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Interview mir Uwe Bergold: "Fehlt das Brot im Haus kehrt der Frieden aus!"

18.05.2012  |  Presse

Hannes Huster: Hallo Herr Bergold. Es freut mich sehr, dass ich wieder einmal mit Ihnen die aktuelle Lage an den Märkten besprechen kann und meinen Lesern Ihre Sichtweise der Dinge präsentieren darf. Ich denke, gerade in Zeiten wie aktuell, ist es ganz wichtig, den Blick auf die großen Trends nicht zu verlieren. Beginnen möchte ich mit den Edelmetallen. Der Goldpreis markierte in 2011 ein Hoch bei 1.923 USD je Unze und korrigierte anschließend recht schnell auf 1.535 USD. Aktuell notieren wir um 1.635 USD. Wie sehen Sie die aktuelle Lage bei Gold? Haben wir in 2011 das vorläufige Hoch für die nächsten Monate und Jahre gesehen oder sehen Sie noch höhere Goldpreise in der Zukunft?

Uwe Bergold: Wir befinden uns aktuell auf der “Startrampe” zum nächsten taktischen Hausse-Impuls. Solche Korrekturen, wie wir sie aktuell erleben, schütteln nur die “zittrigen Hände” aus dem Markt. Ich gehe davon aus, dass der Goldpreis in den kommenden 12 bis 18 Monaten die 3.000 USD erreicht.


Hannes Huster: Auf der jüngsten Hauptversammlung von Berkshire Hathaway machte Charlie Munger Stimmung gegen Gold. Laut seiner Aussage kaufen zivilisierte Anleger kein Gold. Dies erinnert mich an George Soros in 2010. Er bezeichnete Gold als die ultimative Blase, kaufte aber just zu diesem Zeitpunkt kräftig ein. Wie bewerten Sie solche Aussagen?

Uwe Bergold: Das sind Phrasen von prominenten "Goldgegenern", die noch unentschlossene Investoren vom Goldkauf abhalten sollen. In der Vergangenheit häuften sich solch negative Goldäußerungen von der "Finanzprominenz" fast immer an taktischen Tiefpunkten, weshalb ich solche Aussagen auch sehr positiv bewerte.


Hannes Huster: Im ersten Quartal 2012 haben wieder einige Notenbanken Gold gekauft. Wird der Trend anhalten, dass Notenbanken als Netto-Gold-Käufer auftreten oder ist dies nur Zufall?

Uwe Bergold: Während wir weltweit einen Abwertungswettlauf aller Währungen erleben (Globale Inflationierung), ist es nur die logische Konsequenz, dass die Zentralbanken ihre Devisenreserven immer mehr in das einzig wahre Geld Gold umschichten. Diese Tendenz wird zwangsweise weiter zunehmen.


Hannes Huster: Die chinesische Zentralbank hat lange nichts mehr von sich hören lassen, was Goldkäufe bzw. die eigenen Goldreserven angeht. Kauft die chinesische Notenbank noch Gold?

Uwe Bergold: Die Chinesen haben sich in den vergangenen zehn Jahren als hervorragende Strategen in Sachen Investment herausgestellt. Seit dem Millenniumswechsel akkumulieren sie nicht nur Gold, sondern alles was mit Rohstoffen (Rohstoffe, Rohstoffunternehmen, Rohstoffländereien) zu tun hat. Aus meiner Sicht werden sie natürlich ihren riesigen USD-Devisenüberhang sukzessive weiter in Gold tauschen.


Hannes Huster: Der kleine Bruder Silber stand vor ziemlich genau 12 Monaten bei knapp 50 USD je Unze. Halbierte sich anschließend und notiert aktuell bei rund 30 USD. Wie ist hier ihr Ausblick?

Uwe Bergold: Beim Silber bin ich sogar noch optimistischer als beim Gold. Aufgrund der zunehmenden Investmentnachfrage, neben dem industriellen Verbrauch, sehe ich beim "Gold des kleinen Mannes" goldige Zeiten voraus. An der COMEX werden aktuell zirka 140 Jahresproduktionen (!) Silber auf Termin gehandelt. Dieses abnormale Verhältnis wird sich in den kommenden Jahren auf alle Fälle bereinigen. Im Gegensatz zum Gold, gibt es beim Silber keine gelagerten Reserven. Während Gold knapp 100 Prozent über seinem alten Allzeithoch ("Referenzpunkt") aus dem Jahr 1980 notiert, liegt Silber noch immer knapp 50 Prozent darunter.


Hannes Huster: Kommen wir nun zum Thema Minenaktien. Der AMEX GOLD BUGS hat von seinem Hoch gut 30% verloren. Auch alle anderen Minenindizes mussten kräftig Federn lassen. Dies hat zu starken Kursverlusten bei den Big-Boys der Branche geführt und wie immer haben die kleinen und mittelgroßen Unternehmen noch mehr an Boden verloren. Warum werden Ihrer Meinung nach die Minenaktien in den letzten Monaten so abgeschlachtet?

Uwe Bergold: Ich glaube, dass es nur sehr wenige Menschen gibt, die kurzfristige Börsenentwicklungen auch wirklich erklären können (Zitat: "Nicht die Meldungen machen die Kurse, sondern die Kurse die Meldungen."). Was ich erklären kann, ist zum einen die langfristig makroökonomische Zyklik (Boom & Bust Cycles). Also, warum wir uns strategisch seit dem Millenniumswechsel in einem Rohstoff- und Edelmetallbullenmarkt befinden und warum man seitdem investiert sein sollte. Und zum anderen kann ich bei taktischen Preisrückgängen darauf hinweisen, dass es sich dabei nur um eine Korrektur im übergeordneten Hausse-Markt handelt. Auch aktuell ist dies wieder der Fall: Die Minenaktien sind aktuell in Bezug auf den Gold- und Silberpreis historisch günstig bewertet.





Hannes Huster: Es kommt einem aktuell so vor, als würden sich die letzten Investoren gar aus dem Minensektor verabschieden. Was muss passieren, dass endlich wieder Schwung in diesen Bereich kommt?

Uwe Bergold: Ja, wir erleben aktuell wieder eine Kapitulationsphase im Minensektor, wie zuletzt im Oktober 2008. Derjenige, der von der Strategie nicht 100%ig überzeugt ist, übersteht solche Korrekturphasen meist nicht. Wie so oft in der Vergangenheit, finden dann die meisten Verkäufe am unteren Wendepunkt statt. In solch hochemotionalen Phasen, sollte man verstärkt die rationalen Fakten betrachten.

Aus fundamentalen (historisch günstige Bewertungskennzahlen), markttechnischen (historisch extrem überverkauft) und sentimenttechnischen (historisch negative Stimmung) Gesichtspunkten betrachtet, generieren wir im Minensektor aktuell wieder einmal ein Mehrjahrestief, wie zuletzt im Oktober 2008 oder Mai 2005.


Hannes Huster: In der Vorwoche haben die ersten großen Gold- und Silberproduzenten die Zahlen für das erste Quartal vorgelegt. Aus meiner Sicht meist recht solide Zahlenwerke, wobei die Produktionskosten fast bei allen Unternehmen sehr schnell und stark steigen. Kostenanstiege von 10% oder mehr pro Quartal sind heftig. Was können die Minenunternehmen gegen diese stark steigenden Kosten tun und wird sich dieser Trend weiter fortsetzen?

Uwe Bergold: Bei den Kosten der Minen spielen die Rohstoffpreise als Hauptfaktor (neben Lohn-, Währungs- und Steuerpolitik) eine entscheidende Rolle. Der Ertrag ergibt sich aus dem Verhältnis des Goldpreises (Umsatzfaktor) zu den Rohstoffpreisen (Hauptkostenfaktor). Somit kann der Kostenpreisanstieg (steigende Rohstoffpreise) nur mit einem noch stärker steigenden Umsatz (stärker steigender Goldpreis) kompensiert werden.

Obwohl wir uns seit dem Millenniumswechsel in einer nominalen (in staatlichen USD bewerteten) Rohstoff-Hausse befinden, fallen die Rohstoffpreise in Unzen Gold ("Marktgeld") bewertet seitdem. Und diese Tendenz (Deflation in Marktgeld Unzen Gold, bei gleichzeitiger Inflation in Staatsgeld) wird weitergehen. Somit ist die fundamentale Basis (Goldpreis steigt stärker als die Rohstoffpreise) für die weiter laufende strategische Goldminen-Hausse gegeben. Taktische Korrekturen, so wie wir sie nun bereits seit 17 Monaten wieder erleben, kann man hierdurch jedoch nicht erklären.


Hannes Huster: Auch der Bau neuer Minen wird immer kostenintensiver. Egal wo man hinschaut, Kostenüberschreitungen und dies nicht zu knapp. Sind dies kurzfristige Erscheinungen oder müssen wir damit kalkulieren, dass die Machbarkeitsstudien nicht den reellen Kosten entsprechen?

Uwe Bergold: Dies sind alles taktische Marktphänomene, die von der strategischen Entwicklung mit eskomptiert werden. Hier treten sehr viele individuelle Probleme auf (die man bei der Auswahl von Einzelminen hat), welche den langfristig makroökonomischen Verlauf jedoch nicht verändern werden.


Hannes Huster: Auch die politischen Risiken nehmen stetig zu. Verstaatlichungen in Argentinien, Aufstände in Mali oder neues Minenrecht in Indonesien. Welche Länder bevorzugen Sie bei Mineninvestments und welche Regionen sind für Sie ein "no go"?

Uwe Bergold: Je sozialistischer ein Land regiert wird, desto höher ist die Enteignungsquote (Zitat: "Privateigentum ist Diebstahl am Volk"). Da wir aktuell weltweit einen immer stärkeren "Linksruck", mit immer schneller werdenden Regierungswechseln erleben, wird es immer schwieriger dieses politische Risiko zu kalkulieren. Die Vergangenheit hat zusätzlich gezeigt, dass auch das Investment in physischem Edelmetall immer enormen politischen Risiken unterlag (siehe historische Goldverbote).


Hannes Huster: Mit den starken Kursverlusten in den vergangenen Monaten haben viele Anleger bereits das Handtuch geworfen bzw. sie stehen knapp davor. Macht es aus Ihrer Sicht Sinn, jetzt zu verkaufen oder raten Sie zu einem kühlen Kopf?

Uwe Bergold: Beim Vergleich der aktuellen Situation mit der Vergangenheit (ähnliche Bewertungssituation wie im Oktober 2008), haben wir derzeit auf gar keinen Fall Verkaufskurse. Für den langfristigen Investor bieten sich antizyklisch aktuell hervorragende Kaufkurse. Der Prozykliker sollte noch den Bruch der Abwärtstrendlinie des XAU-GOLD-Ratios abwarten.





Hannes Huster: Zum Ende noch ein Blick auf die Weltwirtschaft. In den USA kommt der Konjunkturaufschwung nur sehr langsam voran. Glauben Sie, dass die FED sich das noch lange tatenlos ansehen wird oder kommt es erneut zu Eingriffen der US-Zentralbank?

Uwe Bergold: Sobald es die ersten offiziellen Schwächeanzeichen der US-Wirtschaft gibt, wird die FED wieder auf das geldpolitische Gaspedal treten, wie es in der Geschichte immer so war. Bernanke hat dies ja bei seinem letzten Statement bereits angekündigt.


Hannes Huster: Am Wochenende wurde in Frankreich und Griechenland gewählt. Der Trend geht hin zu den extremen Parteien. Wie schätzen Sie die Gefahr ein, dass wir in Europa noch stärkere politische Unruhen bekommen?

Uwe Bergold: Sehr hoch. Unabhängig welche Partei gewählt wird, der weiter fortschreitende wirtschaftliche Niedergang sorgt zwangsweise für zunehmend soziale Unruhen. Fehlt das Brot im Haus (Grundbedürfnisse können nicht mehr gedeckt werden), kehrt der Frieden aus.


Hannes Huster: Wird der Euro in der Form wie wir ihn jetzt kennen die nächsten zwei Jahre überleben?

Uwe Bergold: Der Euro ist politisch gewollt und wird politisch auch weiter verteidigt. Vom Markt aus betrachtet, ist die aktuelle Euro-Debatte ("Euro-Zusammenbruch") doch etwas hysterisch. Als der Euro eingeführt und als Konkurrenz zum Dollar präsentiert wurde, also bei bester Stimmungslage, stand der Euro bei etwa 0,85 USD. Aktuell, bei der größten Euro -Untergangsstimmung steht er bei 1,30 USD, also über 50 Prozent höher zum USD als damals. Der Markt sieht den Euro jedenfalls nicht untergehen. Was untergeht, ist die Kaufkraft aller Währungen weltweit. Alle Züge fahren rückwärts, erkennbar am "Marktgeld" Gold.


Hannes Huster: Stichwort China. Die Chinesen sind im 1. Quartal um 8,20% gewachsen und damit leicht unter den Schätzungen einiger Analysten. Ich sehe dies nicht als einen Beinbruch an, besonders mit dem Wissen, dass die chinesische Zentralbank noch gewaltigen Handlungsspielraum mit einem Mindestreservesatz von derzeit 20,50% hat. Wie sehen Sie die wirtschaftliche Entwicklung in China?

Uwe Bergold: China wird weiter als globale Zugmaschine fungieren. In den kommenden Jahren werden wir zunehmend eine Verschiebung von West nach Ost erleben. Der Wohlstand folgt dem Gold. Dort wo sich Goldbestände verringern, verringert sich der Wohlstand und dort wo sie aufgebaut werden, steigt er.


Hannes Huster: Thema Inflation. Offiziell ist diese in den USA und in Europa nicht besonders hoch. In anderen Ländern wie z.B. in Indien galoppiert sie aber bereits. Wie schätzen Sie die Inflationsentwicklung in Europa und den USA in den nächsten ein bis zwei Jahren ein?

Uwe Bergold: Inflation ist immer und überall ein monetär exponentielles Phänomen. Jedoch tritt sie nie gleichmäßig, sondern immer in Schüben auf. Dies bedeutet, dass die Anstiege im Durchschnitt immer höher und in immer kürzeren Abständen erfolgen. Da die Ursache immer übermäßiges Geldmengenwachstum pro Produktionseinheit ist, kann man sich vorstellen, was in den kommenden Jahren inflationär auf uns zukommt, wenn man sich die historisch einmalig aufgeblähten Zentralbankbilanzen in Europa und USA ansieht. Ein kommender "Inflations-Tsunamie" ist für mich unausweichlich.


Hannes Huster: Was wollen Sie meinen Lesern noch mit auf den Weg geben?

Uwe Bergold: Auch in diesen stürmischen Zeiten Nerven bewahren und an seiner Strategie festhalten. Dies bedeutet bei Korrekturen in Gold, Silber oder den Edelmetallminen "Halten" oder noch besser günstig "Nachkaufen". Ans Verkaufen sollte man erst denken, wenn sich der strategisch langfristige ohstoff-/Edelmetall-Bullenmarkt dem Ende zu neigt. Bis dahin sollten aber noch ein paar Jahre vergehen. Die Bewertung der Gold- und Silberminen gegenüber dem Aktienmarkt (XAU-DJIA-Ratio) liegt aktuell gerade erst auf dem Niveau wie zuletzt Anfang der 1970er Jahre, also am Beginn und nicht am Ende der Gold-Hausse.


Hannes Huster: Herr Bergold, vielen Dank für das interessante Interview.


Uwe Bergold (Jahrgang 1966), Dipl.-Betriebswirt (FH) mit Schwerpunkt Bank-, Finanz- & Investitionswirtschaft, leitete über fünf Jahre eine der ersten Vermögensverwaltungen in Deutschland, die ihren Schwerpunkt auf Edelmetall- und Rohstoffinvestments setzte. Er kündigte in einer Zeitungspublikation die Aktienbaisse im März 2000 und ein Jahr später die Goldhausse an. Seitdem liegt sein Investmentschwerpunkt auf dem Gold- und Rohstoffsektor. Seine Anlagestrategien als Vermögensverwalter wurden wiederholt von Fachmedien ausgezeichnet (Fuchsreport, Die Welt, Welt am Sonntag). Seit 2004 zählt ihn die Welt am Sonntag zur Elite der Goldexperten im deutschsprachigen Raum. Uwe Bergold ist Fondsmanager und mehrfacher Buchautor. Sein vorletztes Buch, "Investmentstrategien mit Rohstoffen", zählt mittlerweile zu einem Standardwerk zum Thema "Gold und Rohstoffe". Von 2001 bis 2007 war er Lehrbeauftragter an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Amberg-Weiden und Gastdozent an der Hochschule für Bankwesen in Poznan. Von 2003 bis 2007 war er Referent bei Bankvorstandsseminaren zum Thema "Aufsichtsrecht und Gesamtbanksteuerung" für die Roland Eller Consulting GmbH. Seit 2008 ist er Referent bei der Internationalen Kapitalanlegertagung (ZfU International Business School) in Zürich. Er ist Gesellschafter der GLOBAL RESOURCES INVEST GmbH & Co.KG, der pro aurum value GmbH und geschäftsführender Gesellschafter der GR Asset Management GmbH. Damit ist er verantwortlich für die Anlagestrategie der drei Investmentfonds "pro aurum ValueFlex" (WKN: A0YEQY), "NOAH-Mix OP" (WKN: 979 953) und "GR Dynamik OP" (WKN: A0H 0W9).


© Hannes Huster
Der Goldreport


Das Interview wurde von Hannes Huster am 09.05.2012 mit Herrn Uwe Bergold geführt.