GoldSeiten.de - Gold & Silber, Münzen und Barren sowie Minengesellschaften

Von der Unmöglichkeit, Griechenland in der Knechtschaft zu zähmen (Teil I)

28.02.2012  |  Jim Willie CB

Hören Sie sich die leeren Worte zum letzten Rettungspaket für Griechenland an! Schon vor über einem Jahr beim dritten Rettungspaket - von insgesamt sechs - ging für Jackass die Glaubwürdigkeit verloren. Vielleicht wird es am Ende ganze sieben Rettungspakete geben. Das Muster ist eindeutig: Politiker schmieden zusammen mit den Entscheidungsträgern in Griechenland, aber ohne öffentliche Unterstützung, Vereinbarungen über die Schulddeckung des Landes. Die Vereinbarungen schlagen fehl und wie sich deutlich zeigt, mangelt es selbst bei den europäischen Bankern, alle voran den deutschen, an Unterstützung. Dieses Muster zeigt sich seit über einem Jahr in aller Deutlichkeit - lange genug also, dass ich neue Vereinbarungen von vorneherein zurückweise. Denn die deutschen Banker werden den getroffenen Abmachungen nicht zustimmen und sich nicht an sie halten.

Die politischen Führer Frankreichs (Sarkozy) und Deutschlands (Merkel) sind dabei, ihre Spitzenämter zu verlieren, und trotzdem laufen sie nach wie vor auf sinnlosen Gipfeltreffen herum, um wieder allerletzte Rettungsvereinbarungen zu treffen, die an sich nichts zu bedeuten haben. In Deutschland ist man nicht bereit, mehr als die ungerechnet 3 Billionen $ abzugeben, die seit Beginn des Euro-Währungsexperiments bereitgestellt wurden. Die Banker, wie auch die Vertreter der Bundesbank, müssten eigentlich an den Gipfeltreffen teilnehmen, aber dann würde zu offensichtlich, wer eigentlich über den größten Teil der Macht verfügt.

Es zeichnet sich folgende Entwicklung ab: Der griechische Staat schlittert in eine umfassende Zahlungsunfähigkeit, da man nicht fähig ist, die Situation insgesamt einzudämmen, da der griechische Sparhaushalt praktisch nicht umzusetzen ist, da die griechische Wirtschaft nun schon schwer beschädigt ist und weil diese Lösung insgesamt auf so starken Widerstand trifft.

Aus meiner Sicht wurde das ganze Affentheater über zwei Jahre hingezogen, damit die Großbanken ihre Anleihen verkaufen und auf die Europäische Zentralbank abwälzen konnten. Bei fast jedem Rettungspaket wurden Vermögensanlagen der Banken über einen wie immer gearteten Ausgleich gerettet, Staatshaushalte bekamen aber keine Unterstützung. Die wichtigste Frage, die unbeantwortet bleibt: WIE ZORNIG SIND TATSÄCHLICH DIE EIGENTÜMER DER FEDERAL RESERVE UND DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK, DASS SIE EINEN SOLCHEN BERG TOXISCHER PAPIERE AKKUMULIEREN UND HALTEN MÜSSEN? Meine deutsche Banker-Quelle meint, die Deutschen werden scheinbar Vereinbarungen treffen oder ihren Politikern erlauben, diese zu treffen, aber die Banker werden sie immer wieder blockieren.

Er unterstreicht immer wieder, dass Deutschland jedes Jahr Ersparnisse in Höhe von 300 Milliarden $ verschwendet hat und jetzt nicht mehr bereit oder fähig sei, Südeuropa weiterhin finanziell zu stützen. Sie werden keine Schecks mehr ausstellen, außer sie könnten dafür tatsächlich werthaltiges Eigentum als Kreditsicherheit bekommen. Und wie sich gezeigt hat, werden die Griechen so gut wie gar kein Eigentum abtreten, ohne dass die Städte in Flammen stehen. Damit ist auch das Ende des Rettungsprozesses erreicht. Vor einigen Monaten hatte ich deutlich im Newletter darauf hingewiesen, dass man die Rettungspakete einstellen würde, sollten sich die Aufstände ausweiten. Sie weiten sich aus. Fazit: DAS SPIEL IST AUS.

Als nächstes steht ein geplanter oder ungeplanter Schuldenausfall an. Warten wir ab, wie ungerecht dieser ausfallen wird. Natürlich wird er ungerecht ausfallen, da bei allen Vereinbarungen bisher immer die Banker deutlich bevorzugt wurden. Die Einrichtung des TARP-Fonds war das Ungeheuerlichste, was es gegeben hatte, er verdeckte aber nur die viel umfassenderen, mehrere Billionen $ schweren Garantien, die vielen Banken - Zentralbanken wie Privatbanken - zu 0%-Kosten gewährt wurden. Das Finanzmarktregulierungsgesetz hatte zum Ergebniss, dass die US Fed ihre Bilanzen öffnen muss - aber erst nachdem diese Kredite vergeben wurden und nicht mehr zu stornieren sind.

Seit einigen Monaten sind die Diskussionen und Analysen über die brennende Nation der Antike von etwas mehr Klarheit und Realismus geprägt. Neuerdings heißt es auch, dass Griechenland zahlungsunfähig werden wird und werden muss - dass sich ein Zahlungsausfall gar nicht mehr abwenden lässt. Genau! Die Herausforderung besteht also darin, die anstehenden, horrenden Kollateralschäden zu vermeiden. Die Zentralbanker, die Regionalkommissare und Technokraten haben Überstunden gemacht, aber Davos blieb eine vergebene Chance, was die Einigung auf potentielle Lösungen oder wenigstens Lösungselemente betrifft.





Vom Weltwirtschaftsforum in Davos war nur ein guter Kommentar zu hören. Er kam von einem der wenigen Nobelpreisträger für Wirtschaft, die überhaupt etwas Sinnvolles von sich gegeben haben. Die Preisträger der letzten Zeit sind entweder albern in ihrer Befürwortung des Status Quo, der sich im Desastermodus befindet, oder sie sind so abstrus, dass ihre Aussagen fast schon bedeutungslos sind. Von Jospeh Stiglitz kamen die vielleicht einzigen klugen Worte oder Ansagen, die es vom Forum zu berichten gab - ein Klubtreffen von Bankern und ihren Invesmentfonds-Kollegen, die sich die Verteidigung des scheiternden Systems zur Aufgabe gesetzt haben. Stiglitz sagte:

"Die europäischen Entscheidungsträger wiederholen immer wieder dieselben Plattitüden: Wir brauchen Wachstum, die Austeritätsmaßnahmen allein werden nicht ausreichen. Doch kein Land hat politische Programme, die Wirtschaftswachstum erzeugen werden. Ich habe hier in Davos nichts gehört, was mich überzeugt hätte, dass die europäischen Spitzenpolitiker überhaupt irgendeine Vorstellung davon haben, was sie tun müssten und was sie tun werden. Keine weiß, wer wem was schuldet, und worin die Risiken einer Zahlungsunfähigkeit Griechenlands eigentlich bestehen.“

Das erinnert mich wieder an einen Grundsatz, der da lautet: Der erste Schritt auf dem Weg zum Wiederaufbau, zur Heilung und Lösung ist die Liquidiierung der großen, insolventen Banken. Aber genau von dort aus wird die US-Regierung kontrolliert. Wenn es nicht die Banken sind, dann sind es die öffentlichen Agenturen und Behörden, die sich zu einer ausgedehnten Privatunternehmung entwickelt haben, welche über viel versteckte Macht verfügt.


Schadensbegrenzungsplan

Man muss ersthaft und mit beiden Füßen in der Realtiät bleiben. Ohne Liquidierung der griechischen Schulden, ohne Umschuldung mit enormen Abschreibungen (wenn nicht sogar Totalverlust), ohne eine Rückkehr zur Drachme, ohne eine Rekapitalisierung ihrer Banken und ohne eine Absage an die Krisengewinnler - wird es keine Lösung für Griechenland geben. Aber fast keine dieser Maßnahmen wird umgesetzt werden - außer vielleicht, dass die ausbeutungswilligen Ausländer zurückgewiesen werden. Es wird offen über Abschreibungen in Höhe von 70% geredet, was zwar brutal ist aber nicht zu reichen scheint.

Die größten praktischen Hindernisse für die griechische Wirtschaft sind die Austeritätspläne und die nicht gegebene Möglichkeit der Währungsabwertung. Bisher waren Austeritätpläne immer ein Misserfolg - in jeder Nation, in der dies versucht wurde. Sie verschlimmern den wirtschaftlichen Abschwung, lassen die Arbeitslosenzahlen noch stärker steigen, große Projekte werden storniert, die Renten werden unsicherer und die Defizite steigen deutlich an. Und trotzdem macht man weiter - auch in Anbetracht der ruinösen Kettenreaktionen. Man muss sich fast schon fragen, ob der Ruin nicht das eigentliche Ziel ist? Damit ein anderer Technokrat an die Macht kommen kann - ungewählt und nur loyal gegenüber dem Syndikat. Wer hat Papademos und Monti ausgewählt?

Die nicht vorhandene Möglichkeit der Währungsabwertung stellt sich als der zentrale Fehler des gesamten Euroraums heraus. Die Schwächsten können nicht mit den Stärksten konkurrieren. Mit der Zeit werden die starken Nationen nicht mehr den Lebensstandard auf eigene Kosten liefern wollen und sich verweigern. Der deutsche Lebensstandard ist deutlich gesunken, zum Ärger vieler Bürger. Der normale evolutionäre Prozess für eine problembelastete Nation wäre folgender: Umschuldung, Abwertung der Landeswährung und etwas Wirtschaftsstimulierung. Doch seit zwei Jahren tanzt man nur um den Schuldentisch herum. Hinsichtlich der Währungsentwertung bewegt sich nichts, weil einer Abnabelung vom Euro sofort enorme Anleihe-Abschreibungen bei den europäischen Banken folgen würden. Hier wirken dieselben Blockadedynamiken wie in den USA.

Griechenland muss zur Drachme zurückkehren, diese um 30% oder mehr abwerten und einige Stimuli bekommen. Die Liste der griechischen Exportartikel ist nicht gerade überlang. Und die Austeritätshaushalte sind das genaue Gegenteil von Stimuli. Der Wahnsinn hat Fuß gefasst. So muss beispielsweise eine ganze Reihe von öffentlichen Angestellten ohne Bezahlung arbeiten. Das Machtzentrum der Großbanken verhindert Lösungen. Die nächste Phase wird also voller Risiken und Intrigen sein -wenn nicht Verrat.





Risikoschichten

Verluste der Großbanken: Den Großbanken Europas stehen atemberaubende Verluste ins Haus. Der ehemalige Vorschlag, Anleihen zu bloß 35 % abzuschreiben, war so unbrauchbar, dass er schon lächerlich war. Damit konnten sie keinem was vormachen. Die Wirklichkeit hat Einzug gehalten und bei den aktuellen Vereinbarungen zu weiteren Rettungspakten wurde die Zahl von 70% ins Spiel gebracht. Die Großbanken wanken ohnehin schon unter der Last kaputter Kreditportfolios, die beispielsweise durch Eigenheimhypotheken oder kommerzielle Hypotheken zerstört wurden. Sie haben zudem allgemeinen Schaden durch Staatsanleihen genommen - nicht allein durch griechische Staatsanleihen.

Die Verluste bei italienischen und spanischen Staatsanleihen werden mengenmäßig höher aber prozentual geringer ausfallen. Die Großbanken sind zudem privaten Kreditrisiken innerhalb der griechischen Wirtschaft ausgesetzt - zum Beispiel in Form von Hypotheken und Unternehmenskredite. Sie sind alle hochriskant geworden. Mit den Basel II-Regeln wurde sozusagen als "Aufwärmung“ die Senkung des Fremdkapitalanteils gefordert, wodurch viele Banken schon geschwächt sinds. Die europäischen Großbanken dürften auf dem Weg zum Bankrott sein, wenn der erzwungene Ausfall und die Umschuldung griechischer Staatsschulden einsetzt. Die griechischen Verluste werden das System an den äußersten Rand der Belastbarkeit bringen.

"Ansteckung” nicht-europäischer Banken: Die eng verwobenen Abhängkeitsbeziehungen des westlichen Bankenwesens tragen nicht zu seiner Stabilität bei (so wie eingeabaute Sperrholzstreben) - im Gegenteil, sie entpuppen sich jetzt als der große Schwachpunkt. Die Londoner Banken halten enorme Mengen südeuropäischer Staatsschulden. Auch die New Yorker Banken haben einen beachtlichen Anteil. Wie eine Unterhaltung mit einem stämmigen deutschen Banker kürzlich zu Tage brachte, hält Citigroup eine gewaltige Mengen griechischer, italiensicher, osteuropäischen Schulden im Hypotehekensektor.

Der größte Teil wird unter großen Verlusten abgeschrieben werden. Franzöische Banken halten enorme Mengen PIGS-Staatsschulden - viele Details sind bekannt, werden aber kaum berichtet. Die Überkreuzungen und Verzweigungen werden zum Vorschein kommen, wenn das Beben sich seinen Weg bricht. Die deutschen Banken halten zu viele Staatsanleihen. Auch die nicht-europäischen Banken sind in großer Gefahr - ebenso gefährdet wie die Banken auf dem europäischen Kontinent. Viele nicht-europäische Großbanken dürften auf den Bankrott zusteuern, wenn der erzwungene Ausfall und die Umschuldung griechischer Staatsschulden einsetzt. Die Griechenland-Verluste werden das System an den äußersten Rand der Belastbarkeit bringen.

Die Europäische Zentralbank: Die US Federal Reserve und die EZB treten als "Käufer der letzten Instanz“ für toxische Anleihen auf, die niemand will und die nahezu wertlos sind. Die Herren Eigentümer (denken Sie dabei ruhig an Schlösser in London und der Schweiz) müssten sich eigentlich mit beiden Händen dagegen wehren. Der neue EZB-Chef Mario Draghi machte Anfangs sehr deutlich, dass er keine Staatsanleihen südeuropäischer Länder aufzukaufen wünsche, da diese schwer beschädigt sind.

Als die Umlaufrenditen für italienische und spanische Staatsanleihen die 7%-Marke anpeilten und diese schließlich durchbrachen, gab er nach. Der Rentenmarkt stabilisierte sich wieder, allerdings auf Kosten der EZB-Bilanz, die sich deutlich verschlechterte. Es lässt sich nur schwer sagen, welche Bilanz stärker ruiniert ist - die der EZB oder die der Fed. Beide Institutionen sind meiner Meinung nach ruinierte Kontrolltürme. Wenn sie als Vermittler im gesamten Bankensystem auftreten, kann keine wirklich als Zentralbank funktionieren. Sie müssen die Bankenreserven freisetzen, welche von den Privatbanken auf ihren Zentralbankkonten in Geiselhaft gehalten werden. Die großen Zentralbanken streben auf schwere Insolvenz zu, wenn der erzwungene Ausfall und die Umschuldung griechischer Staatsschulden einsetzt. Die Griechenland-Verluste werden das System an den äußersten Rand der Belastbarkeit bringen.

Lesen sie weiter: Teil 2


© Jim Willie CB
www.goldenjackass.com



Der Artikel wurde am 22.02.12 auf www.financialsense.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.