Edelmetalle Aktuell
23.07.2010 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und die Platingruppenmetalle Palladium, Iridium, Osmium, Ruthenium und Rhodium gehören zum Kerngeschäft der W. C. Heraeus GmbH mit Stammsitz in Hanau. Das Tochterunternehmen Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH ist für den weltweiten Handel der Edelmetalle im Konzern tätig. In einem wöchentlich erscheinenden Marktbericht veröffentlicht das Unternehmen einen Marktüberlick in mehreren Sprachen.
- Gold
Trotz einer anfänglich hohen Nachfrage durch internationale Investoren kam der Goldpreis in den vergangenen 14 Tagen nicht richtig in Schwung. Wenigstens konnte er anfangs die Marke von 1.200 $ wieder durchbrechen, schon 1.218 $ ging dem gelben Metall dann aber die Puste aus.
Um wenigstens diesen verhaltenen Anstieg zu erreichen, mussten die Investoren an der COMEX in New York ihre Positionen um rund 360.000 Unzen (11,2 t) ausbauen und zusätzlich die Inhaber der verschiedenen ETFs weitere 5 t aus dem Markt nehmen. Außerdem waren auch noch die indischen Händler gefordert, die ihre physischen Bestände in Erwartung eines Nachfragebooms angesichts verschiedener im August bevorstehender Festivals ausgebaut haben.
Meldungen über einen Rückgang der Inflationsgefahren in den USA machten dann aber den Goldbullen erst einmal einen Strich durch die Rechnung. Hinzu kam noch, dass zumindest hier in Europa das Aufkommen an Altgold, welches auf den Markt zurückfließt, unvermindert anhält. Der Preis fiel nicht zuletzt aus diesen Gründen in der ersten Hälfte dieser Woche auf den Tiefststand des Berichtszeitraums bei 1.175 $ je Unze. Dieses Niveau markierte gleichzeitig auch den tiefsten Stand der letzten beiden Monate.
Bis heute Nachmittag konnte die Notierung dann wieder etwas zulegen, bisher scheiterte sie aber noch an der Marke von 1.200 $. Der Anstieg im Laufe des heutigen Tages war sicher ein Stück weit das Werk von Schnäppchenjägern, die das niedrige Ausgangsniveau nutzten und sich dabei von einem zeitweise wieder etwas festeren Euro/ Dollar-Kurs und einem ebenfalls steigenden Ölpreis bestätigt fühlten.
An den deutschen Anlegern kann der Anstieg dagegen nicht gelegen haben: Die Nachfrage nach Investmentbarren in Mitteleuropa lag in den letzten zehn Tagen weiter auf niedrigem Niveau und daran hat auch der - wie oben beschrieben - zeitweise deutlich niedrigere Goldpreis in Euro kaum etwas geändert. Dieser war im Zuge des Einbruchs des internationalen Goldpreises und des gleichzeitigen Anstiegs des €/$-Kurses auf 1,3030 auf nur noch 908 € je Unze gefallen und damit auf den niedrigsten Stand seit Anfang Mai. Das bisherige Jahrestief am 4. Januar hatte allerdings noch einmal über 15% tiefer bei 758,50 € gelegen; auch das vielleicht ein Grund, warum sich die hiesigen Anleger so zurückhalten.
Die Gemeinschaftswährung hatte übrigens vor dem Erreichen des oben genannten Höchststandes in nur einer Woche fast 5 Cents zugelegt. Eine trotz Schuldenkrise erfolgreiche Anleihe-Platzierung südeuropäischer Länder; die Hoffnung auf ein überwiegend positives Resultat des Stress-Tests bei europäischen Banken und nicht zuletzt charttechnische Gründe waren die Hauptgründe für die Erholung des Euros.
Keine weiteren Erläuterungen gab es übrigens zu den im letzten Bericht beschriebenen Goldgeschäften der BIZ. Ansonsten teilte aus dem Zentralbank-Camp aber die Banque de France mit, dass sie im vergangenen Jahr 56t Gold verkauft habe. Die Reserven hätten am Jahresende noch bei 2.435t gelegen.
Damit ist die BdF jetzt der weltweit fünftgrößte offizielle Halter von Gold (nach den USA, der Bundesbank, dem IWF und Italien). Trotz der Verkäufe habe der Wert der französischen Goldreserven im vergangenen Jahr im Zuge des Goldpreisanstiegs um 10,2 Mrd. Euro zugenommen, teilte die Zentralbank in ihrem Geschäftsbericht für das vergangenen Jahr ferner mit.
Ob dieser Wert auch in den drei Wochen bis zu unserem nächsten Bericht noch weiter zunehmen wird, bleibt abzuwarten. Die derzeitige Meldungen aus der Wirtschaft deuten nicht gerade auf eine drohende Inflation hin und die Schuldenkrise verschwindet mehr und mehr aus dem Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Wenn jetzt die indischen Marktteilnehmer ab August als Käufer wieder ausfallen, müssen die westlichen Investoren erneut ran. Bis jetzt haben diese das Spiel mitgemacht, aber dazu muss das Metall über der charttechnischen Unterstützung bei 1.165 $ halten. Ansonsten sind weitere Verluste möglich, die auch wieder Kurse unter 1.100 $ bringen könnten.
- Silber
Der Silberpreis ist nach der Abfassung unseres letzten Berichts tendenziell erst einmal gestiegen. Dabei folgte er den Vorgaben des Goldes und des Euros, die zunächst beide in diesem Zeitraum zulegen konnten. Der Markt drehte dann allerdings gegen Ende der letzten Woche und die Notierung fiel zeitweise auf nur noch 17,40 $ zurück, dies war der niedrigste Stand seit Anfang Juni.
Der Blick auf die einmal in der Woche veröffentlichte Höhe der offenen Positionen an der New Yorker Terminbörse COMEX zeigt den Hauptgrund für den beschriebenen Rückgang des Silberpreises. Die spekulativen Positionen insbesondere der "kleineren" Händler und Investoren haben in der letzten Woche um über 6,4 Mio. Unzen (über 200t) abgenommen. Dabei hat sich der Rückgang dieser Positionen, der nun schon seit drei Wochen andauert, noch einmal verstärkt. Die offenen Pluspositionen an der COMEX betragen aber trotz der Abgaben noch immer 261 Mio. Unzen (8.118 Tonnen). Auch wenn dies der niedrigste Stand seit März ist, bedeutet diese Zahl noch immer eine potentielle Gefahr für den Preis für den Fall, dass diese Investoren ihre Positionen eines Tages in größerer Zahl liquidieren wollen.
Zumal diese als Inhaber von Silber nicht alleine stehen: Bei den wichtigsten ETFs hat die Nachfrage in den letzten beiden Wochen sogar noch einmal zugenommen und die Bestände liegen mit jetzt 441 Mio. Unzen (13.717 Tonnen!) auf einem neuen Rekordstand.
Die Investoren in Barren in Deutschland haben sich von der Käufen in Übersee allerdings nicht anstecken lassen. Die Nachfrage nach Barren war jedenfalls einmal mehr überschaubar.
In den letzten beiden Tagen konnte das weiße Metall übrigens eher wieder etwas zulegen, dabei dürfte nicht zuletzt auch die unverändert anhaltende physische Nachfrage aus der Industrie geholfen haben.
Für die nächste Woche erwarten wir ein eher ruhiges Geschäft; die Sommerferienzeit in wichtigen Ländern der Nordhalbkugel sollte sich bezüglich der Preisvolatilität dämpfend auswirken. Trotz der erwarteten Ruhe sollten aber zwei Chartpunkte im Auge behalten werden: Ein Anstieg über 18,45 $ je Unze könnte der Notierung Rückenwind verleihen; auf der anderen Seite muss jetzt die Marke von 17,40 $ halten, damit das Metall nicht in Versuchung kommt, den Tiefstkurs von März bei 16,50 $ zu testen.
- Platin
Das Platin hat sich in den letzten beiden Wochen eher seitwärts bewegt. Einem anfänglichen Anstieg folgte dabei ein langsamer Rückgang, am Ende verließ das Metall das Preisband zwischen 1.488 $ und 1.534 $ aber nicht. Damit blieb das Platin innerhalb der von uns zuletzt prognostizierten Handelsspanne und in den nächsten Stunden wird sich daran wohl wenig ändern.
Mittelfristig ist es notwendig, die weitere Wirtschaftsentwicklung im Auge zu behalten: So haben sich die Platinimporte in China dank einer erhöhten Schmuck- und Industrienachfrage in den ersten sechs Monaten dieses Jahres im Vergleich zu 2009 auf knapp 42 Tonnen erhöht und damit mehr als verdoppelt. Nun ist die Frage, wie es nun im Reich der Mitte weitergeht. Über die nachlassende Dynamik bei den Autoverkäufen hatten wir ja schon in unserem letzten Report berichtet. Dies wurde in der Zwischenzeit noch durch Meldungen ergänzt, nach denen sich das Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte zuletzt insgesamt abgekühlt habe. Konkret heißt dies, dass im 1. Quartal das Bruttoinlandsprodukt (um eigentlich immer noch starke) 10,3% zugelegt hatte. Problem ist, dass es zum Jahresauftakt noch 1,5% mehr gewesen waren.
In weiten Teilen Europas hatte das Wirtschaftswachstum ja ohnehin noch nicht wieder an die Vorkrisenwerte anknüpfen können, was nicht zuletzt eine Folge der andauernden Finanz- und Wirtschaftsprobleme in einer ganzen Reihe von Ländern ist.
Und auch aus den USA kamen zuletzt neue Warnsignale: Die Wirtschaft dort schwächelt und der Arbeits- und - damit eng verknüpft - die Immobilienmärkte kommen nicht voran. Ben Bernanke, der Präsident der Federal Reserve (Fed), sagte hierzu am Mittwochabend vor dem Kongress: "Der wirtschaftliche Ausblick ist ungewöhnlich unsicher". Die Märkte zeigten sich entsprechend verschnupft und der Aktienmarkt in den USA fiel anschließend deutlich. Den industriell genutzten Edelmetallen dürften solche Meldungen ebenfalls nicht schmecken und auch wenn es zunächst beim Platin keine unmittelbare Reaktion gab, ist eine solche mittelfristig nicht gänzlich auszuschließen.
- Palladium
Das Palladium bewegte sich in den letzten Tagen weitgehend parallel zu den anderen Edelmetallen. Dies bedeutet, dass es zunächst nach oben ging, wobei das Metall auch noch von dem in der letzten Ausgabe unseres Berichts beschriebenen positiven Chartumfeld profitierte. Dieser Anstieg lief bei knapp 470 $ je Unze erst einmal aus, bevor es dann am vergangenen Freitag in Folge negativer Wirtschaftsnachrichten aus den USA (das Verbrauchervertrauen war hier auf ein 11-Monats-Tief gefallen) steil nach unten ging. Dieser Preisverfall brachte dem Palladium schließlich Notierungen von nur noch 432 $ je Unze. Dieses relativ niedrige Niveau sorgte dann aber, gepaart mit dem noch immer relativ starken Euro, für ein Erstarken des Kaufinteresses und eine Erholung der Notierung auf 450 $. Neben etwas industriellem Kaufinteresse waren es dabei vor allem spekulativ orientierte Investoren an der New Yorker Terminbörse, die mit ihren Käufen einen Beitrag zu der Erholung geleistet haben.
Für die nächsten Tage sehen wir trotz der zuletzt eher verhaltenen Nachrichten von den internationalen Automärkten kaum eine Gefahr, dass der Tiefstkurs des letzten Berichtszeitraums in Höhe von 415 $ rasch noch einmal getestet wird. Auf der anderen Seite bildet die charttechnische Marke von 470 $ vorerst eine hohe Hürde - vielleicht zu hoch, um kurzfristig übersprungen zu werden.
Was die chinesischen Palladium-Importe angeht, ließ die Dynamik zuletzt schon deutlich nach. Zum ersten Mal überhaupt in diesem Jahr lagen die Importmengen im Juni sogar unter den entsprechenden Monatswerten von sowohl 2008 als auch 2009.
- Rhodium, Ruthenium, Iridium
Eine Hauptrolle spielte in den letzten Tagen ganz klar das Rhodium. Dieses fiel deutlich von anfangs 2.400 $ auf am Ende nur noch 2.140 $ je Unze zurück. Fehlendes Kaufinteresse seitens der Industrie und gleichzeitig steigender Abgabedruck von Händlern und Investoren steckten hinter diesem vergleichsweise massiven Einbruch. Am Ende hatte das Metall seit Mitte Dezember 2009 nicht mehr so tief notiert. Angesichts dieses Umstands, sowie dadurch, dass sich bekanntermaßen in den letzten Tagen auch der Euro wieder von seinen jüngsten Tiefstständen erholt hatte, bot sich für industrielle Endabnehmer aus Europa eine gute Gelegenheit, relativ günstig Rhodium einzukaufen. Diese Chance haben sich denn auch einige Industrieunternehmen nicht entgehen lassen und das dürfte die Hauptursache dafür sein, dass sich der Preis des teuersten aller Edelmetalle gestern innerhalb weniger Minuten wieder auf deutlich über 2.200 $ befestigte.
In den letzten Stunden hat sich die Lage dann etwas beruhigt, aktuell liegt die Notierung bei allerdings nachlassendem Interesse bei 2.215 $ - 2.265 $ je Unze. Kurzfristig sehen wir keine Rückkehr des Rhodiumpreises in Richtung der Marke von 2.500 $; andererseits sollte der Preis auf der unteren Seite durch das noch nicht komplett befriedigte Kaufinteresse der Industrie gestützt werden. Das gilt ungeachtet des Umstandes, dass Händler und Investoren noch immer die eine oder andere ihrer spekulativen Pluspositionen am liebsten abbauen würden.
Nachdem sich in den vergangenen Tagen alle Aufmerksamkeit auf das Rhodium gerichtet hatte, blieb für die anderen beiden „kleinen“ Platinmetalle diesmal relativ wenig zu holen. Das Iridium liegt etwas tiefer bei 690 $ - 730 $; das zuletzt ja schon deutlich gefallene Ruthenium gab noch einmal leicht nach und notiert jetzt bei 170 $ - 210 $ je Unze.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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