John Embry über Gold, Silber, Währungen Rohstoffe (Teil 1)
05.07.2012 | Ron Hera
Der Hera Research Newsletter präsentiert Ihnen dieses aufschlussreiche Interview mit John Embry, dem leitenden Investmentstrategen der Sprott Asset Management LP. Mr. Embry ist ein weltweit bekannter Experte für den Goldmarkt sowie für Gold- und Edelmetallaktien. Aktuell kümmert er sich um den Sprott Gold and Precious Metals Fund. Seit 1963 analysiert er den Goldsektor und hat mehr als 30 Jahre praktische Erfahrung als Spezialist im Bereich Portfoliomanagement.
Der Diplom-Kaufmann machte seinen Abschluss an der University of Manitoba und begann seine Karriere als Aktienanalyst und Portfoliomanager bei Great West Life. Hier stieg er später zum Vizepräsidenten der Abteilung für Pensionsinvestitionen für die gesamte Firma auf. Nach 23 Jahren in dieser Firma wurde er Teilhaber bei United Bond and Share - eine Anlageberaterfirma, die 1987 von Royal Bank übernommen wurde.
Bei der Royal Bank wurde Embry zum Vizepräsidenten ernannt, bei RBC Global Investment Management arbeitete er als Wertpapier- und Portfoliomanager, von den 33 Milliarden $, die RBC Global verwaltete, managte Embry Vermögensanlagen im Wert von 5 Milliarden $ - darunter auch das 2,9 Milliarden schwere Flaggschiff Royal Canadian Equity Fund sowie den Royal Precious Metals Fund, der 2002 mit einem Gewinn von 153% zum erfolgreichsten Fonds in Kanada gewählt wurde.
Ron Hera: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. Reden wir über Goldaktien.
John Embry: Im Vergleich zum Goldpreis und zu den Fundamentaldaten des Sektors haben Goldaktien einen gewaltigen Wert zu bieten. Die Hedgefonds waren auf der Short-Seite extrem aktiv und in der Folge kam es auch bei engagierten Goldfonds zu Abflüssen von Investitionsgeldern. Privatinvestoren, sozusagen die natürlichen Käufer dieser Aktien, wurden von den Kursentwicklungen ausgelöscht. Damit bietet sich aber auch eine der besten Gelegenheiten, wenn nicht die beste, die ich je gesehen habe.
Ron Hera: Haben Sie ein kurzfristiges Preisziel?
John Embry: Kurzfristige Gold-Charts schau ich mir nicht an. In einem Markt, in dem so heftig eingegriffen wird, lassen sich kurzfristige Charts nach Belieben gestalten. Ich denke aber Folgendes: Wen die aktuellen Goldpreise nicht reizen, der muss wohl Währungen mögen. Und wie mein Geschäftspartner Eric Sprott häufig sagt: Der US-Dollar ist der attraktivste Patient auf der Sterbestation.
Der US-Dollar als die stärkste Währung der Welt: Ich könnte mir gar keine bessere Bestätigung und Rückendeckung für Gold vorstellen.
Ron Hera: Glauben Sie, dass Währungen gerade ihren Wert verlieren?
John Embry: Tatsache ist, dass die Wirtschaften langsam wegschmelzen. Das Problem sind die exzessiven Schulden in jedem Winkel der Welt. Diese Schulden ließen sich nur noch durch aggressives Wirtschaftswachstum beherrschen, doch die Schaffung von Wachstum mithilfe von Schulden kann nicht funktionieren. Die Vorstellung, man könnte die Wirtschaft wieder in Gang bringen, indem man noch mehr Schulden schafft, ist doch einfach unlogisch. Wir können doch schon die bestehenden Schulden nicht bedienen, selbst nicht zu unnatürlich niedrigen Zinssätzen. Ich kann hier keine einfache Lösung erkennen. Wir müssen die exzessive Verschuldung aus dem Finanzsystem bekommen. Entweder werden Politiker eine Inflationswelle in Gang setzen oder es wird einen deflationären Zusammenbruch geben.
Ron Hera: Europa ist dafür gerade das beste Beispiel. Denken Sie, dass der Euro auseinanderbrechen wird?
John Embry: Die Eurokraten, die Schöpfer dieser Währung, werden nicht so schnell locker lassen. Entscheidend wird sein, inwieweit die Deutschen dabei mitmachen werden. Sie wissen, dass ihnen gewaltige Verluste entstehen, wenn der Euro ausbricht. Ich möchte jetzt nicht in Angela Merkels Haut stecken. Deutschland ist im Euro gefangen, weil es auf Exporte angewiesen ist und weil deutsche Banken die Schulden anderer europäischer Länder halten. Trotz der Bailouts und der inflationären Politik der EZB bleibt Deutschland keine große Wahl.
Ron Hera: Wie können die europäischen Staaten ihre Schuldenprobleme lösen?
John Embry: Das Problem ist doch, dass man einen entsetzlichen Schuldenkollaps braucht, um wieder die Grundlage für zukünftige Expansion zu schaffen. Sie werden aber auf der ganzen Welt keinen Politiker finden, der das während seiner Amtszeit erleben möchte. Folglich werden die politischen Entscheidungsträger gegen die Deflation ankämpfen, und dann geht es in die andere Richtung - d.h. kräftig steigende Inflation oder möglicherweise eine Hyperinflation. Ich denke nicht, dass die Politiker das ganze System ändern werden. Das System wird meiner Meinung nach die Politiker ändern.
Ron Hera: Kann sich die Wirtschaft in einem Szenario mit hoher Inflation erholen?
John Embry: Noch höhere Verschuldung wird nicht funktionieren. Hohe Inflation hat aus meiner Sicht mit die stärkste zersetzenden Wirkung auf eine Wirtschaft oder ein Land. Ich mache mir wirklich Sorgen, dass neoklassische, keynesianische Ökonomen wie Paul Krugman, der zur Behandlung des Problems noch mehr Schulden empfiehlt, letztendlich einen Zusammenbruch auslösen.
Ron Hera: Sind diese Probleme Folge keynesianischer Wirtschaftpolitik?
John Embry: Wenn man den Keynesianismus, wie ihn Keynes ursprünglich gedacht hatte, anwendet, dann müsste der Staat eigentlich Überschüsse in Zeiten einer wachsenden Wirtschaft einfahren, um damit die Defizite zu finanzieren, die während eines Abschwungs gemacht werden. Diese Komponente hat man ganz bequem ausgeblendet. Also haben wir einen stupenden Schuldenaufbau erleben können. Ich glaube nicht, dass die Menschen wirklich begreifen, wie erst die Situation ist. Ich bin erstaunt, wie selbstzufrieden und satt die Menschen noch sind. Eine solche Situation hat es noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte gegeben.
Ron Hera: Warum sind die Menschen Ihrer Meinung nach so selbstzufrieden?
John Embry: Hier haben wir es wohl mit kognitiver Dissonanz zu tun. Wenn man mit etwas wirklich Unangenehmen konfrontiert wird, für das es keine einfach Lösung gibt, dann wird ein normaler Mensch dies sozusagen ausblenden und anderen Menschen einfach sagen, dass alles in Ordnung sei. Die Mainstream-Medien und die Regierungen machen in diesem Moment genau dasselbe. Folglich muss dieser "normale Mensch“ auch nicht sein Verständnis dessen ändern, was gerade tatsächlich vor sich geht. Der Durchschnittsbürger hat keine Ahnung, was da kommen wird.
Ron Hera: Und professionelle Investoren?
John Embry: Ich habe viele Freunde, die seit 40 Jahren in Investmentgeschäft sind und nichts davon hören wollen.
Ron Hera: Werden die Federal Reserve und die anderen Zentralbanken denn nicht das System retten?
John Embry: Die gehen davon aus, dass Geldschöpfung die Kurse an den Märkten stützen wird und dass das eine gute Sache ist, aber keines der Probleme wird dadurch gelöst. Zwar lässt sich damit eine temporäre Anhebung der Finanzmärkte erreichen, wenn dieser Effekt aber verbraucht ist, stehen wir wieder vor derselben Situation, dann aber mit einem Geld, das systematisch zerstört wird.
Ron Hera: Kann Gelddrucken kurzfristig funktionieren?
John Embry: Es gibt nominale Preise und es gibt reale Preise. Geldrucken ist eine sehr trügerische Angelegenheit, und die möglichen Effekte des Gelddruckens verwirren die Menschen. Ich interessiere mich nur für reale Gewinne, und nicht nominale Gewinne. Wenn man aufgrund von Inflation einen nominalen Gewinn macht, verliert man Geld, weil die öffentliche Hand nominale Gewinne auch noch besteuert.
Ron Hera: Können Staaten ihren Verschuldung „weginflationieren“?
John Embry: Die US-Regierung ist beispielsweise schon an dem Punkt, wo 40 Cent von jedem Dollar, der auf Bundesebene ausgegeben wird, geliehen sind, und ein großer Teil dieses Geldes wurde gedruckt. In der gesamten Geschichte gibt es kein Beispiel dafür, dass eine solche Situation nicht mit einem Destaster endete. Mit Blick auf die Erfahrungen aus der Vergangenheit befinden wir uns jetzt in einer hoffnungslosen Situation. Bis jetzt blieben wir nur verschont, weil der US-Dollar die Weltreservewährung ist. Hätten die Vereinigten Staaten nicht die Möglichkeit, Geld zu drucken, und wären sie so gefangen wie die Europäische Union, dann wären die USA ein riesiges Spanien.
Ron Hera: Können Staaten ihr Verschuldungsprobleme also durch Inflation lösen oder nicht?
John Embry: Inflation ist die einfachere und wohl vorteilhaftere Methode, ich würde einen Unfall aber nicht ausschließen. Sollten die Politiker es mit der strengen Spar- und Maßhaltepolitik zu weit treiben, dann könnten sie eine deflationäre Kettenreaktion in Gang setzen, die sich unmöglich unterbrechen ließe. Ich stehe auf der Seite der Österreichischen Wirtschaftstheorie. Ludwig von Mises schrieb in seinem Buch "Human Action“, dass sich der Zusammenbruch eines kreditfinanzierten Booms unmöglich aufhalten ließe und zusätzliche Kreditexpansion letztendlich nur die Währung zerstören würde.
Ron Hera: Aber hilft und stützt eine inflationäre Geldpolitik denn nicht die Banken und das Finanzsystem?
John Embry: Die EZB könnte auch noch weitere Langfristige Refinanzierungsoperationen (LTRO) durchführen, die Federal Reserve könnte auch noch mehr US-Staatsanleihen am offenen Markt aufkaufen, aber mit all dem wäre das Problem nicht wirklich gelöst. Würde man das Bankensystem einer echten Überprüfung unterziehen und alle Vermögensanlagen nach Marktbewertungsansatz bewerten, dann wäre das System insolvent.
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Zu Hera Research: Ron Hera ist Gründer von Hera Research, LLC. Hera Research analysiert die Beziehungen zwischen Makroökonomie, Staat, Banken und Finanzmärkten. Aktuell spezialisiert sich das Unternehmen auf den Bergbausektor, Metalle, Öl, Energie, alternative Energien, Agrarrohstoffe und andere Rohstoffe. Hera Research gibt einen monatlich erscheinenden Newsletter heraus.
Dieser Artikel wurde am 02.07.2012 auf http://news.goldseek.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten.de veröffentlicht.