Edelmetalle Aktuell
14.05.2010 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und die Platingruppenmetalle Palladium, Iridium, Osmium, Ruthenium und Rhodium gehören zum Kerngeschäft der W. C. Heraeus GmbH mit Stammsitz in Hanau. Das Tochterunternehmen Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH ist für den weltweiten Handel der Edelmetalle im Konzern tätig. In einem wöchentlich erscheinenden Marktbericht veröffentlicht das Unternehmen einen Marktüberlick in mehreren Sprachen.
- Gold
Das vorgezogene Sommermärchen für das Gold ging auch in den letzten beiden Wochen weiter: Das zur Beruhigung von Finanzmärkten und Anlegern gedachte Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Euro-Zone verpuffte nämlich - zumindest was den Euro-Kurs und den Goldpreis angeht - weitgehend wirkungslos.
Am letzten Wochenende hatten die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) wegen der drohenden Ausweitung der Griechenlandkrise auf andere Länder einen Rettungsschirm für in Not geratene Euro-Staaten beschlossen. Dieser sieht Kredite über bis zu 750 Milliarden Euro als mögliche Hilfen für angeschlagene Länder vor. Gleichzeitig griff die Europäischen Zentralbank (EZB) und mit ihr Notenbanken der Euro-Zone zu einem bislang verpönten Mittel: Sie kaufen im Rahmen des Rettungspakets Staatsanleihen von in Schwierigkeiten steckenden Ländern wie Griechenland auf, um diesen mehr finanziellen Spielraum zu verschaffen. Dadurch erhöhen die Banken aber zumindest kurzfristig die im Euroraum im Umlauf befindliche Geldmenge und somit auch das Inflationsrisiko. Die EZB wies aber sogleich Inflationsängste als unbegründet zurück. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sagte dazu im Laufe dieser Woche, dass die Zentralbank jetzt nicht "die Druckerpresse" anwerfen werde. Alles Geld, das die Bank hoch verschuldeten Ländern bereitstelle, werde sie später auch wieder abziehen, so dass keine erhöhte Inflation drohe.
Das gigantische Rettungspaket von EU und IWF war in den letzten beiden Wochen allerdings nicht die einzige Maßnahme der Währungshüter. Bereits am ersten Mai-Wochenende hatten ja die europäischen Finanzminister ein 110-Millarden €-Paket zur Stützung Griechenlands auf den Weg gebracht.
Hilfen hin - Hilfen her, die Goldanleger blieben skeptisch und ließen sich von den Entscheidungen der europäischen Politiker jeweils nur kurz aus der Fassung bringen. Sowohl in der letzten Woche, wie auch zu Beginn dieser Woche gab es eine kleinere Korrektur des Goldpreises, ansonsten kannte dieser nur einen Weg - nämlich den nach oben.
Am Ende steht heute mit 1.235 $ je Unze ein Goldpreis im Raum, der 50 Dollars höher liegt als jener bei der Abfassung unseres letzten Berichts vor knapp zwei Wochen; zusätzlich hat as gelbe Metall am Mittwochabend aber auch noch deutlich ein neues Allzeithoch erreicht: Mit in der Spitze 1.248,50 $ je Unze lag seine Notierung zeitweise 22,50 $ über dem bisherigen Höchststand vom Dezember 2009.
Da der Euro trotz der beiden beschriebenen Rettungspakete immer weiter an Wert verliert (was in "normalen" Zeiten eigentlich Druck auf den Goldpreis auslösen würde) und auch der eher schwächelnde Ölpreis derzeit nicht als Stütze für das Gold herhalten kann, ist es offensichtlich die generelle Suche der Anleger nach einem sicheren Hafen, die den Goldpreis derzeit beflügelt. Neue Höchststände bei den Investments in ETFs und eine starke Nachfrage nach physischem Gold in Form von Investmentbarren künden von dieser Entwicklung. Gerade auch in Deutschland ist das zu beobachten und so kommt es für Käufer von Investmentbarren inzwischen sogar wieder zu Wartezeiten. Nach den Erfahrungen von Ende 2008 hat Heraeus die Barrenproduktion aber rechtzeitig hochgefahren, so dass die Wartefristen bei den Barren zumindest im Moment noch überschaubar sind. Genügend Ausgangsmaterial ist übrigens weiter vorhanden, denn das Angebot an Altgold liegt in Europa, aber auch in Asien aufgrund des festen Goldpreises auf einem hohen Niveau.
Während immer mehr Altgold auf den Markt kommt und auch die weltweite Produktion im vergangenen Jahr erstmals seit Jahren deutlich zugelegt hat, sinkt die Goldproduktion in Südafrika immer weiter: Im März lag die Ausbringung im Vergleich zum Vorjahr noch einmal 12,7% niedriger. Bis 2007 war Südafrika noch weltgrößter Goldproduzent gewesen, inzwischen liegt das Land am Kap nur noch auf dem vierten Platz der goldproduzierenden Länder hinter China, Australien und den USA.
Für die nächsten Tage und Wochen ist kein Ende der positiven Grundstimmung absehbar, auch wenn es immer wieder auch zu Korrekturphasen kommen kann. Charttechnisch hat das gelbe Metall nach oben jetzt viel Luft, nach unten gibt es bei 1.185 $ eine erste deutliche Unterstützung.
Weitere Meldungen in den vergangenen beiden Wochen befassten sich mit den andauernden, mengenmäßig allerdings überschaubaren Goldverkäufen des IWF im freien Markt (18,5t im März, nach 5,6t im Februar), sowie mit der Nachfrage nach Gold in Indien (diese ist im April erstmals in diesem Jahr gefallen) und in der Türkei (hier gab es im Vergleich zu 2009 einen starken Anstieg).
- Silber
Die Silbernotierung hat in den vergangenen beiden Wochen eventuell vorhandene Ängste vor einer Ausweitung der Finanzkrise hin zu einer neuen Wirtschaftskrise und - damit verbunden - vor einem Absacken der industriellen Nachfrage ohne Probleme abschütteln können. Statt dessen stieg die Notierung des weißen Metalls im Kielwasser der positiven Goldpreisentwicklung deutlich an und erreichte in der Spitze 19,72 $ je Unze. Dies war der höchste Stand seit Mitte März 2008. Damals hatte die Notierung kurzzeitig über 21,30 $ gelegen, bevor es dann zuerst durch noch "normale" Gewinnmitnahmen und später - nach Beginn der Lehman-Krise - durch Panikverkäufe von Spekulanten zu einem dramatischen Preisverfall kam. Diesmal sind wir hinsichtlich der weiteren Entwicklung weniger skeptisch, da zumindest in den letzten Monaten auch der industrielle Verbrauch auf einem hohen Niveau lag und damit die Preisentwicklung zum Teil auch fundamental gerechtfertigt zu sein scheint. Mit den hohen Notierungen wächst jetzt aber auch erst einmal das Rückschlagsrisiko. Industriellen Verbrauchern würden wir deshalb aktuell dazu raten, für längerfristige Preissicherungsgeschäfte auf eine sicher irgendwann kommende Korrektur des Preises zu warten.
- Platin
In den letzten Tagen wurden von den verschiedenen Märkten die Autoverkaufszahlen für April veröffentlicht. Wie schon in den Vormonaten fielen die Ergebnisse völlig unterschiedlich aus:
Die Zahl der Pkw-Zulassungen in Deutschland ist im April erwartungsgemäß drastisch zurückgegangen. Wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg mitteilte, wurden im April rund 259.000 Fahrzeuge neu zugelassen. Das seien 31,7 Prozent weniger als im Vorjahresmonat und 18,4 Prozent weniger als im April 2008 gewesen. Im bisherigen Jahresverlauf zählten die Zulassungsstellen laut KBA knapp 930.000 neu angemeldete Pkw und damit ein Minus von einem Viertel zum Vorjahreszeitraum.
40 Prozent aller Neuwagen seien im April mit einem Diesel-Motor ausgestattet gewesen. Im Zuge der Verschrottungsprämie war der Diesel-Anteil an den Neuzulassungen auf 28 Prozent im April vergangenen Jahres gesunken, da die staatliche Prämie vor allem zum Kauf kleiner Pkw mit Benzin-Motor beigetragen hatte.
Der Verband der Kraftfahrzeug-Importeure (VDIK) rechnet für das laufende Jahr weiter mit einem Rückgang der Zahl der Neuzulassungen auf maximal 2,9 Millionen nach 3,8 Millionen im Vorjahr.
In den USA wurden im April zwar erneut mehr Fahrzeuge verkauft als vor Jahresfrist, das Plus blieb jedoch schwächer als gedacht. So zog der Gesamt-Verkauf im April im Jahresvergleich rund 22 Prozent auf 976.000 Fahrzeuge an. Damit ergibt sich hochgerechnet ein Jahresabsatz von 11,4 Millionen Autos, 400.000 weniger als noch im März prognostiziert. 2009 waren in den USA 10,4 Millionen Fahrzeuge abgesetzt worden. Das waren so wenige wie seit den 80er Jahren nicht mehr.
Ein Grund für die etwas gedämpftere Stimmung auf der anderen Seite des Atlantiks könnte sein, dass die US-Wirtschaft im ersten Quartal an Schwung verloren hat. Das Bruttoinlandsprodukt legte mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 3,2 Prozent zu, Experten hatten mit 3,4 Prozent gerechnet. Im vierten Quartal hatte der Zuwachs noch 5,6 Prozent betragen.
Auch aus China gab es vom Automarkt nicht mehr ganz so euphorische Nachrichten wie noch in der vergangenen Monaten. Zwar wurden dort im April 1,1 Mio. Autos und damit 33% mehr als im Vergleichsmonat 2009 verkauft, die Dynamik nahm jedoch deutlich ab: Im März dieses Jahres waren noch 12% mehr Autos neu zugelassen worden und die Steigerungsrate für das gesamte 1. Quartal hatte im Vergleich zu 2009 noch bei sagenhaften 64% gelegen.
Die Zahlen für Gesamteuropa werden erst in den nächsten Tagen veröffentlicht, aber es ist angesichts der aktuellen Wirtschafts- und Finanzlage in den meisten Ländern kaum davon auszugehen, dass von hier entscheidende positive Impulse für den internationalen Automarkt und damit für den Verbrauch von Platinmetallen ausgehen werden.
Das, sowie der Umstand, dass auch die Käufe langfristig orientierter Investoren - nach den Anfangserfolgen durch die im ersten Quartal neu auf den Markt gekommenen ETFs - inzwischen deutlich abebben, dürften die Hauptgründe dafür sein, dass sich nun auch die spekulativ orientierten Adressen im angelsächsischen Raum mit Neuengagement deutlich zurückhalten.
Alle drei Faktoren zusammen haben in den letzten zwei Wochen dazu geführt, dass die von uns erwartete Beruhigung bei der Platinpreisentwicklung zunächst auch eingetreten ist. Dabei hätte es aber (aus Sicht der Bullen) deutlich schlimmer kommen können: Zwar gab es in der letzten Woche zunächst einen dramatischen Absturz, der dem Metall innerhalb kurzer Zeit Kursverluste von rund 120 $ und einen Tiefstkurs von 1.620 $ je Unze einbrachte, aber diesem Einbruch folgte eine fast ebenso rasche Erholung. In dieser Woche notierte das weiße Metall dann am Mittwochabend für kurze Zeit bereits fast wieder auf dem Höchststand der letzten Berichtszeitraumes bei 1.745 $ je Unze.
Diese Erholung kam überraschend schnell und ist durch die aktuelle fundamentale Lage (siehe oben) sicher nicht zu rechtfertigen. Gegen die von den gigantischen Finanzmarkt-Rettungspaketen (näheres im Abschnitt über Gold) hervorgerufenen Ängste der Anleger vor einer Inflation und der damit verbundenen Flucht in Sachwerte kommen Fragen zum Verhältnis von Angebot einerseits und industriellem Verbrauch andererseits derzeit aber wohl nicht an.
Sollte der Preis jetzt auch noch den Höchstkurs von Mitte April durchbrechen, sind erst einmal noch weitere Gewinne möglich. Wir halten aber die vor allem ETF-getriebene Entwicklung der letzten Monate weiterhin für übertrieben und rechnen deshalb für die kommenden Wochen und Monate auch noch mit Korrekturen, die - im Gegensatz zu jener in der letzten Woche - länger als drei Tage dauern werden.
Lonmin, die Nr. 3 unter den südafrikanischen Platinproduzenten veröffentlichte in dieser Woche die neuesten Geschäftszahlen. Näheres finden Sie unter dem entsprechenden Link auf Seite 4 dieses Reports.
In der kommenden Woche findet in London die alljährlich im Mai stattfindende London Platinum Week statt. Mehrere hundert Marktteilnehmer von Produzenten, Banken, Händlern und Industrieunternehmen treffen sich zu diesem Anlass in der britischen Hauptstadt, um sich über die neuesten Entwicklungen auf den Platinmetallmärkten auszutauschen.
- Palladium
Der Palladiumpreis erlebte zu Beginn des Berichtszeitraumes die von uns schon länger erwartete und eigentlich überfällige Korrektur und erreichte rasch einen Tiefstkurs von 485,50 $ je Unze. Daran schloss sich wie beim Platin aber eine so deutlich keinesfalls erwartete Erholung an, die das Metall in dieser Woche zeitweise schon wieder bei 550 $ notieren ließ. Auch für das Palladium gilt, dass es einen Spagat zwischen einer noch lange nicht wieder überragenden industriellen Nachfrage und einer offensichtlich vorhandenen Flucht in Sachwerte aushalten muss. Nachdem in Europa scheinbar relativ unbefangen viele hundert Milliarden Euro für unsichere Stützungsmaßnahmen locker gemacht wurden, scheint nun der letztgenannte Punkt erst einmal wieder die Oberhand zu gewinnen und eine nachhaltige Korrektur des überhitzten Palladiumpreises lässt weiter auf sich warten.
- Rhodium, Ruthenium, Iridium
Die Märkte standen im Berichtszeitraum im Bann von Gold & Co. und für die "kleinen" Platinmetalle blieb deshalb relativ wenig Aufmerksamkeit übrig. Entsprechend gab es bei diesen drei Metallen keine spektakulären Kursauschläge. Der Rhodiumpreis hat sich in den letzten beiden Wochen dabei praktisch gar nicht verändert, er liegt weiter bei 2.875 $ je Unze. Einem etwas stärkeren Kaufinteresse von Investoren stand dabei eine geringere Nachfrage von Industrieunternehmen gegenüber.
Ein aufgrund des relativ hohen Preisniveaus ebenfalls gesunkenes industrielles Kaufinteresse gab es auch beim Ruthenium. Dieses notiert im Vergleich zum Zeitpunkt der Abfassung unseres letzten Berichts aktuell unverändert bei 235 $ - 260 $ je Unze.
Noch einmal gestiegen ist seit Monatsbeginn das Iridium, das inzwischen bei 600 $ - 650 $ notiert. Anders als zunächst vermutet handelt es sich bei den aktuellen Preisen allerdings noch nicht um ein neues Allzeithoch. In den siebziger und zu Beginn der achtziger Jahre gab es Preisspitzen, die noch deutlich über das aktuelle Niveau hinausreichten. Damals wurden für das seltene Edelmetall (Welt-jahresproduktion rund vier Tonnen) mehrmals kurzfristig Notierungen von bis zu $800 je Unze erreicht (Basis: Metals Week New York Dealer Prices).
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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