wuchsen.
Verschärfend kommt hinzu, dass es den europäischen Bankeninstitutionen erlaubt war, ihr zur Verfügung stehendes Kapital beim Kauf von Staatsanleihen um den Faktor 30 oder 40 zu hebeln. Das wiederum heißt, dass auch der Schuldenausfall eines kleinen Landes große Folgewirkungen haben kann. Als die Probleme Griechenlands deutlicher zum Vorschein kamen, dachten die politischen Entscheidungsträger Europas anfänglich noch, Griechenland brauche nur etwas Zeit, um das eigene Haushaltsdefizit unter Kontrolle zu bringen und anschließend wieder Zugang zum Anleihenmarkt zu finden.
Nachdem man um die 40 ergebnisarme Gipfel hinter sich gebracht hatte, dämmerte es den europäischen Entscheidungsträgern letzten Sommer, dass sie es hier nicht mit einer kurzfristigen Liquiditätskrise zu tun hatten, sondern mit einer Solvenzkrise. Ein Umstand, auf den zahlreiche Kommentatoren schon seit Längerem hingewiesen hatten. Als Griechenland seinen beschwerlichen Weg zur "Austerität” beschritt, reichten allein die Haushaltseinschnitte, um das Land in eine Rezession zu stürzen, wodurch die Steuereinnahmen sanken und die staatlichen Ausgaben stiegen. Das kaum zu erreichende Ziel eines ausgeglichenen Staathaushaltes rückte damit in noch weitere Ferne. Was übrigens kein spezifisch griechisches Problem ist. Spaniens “drakonische” Haushaltskürzungen bewirkten, dass das anvisierte Haushaltsdefizit für das Fiskaljahr wohl eher im Bereich von 8% liegen wird, was einen zukünftigen Ausgleich weiter erschwert.
Ein Land nach dem anderen hat mit diesem Problem zu kämpfen. Wir befinden uns im Endspiel. Das ist das Ende des Schulden-Superzyklus. Die Verschuldung hat so hohe Stände erreicht, dass sie sich nicht aufrechterhalten lässt. Der Markt wird keine Kredite zu erschwinglichen Konditionen mehr vergeben, und alle Anstrengungen, die Staatsausgaben zu senken und die Steuereinnahmen zu erhöhen werden den Zustand der Wirtschaft nur noch verschlechtern. Unterschiedlich schwer ausgeprägte Rezession mit sinkenden Einnahmen und steigenden Kosten sind die Folge.
Die drei Hauptprobleme Europas sind:
- 1. Eine wachsende Zahl von Mitgliedsländern ist insolvent oder kurz davor. Es kann als immer wahrscheinlicher gelten, dass verschiedene Formen von Schuldenausfällen die einzig gangbare Option sind. Schuldenlasten werden auf erträgliche Stände gesenkt, so dass Wachstum, die einzig wahre Antwort auf die Probleme der betroffenen Länder, wieder möglich wird.
- 2. Die wachsende Sorge, dass die Schulden einer ganzen Reihe von Staaten ausfallen könnten (allein Griechenland wäre schlimm genug!), führt dazu, dass die meisten europäischen Banken als insolvent eingestuft werden und dringend hunderte Milliarden Euro frisches Kapital brauchen. Der Interbankenmarkt in Europa liegt am Boden. Die Banken parken ihre Geldmittel zu geringerer Verzinsung auf den Konten der EZB, der einzigen Institution, der sie noch vertrauen. Unter ihnen herrscht Misstrauen. Wie mir übrigens aus vielen Quellen zugetragen wurde, reduzieren die europäischen Banken (besonders die französischen) ihre Engagements bei Handelskrediten, was normale Handelsaktivitäten erschwert. Hatten wir das nicht alles schon im Jahr 2008?
- 3. Das eigentliche Problem in Europa sind jedoch die enormen Handelsungleichgewichte zwischen den Randnationen und den sogenannten Kernnationen. Fehlt nun die Möglichkeit der Auf- oder Abwertung von Landeswährungen, wird jede Lösung des Schuldenproblems durch eben jene Handelsungleichgewichte konterkariert. Denn ein Land kann seinen Staatshaushalt nicht ausgleichen, während es gleichzeitig ein Handelsdefizit einfährt und die Bürger und Unternehmen sich obendrein noch entschulden. Ich habe schon im Vorfeld häufig über dieses mathematische Problem geschrieben. Es muss ein Gleichgewicht geben, oder es muss ein Mechanismus existieren, um einen Ausgleich zu erreichen.
Man kann nicht eines der Probleme lösen, ohne alle drei Probleme zu lösen. Entweder alle zusammen werden behoben, oder kein einziges wird richtig gelöst. Man kann Zeit schinden, indem man Probleme 1 und 2 löst, aber Problem 3 wird schon bald dafür sorgen, dass man wieder ganz am Anfang steht.
Europa versucht sich jetzt an der Lösung der Probleme 1 und 2. Man redet von einem "neuen Vertrag", der wahre Austerität voraussetzt, obgleich Deutschland wohl eine Klausel eingebracht hat, der dem Land etwas mehr Zeit für einen Ausgleich des Staatshaushalts verschafft. Die EZB verteilt zudem über die Hintertür Euros an die Banken - im Austausch gegen alles, was noch an Schuldensicherheiten erinnert. Natürlich nicht direkt, weil das verboten ist. Aber im Endeffekt wird genau das erreicht, trotz des Widerstands aus manchen Lagern, besonders der Deutschen.
In den Abgrund starren
Es war Ende September 1998, als ich von New York nach Bermuda flog, um dort auf einer Hedgefonds-Konferenz zu sprechen. In der letzten Minute wurde ich in die nächstbessere Reiseklasse umgebucht, was mich damals (als noch nicht so häufig flog) recht glücklich machte. Als sich die Türen schlossen, kam ein großbürgerlich aussehender Gentleman den Gang entlang, er setzte sich neben mich und schlug sofort eine Akte auf und vertiefte sich in seine Lektüre. Ich hatte ein Buch und das Wall Street Journal dabei, ich konnte also auf der Reise gemütlich lesen.
Sobald wir in der Luft waren, bestellte er einen Scotch. In der kommenden Stunde führte er dann einen sehr angriffslustigen Kampf gegen die abnehmenden Bestände an Scotch-Flaschen, die im Flugzeug verfügbar waren. Es war ein beschwerlicher Kampf, er war jedoch fest entschlossen, diesen zu gewinnen.
Er überflog flüchtig das Titelblatt meiner Zeitung und fand dort eine Schlagzeile zur Krise, zu der es in der Woche zuvor gekommen war. Ich hatte die extreme Marktvolatilität mit Interesse verfolgt. Da das Internet aber erst ein paar Jahre alt war, las man das meiste noch in Druckform oder erfuhr es am Telefon.
]"Die wissen doch gar nicht, wie knapp das war” sagte er mit einem leichten Schaudern, und plötzlich waren in seinen Augen Gefühle - auch Angst - zu lesen. Er erregte meine Aufmerksamkeit und ich verwickelte ihn in ein Gespräch, ohne jedoch seine wertvolle Scotch-Sammlung anzurühren. Ich beließ es bei einem guten Chardonnay. Wie sich herausstellte, war er Vize-Chef einer der größten Banken des Landes. Er war auch bei der Versammlung der New York Fed anwesend, als 14 Banken gezwungen wurden 3,625 Milliarden $ aufzubringen, um den Zusammenbruch von Long Term Capital zu verhindern.
Nur Bear Stearns hatte sich damals geweigert (was auch der Grund ist, warum die Bank 10 Jahre später keine Freunde hatte). Der Präsident der NY Fed rief damals im Grunde alle Bankenchefs zusammen und forderte, sie mögen persönlich anwesend sein, keine Stellvertreter senden und ihre Scheckhefte mitbringen. Die Fed handelte sich damit viel Kritik ein, aber sie tat das, was eine Zentralbank unter solchen Umständen tun muss: Sie sorgte für Ordnung und Ruhe im Sandkasten. Sie war die einzige Institution, der es möglich war, die verschiedenen Super-Ego-Akteure zusammen an einem Tisch zu vereinigen.
“Keiner wird je erfahren, was wirklich passierte.”, sagte er erneut. Aber natürlich wusste es bald jeder, da Roger Lowenstein seinen aus dem Leben gegriffenen, unbedingt lesenswerten Thriller When Genius Failed schrieb.
"Wir kamen an den Rand des Abgrunds und blickten hinein.” Ich ergötzte mich an seinen Geschichten über die Verhandlungen und die Schwere der Folgen für jeden einzelnen der Teilnehmer an den Verhandlungen, gesetzt den Fall, sie hätten den Zusammenbruch zugelassen. Sie alle waren mit der LTCM verbunden, aber erst als es zu spät war, erkannten sie, in welchem Ausmaß. Hätten sie nicht gehandelt, hätte der Vorfall rückblickend wohl die Dimension der Kreditkrise von 2008 annehmen können, außer dass alles viel schneller gegangen wäre.
Auf jeden Fall wollte keiner im Raum einen Scheck über 300 Millionen $ ausstellen. Das wäre schlecht für ihre Karrieren gewesen. Interessanterweise wurde der Fonds nach zwei Jahren wieder aufgelöst, und die Banken bekamen ihr Kapital zuzüglich eines kleinen Gewinns zurück.
Und jetzt machen sich die Banker und die politischen Entscheidungsträger Europas auf den Weg zum Rand des Abgrunds. Der Weg nach unten ist weit und er wird wohl wie Dantes 7. Höllenkreis aussehen.
Den ersten Blick nach unten wird man schon in den nächsten Wochen werfen, wenn Griechenland offensiv mit seinen Kreditgebern über den Umfang des "Haircuts" verhandelt und über die Garantien, die Griechenland für die verbleibenden Schulden bieten wird (man scheut sich davor, die neuen Anleihen rechtlich so zu fixieren, dass die Anleihehalter im Fall eines erneuten Ausfalls - der eintreten wird - in einer besseren Position sind). Griechenland verhandelt zudem mit Europa darüber, wie viele zusätzliche Austeritätsmaßnahmen sie noch über sich ergehen lassen müssen, um neue Kredite gewährt zu bekommen.
Sollten sie alles hinschmeißen, kommt es zum unkoordinierten Ausfall und Chaos wäre vorprogrammiert. Die Sicherheiten der Banken brächen zusammen und für die Kreditausfallversicherungen würde der Schadensfall eintreten. Ein großer Teil dieser Versicherungen wurde zudem von europäischen Banken ausgegeben wurden, die ohnehin schon praktisch insolvent sind.
Ein rechtlicher Euphemismus wurde geprägt, und zwar der, dass die Gläubiger "freiwillig" einen Schuldenschnitt (Haircut) akzeptieren. Denn in diesem Fall kommen die Ausfallversicherungen für jene Positionen nicht zur Anwendung. Aber nicht alle Parteien wollen diesen Verlust (oder sogar noch größere) freiwillig hinnehmen. Sollten sie dazu gezwungen werden, kommen die gekauften Ausfallversicherungen zur Anwendung. Griechenland kann sie von Gesetzes wegen zwingen, den Schuldenschnitt zu akzeptieren; die Kreditausfallversicherungen (CDS) sind jedoch so geschrieben, dass dieser Schritt als Verlust gewertet wird, wodurch die CDS zur Anwendung kämen. Die beteiligten Staaten wollen, dass jeder den Schuldenschnitt akzeptiert, dann gibt es keine Krise. Und die Fonds wollen einfach nur so viel Geld wie möglich, und viele geben sich kompromisslos.
Lassen sich die Verweigerer mit zusätzlichen Anreizen locken, die nicht jeder bekommen kann? Vielleicht durch andere Schuldensicherheiten? Oder kürzere Laufzeiten, oder aber …?
Leider wird ein Schuldenschnitt von 50% bei den Anleihen der Privatgläubiger nur bewirken, dass Griechenland in Kürze wieder bei einer Schuldenquote (Schulden:BIP) von 120% stünde. Aktuell sind es noch 170%, Tendenz steigend. 120% (die ich für optimistisch halte) sind wiederum nur eine, wenn auch geringere, Form der Insolvenz, wie Italien jetzt begreifen muss. Wenn Italien jetzt schon mit 120% unter Druck gerät, dann kann es als fast sicher gelten, dass auch Griechenland am Markt weiterhin als insolvent gelten wird.
Eine unbeabsichtigte (und sehr negative) Konsequenz
Die Verhandlungen über den griechischen Schuldenschnitt haben mindestens eine unbeabsichtigte Konsequenz zur Folge. Die Privatinvestoren waren ursprünglich davon ausgegangen, sie würden eine "Pari-Passu-Anleihe", oder eine mit allen anderen griechischen Staatsanleihen gleichrangige Anleihe, kaufen. Wie sich aber jetzt herausstellt, kauften sie nachrangige, zweitrangige oder untergeordnete Schuldverschreibungen, vergleichbar mit einer zweiten Hypothek auf ein Haus. Man trägt den Erstschaden, verlangt aber auch dementsprechend. Doch plötzlich sieht es ganz so aus, als seien die EZB, der IWF und die öffentlichen europäischen Institutionen "gleicher" als die privaten Parteien und von Verlusten gar ausgenommen. Wie die privaten Gläubiger herausfinden mussten, hatten sie die Risiken nachgeordneter Anleihen übernommen und trotzdem nur die geringen Renditen risikoärmerer Anleihen kassiert.
Würde man auch die öffentlichen Gläubiger in die Schuldenschnitte einbeziehen, so müsste der Haircut insgesamt vielleicht nur 30% betragen. Bliebe er aber bei 50% für alle, so könnte Griechenland vielleicht an den Punkt gelangen, wo das Land wieder Chancen hätte. Zudem würde sich die Struktur der verbleibenden Schulden verbessern. Ansonsten wird man weiterhin nur Verhandlungen über einen ersten Schuldenschnitt führen, dem weitere folgen werden.
Jeder Privatinvestor in Europa erkennt jetzt, dass er bei Investitionen in Staatschuldeninstrumente ein erhöhtes Risiko eingeht. Das wird zur Folge haben, dass die Zinssätze am Privatmarkt in die Höhe getrieben werden, wie man kürzlich erst an den steigenden Renditen für portugiesische Staatsanleihen sehen konnte (zu Portugal später mehr).
Europa bleiben verschiedene Optionen: Es kann Griechenland mehr Geld leihen, wenn der griechische Staat verspricht, er werde die Dinge zum Positiven wenden. Das kann aber nicht passieren, (1) wegen der Auswirkungen der erzwungenen Austeritätsmaßnahmen und (2) wegen eines Handelsdefizits von 10% gegenüber Resteuropa. Kommen aber keine weiteren Kredite, dann gibt es einen unkontrollierten Ausfall, und man würde den Abgrund intensiver betrachten als gewünscht. Die Konsequenz wären Verluste von hunderten Milliarden Euro bei den europäischen Banken, die letztendlich von Steuerzahler gerettet werden müssten.
Europa macht sich Sorgen wegen der "Ansteckungsgefahr“. Sollte Griechenland einen Schuldenschnitt von 50% bekommen, würde sich dann nicht auch Portugal melden und betonen, dass sie diesen viel mehr verdient hätten? Unter der wirtschaftsliberalen Regierung Pedro Passos Coelhos wurden zur Senkung der Defizite schwere Haushaltskürzungen durchgesetzt. Trotz dieser Kürzungen schätzt man, dass das Defizit immer noch 6% betragen und erst im Jahr 2013 auf 4% sinken wird. Und auch nur wenn sich die Dinge günstig entwickeln.
Die Märkte verhalten sich aber nicht so, als würden sie von einer günstigen Entwicklung ausgehen. Die Umlaufrenditen für portugiesische Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit stiegen letzten Donnerstag auf 14,39%. Die Kreditausfallversicherungen, die als Messlatte für das Anleiherisiko gelten, erreichten 1270 Punkte und preisen damit eine 75%ige Ausfallwahrscheinlichkeit über die nächsten 5 Jahre ein.
Zwar ist die öffentliche Verschuldung Portugals mit 113% des BIP niedriger als die Griechenlands, der Privatsektor ist jedoch viel stärker verschuldet und auch die Gesamtverschuldung des Landes liegt mit 360% des BIP höher (ein großer Teil davon sind externe Schulden). Jürgen Michels, Europa-Ökonom bei der Citigroup, meint: "Ohne einen umfangreichen Schuldenschnitt wird Portugal nicht in der Lage sein, zu einer existenzfähigen Haushaltssituation zurückzukehren. Wir gehen davon aus, dass es gegen Ende 2012 oder 2013 einen Schuldenschnitt von 35% geben wird.“
Ambrose Evans-Pritchard, Finanzjournalist beim "Telegraph“ aus London (dessen Arbeiten ich sehr schätze), merkt dazu Folgendes an:
"Portugal ist ein Störfaktor für die politischen Entscheidungsträger Europas, die immer wieder betonen, Griechenland sei nur ein Einzelfall - und nicht Ausdruck einer tiefgreifenden Nord-Süd-Spaltung, von der noch eine ganze Reihe anderer Ländern betroffen ist. Von offizieller Seite heißt es, Portugal werde sich durchschlagen, weil es in den sauren Apfel der Ausgabenkürzungen und Reformen beißt. […] Die politische Führung Europas hat geschworen, es werde keine erzwungenen Schuldenschnitte für die Halter portugiesischer Staatsanleihen geben. Wenn jetzt auch Portugal in den griechischen Sog gerät, dann wird Europa dieses Versprechen brechen oder eben akzeptieren müssen, dass die Steuerzahler der EU die Kosten einer Umschuldung tragen werden. Während alle Augen auf Griechenland gerichtet sind, spielt sich in Portugal das bedächtigere Drama ab, welches letztendlich aber über das Schicksal der Eurozone entscheiden wird.“
Lesen sie weiter: Teil II ...
© John Mauldin
Dieser Artikel wurde am 23. Januar 2012 auf www.financialsense.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.