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Aktuelle Lage an den Seltenen-Erden-Märkten

18.07.2012  |  Dr. Dietmar Siebholz

Es ist so gekommen, wie es immer geschieht: Die Bewegungen an den Kapital- und Rohstoffmärkten sind nicht nachzuvollziehen oder nur unter Beachtung des Phänomens des Trägheits-(sprich: Lemmings-) Prinzips zu verstehen. Da habe ich mich nun seit Jahren bemüht, meine Informationspartner über die Investments in den Seltenen Erden und den damit verbundenen Aktien zu unterrichten und meinen Partnern geraten, sich langfristig in diesen Minerale und den entsprechenden Aktien zu engagieren. Dann auf einmal sprangen alle möglichen Börsendienste, Kapitalanlagegesellschaften auf diesen Zug und dann ging die Post ab, erhebliche Sprünge in den Mineralpreisen und den Börsenkursen fanden statt. Als die Kapitalanlagebranche entdeckte, dass sich dieser Trend kräftemäßig aufgebraucht hatte, wurde zurückgerudert. Und nun heißt es für die Seltenen Erden, sie hätten keine Zukunft.

Für die Geschäfte in den physisch gehandelten Minerale der REO-Gruppe gab es noch ein Zusatzproblem, da einige der wenigen deutschen Metallhändler, die in diesem Bereich operierten, sich erhebliche Mengen auf Lager legten, um sich nicht nur die Handelsmarge aus der Vermittlung und der Verwaltung, sondern auch Gewinne aus der Verwertung eigener Bestände zu sichern. Nun sitzen sie auf ihren Beständen und sind nicht in der Lage, vernünftige Preise für den Verkauf von Kundenbeständen zu nennen. Alles in allem: Ein unerfreulicher Zustand, der sich inzwischen auf den gesamten Sondermetallbereich ausdehnt. Also doch: Ende des Aufschwungs?

Ich bin da ganz anderer Meinung, denn jetzt wäre die Zeit gekommen, sich nach den Übertreibungen der letzten zwei Jahre ein auf ein langfristiges Ziel ausgerichtetes Depot in diesen Werten zusammenzustellen. Und dies aufgrund meiner Erfahrungen, dass Kaufkurse immer in der "Nähe der Panik" liegen. Man muss nur der Überzeugung sein, dass nicht "das Ende der Welt" bevorsteht, weil das Finanzsystem wohl oder übel kollabieren muss oder ggfl. auch in der Versenkung verschwindet. Dass hier mit drakonischen Maßnahmen zu rechnen sein wird, halte ich für unausweichlich, aber trotz aller Bedenken wird sich der Stand der Technik in einer großen Krise nicht zurückentwickeln. Eher werden dann neue Technologien gesucht werden, die in der Krise Chancen auf höhere Leistungen und Energie- sowie Produktionskostenersparnisse bringen.

Unter diesem Aspekt sind dann auch die Anschaffungen von Seltenen Erden in physischer Form reizvoll, weil sich die Gedanken unserer Politiker aller Couleur (und das habe ich schon seit dem Frühjahr 2008 immer wieder betont und in Vorträgen dargelegt) darüber Gedanken machen, wie man die deutsche "Überschuldung" durch Sonderabgaben vermindern kann. So kreierte man die Mesapotamia-Story der Boston Consulting Group, so hat jüngst das DIW seine Gedanken einer 10%-igen Vermögensabgabe von sich gegeben, sicherlich im vorauseilenden Gehorsam im Sinne der Politiker, die uns über den ESM-Rettungsschirm nun in dankenswerter Weise an den Schulden aller anderen EU-Länder und deren Banken beteiligen wollen.

Physische Investments in strategisch wichtigen Metallen und Seltenen Erden könnten eine Lösung darstellen, denn die Administration wird sich - wenn überhaupt - auf die teuren Edelmetalle konzentrieren. Auch wenn ich Gold und Silber als Versicherung gegen den Diebstahl über Enteignung und Inflation schätze, muss realistischerweise davon ausgehen, dass man ideologisch erst einmal die doch so "reichen Goldbesitzer" plündern wird.

Wie ist nun die Weltlage bei den Seltenen Erden zu beurteilen?

Fangen wir erst einmal mit der Lage im Hauptproduzentenland (China) an. China hat viel getan, um die illegalen d.h. der staatlichen Kontrolle entzogenen Produzenten, die sich gegen die Politik der Regierung gestemmt haben, in die Knie zu zwingen. Und das mit Erfolg, denn drakonische Strafen wurden verfügt. Und die Folge? Die illegalen Firmen haben ihre Bestände fast vollständig veräußert, die "grauen Märkte" dürften so nahezu ausgetrocknet sein.

China hat nun alle Vorbereitungen abgeschlossen, um die Börse für die Notierung der Seltenen Erden in der Inneren Mongolei (in Baotou – dem Hauptstandort für die meisten Seltenen Erden) zum 08. August zu beginnen; das wird dann auch ein Weiteres dazu tun, die nicht kontrollierbaren Exporte einzudämmen. Auch das wird die Preissituation deutlich stabilisieren und das im Sinne der chinesischen Strategie und der künftigen Preispolitik.

Viel wichtiger ist jedoch, dass China zentralen Einfluss auf die besonders wichtigen und strategisch problematischen schweren Seltenen Erden nehmen wird. In den fünf südlichen Provinzen, in denen vor allem die tongebundenen schweren Seltenen Erden gefördert wurden, sind über hundert Betriebe stillgelegt worden, bei fast 100 Betrieben wurden wegen der Verstöße gegen die Exportgesetze ermittelt und einige Prozesse gegen die Verantwortlichen geführt. Bei den schweren Seltenen Erden werden sich diese Maßnahmen ab Mitte 2012 niederschlagen, denn ein großer Anteil der Produktion der schweren Seltenen Erden wurde von den betroffenen Unternehmen geleistetet..





Ob sich die von der chinesischen Führung in Auftrag gegebene Lagerhaltung in Baotou auf die Preisentwicklung auswirken wird, wage ich zu bezweifeln. Baotou ist vor allem für die Gewinnung von leichten Seltenen Erden verantwortlich und der geforderte Pool von nahezu 300.000 Tonnen soll sich fast ausschließlich auf die leichten und mittleren Seltenen Erden konzentrieren.

Alle Zeichen deuten daraufhin, dass man - bevor man sich auf ein Engagement bei den Seltenen Erden einlässt - erst einmal eine Entscheidung darüber fällen muss, auf welche Seltenen Erden man sich konzentriert.

Hier kann ich auf die Erfahrungen meiner langjährigen Informationspartnerr aus Nordamerika, die als Spezialisten für Seltene Erden bekannt sind; und auf meine eigenen Erfahrungen verweisen. Wir empfehlen die Konzentration auf Neodym (bei den leichten Seltenen Erden), dann auf Dysprosium (als wichtige Komponente für Hochleistungsmagnete) und ferner auf Europium, Terbium und Yttrium.

Was ist nun mit den vielzitierten neuen Produktionsstätten? Da werden nun von den mehr als 400 vermeintlichen künftigen Lagerstätten (meine Partner in den USA schätzen, dass von diesen höchsten 5% überleben und bis zur die Ausbeutung der Lagerstellen gelangen werden) nur noch wenige übrig bleiben, vorausgesetzt, diese erhalten die für den Abbau, für die Konzentratgewinnung und die Separation erforderlichen hohen Finanzmittel. Ich wage zu bezweifeln, dass die meisten Explorationsgesellschaften diese Finanzierungen angesichts der labilen Lage an den Kapitalmärkten zustande bringen werden. So bleiben nur noch die derzeit nahezu produktionsbereiten Unternehmen wie Alkane, Arafura, Lynas und Molycorp. Das Produktionspotential dieser Unternehmen liegt aber zu mehr als 98% bei den leichten und mittleren Seltenen Erden. Vor allem Molycorp, die derzeit sehr aggressiv auftreten, sind kaum in nennenswerter Weise in der Lage, schwere Seltenen Erden zu produzieren. Lynas wird, sofern sie die Produktion aufnehmen dürfen, nur 2,5% ihres mit anfänglich ca 12.000 Tonnen geschätzten Potentials an schweren Seltenen Erden rechnen. Bei Alkane liegt dieser Wert erheblich höher, allerdings kann die Produktion (eine umfassende Finanzierung vorausgesetzt) nicht vor dem Jahre 2015 aufgenommen werden.

Ausgenommen von dieser Betrachtung ist Neodym, denn hier werden die oben genannten möglichen Produzenten ein größeres Volumen, wenn sie denn zur Produktion gelangen, an Neodym liefern können.

Ganz sicher bin ich mir jedoch, dass in den genannten schweren Seltenen Erden die Preisentwicklung ihren Niedergang aus den "luftigen Höhen" der letzten 18 Monate sehr bald beenden wird.

Grundsätzlich gebe ich zu bedenken, dass weder den Aussagen der chinesischen Regierung noch der internationalen Verbraucher getraut werden sollte, denn die Volatilität der Preise für die SE ist schon beachtlich und die Märkte werden von den oben genannten Partnern sicherlich in deren Interessen sehr beeinflusst. Allein schon die sehr unterschiedlichen Aussagen zum Weltjahresverbrauch und der Weltjahresproduktion bestätigen dieses. Gehen wir davon aus, dass der geschätzte Weltjahresverbrauch nicht - wie es die Verbraucherunternehmen offenlegen - bei ca. 96.000 Tonnen liegt, sondern mehr bei realen 115.000 bis 120.000 Tonnen. Bislang wurde meines Erachtens nach die Differenz von den illegal operierenden chinesischen Unternehmen zur Verfügung gestellt. Wenn diese Kapazitäten nun nach den strikten Maßnahmen in China vom Markt genommen werden, dann stellt sich vor allem bei den schweren Seltenen Erden eine große Lücke dar, die geschlossen werden muss. Derzeit befriedigen sich die verbrauchenden Unternehmen noch aus der Lagerhaltung, die aber bald beendet sein müsste. Und ab diesem Zeitpunkt wirkt dann der durch die chinesische Zentralregierung bereinigte Markt.

Abschließend möchte ich anmerken, dass ich mir die Mühe gemacht habe, die offizielle Stellungnahme der chinesischen Regierung in unsere Sprache zu übersetzen. Ich halte von den dort gemachten Ausführungen nichts, denn sie sind ausschließlich auf das Ziel gerichtet, Chinas Strategie zu verschleiern, indem man immer wieder die Notwendigkeit betont, dass wegen der internationalen berechtigten Kritik an den ökologischen und energievernichtenden Problemen der chinesischen REO-Unternehmen die immer wieder geforderte Umstellung der chinesischen REO-Unternehmen nunmehr strikt umgesetzt werden müsste. Dass dabei auch der Weltmarkt seine Opfer (sprich: Preiserhöhungen) bringen muss und die dabei entstehenden großen Kostenbelastungen finanziert werden müssen, ergibt sich von selbst.

Mein Resumée: China wird sich nicht von Führerstand der REO-produzierenden Länder verdrängen lassen und seine Preis- und Exportpolitik fort- und durchsetzen. Denn auch bei allen Erklärungen, dass sich China als zuverlässiges Mitglied der Welthandelsländer sehen will, steht die Aussage, dass China erst nach Bedienung der inländischen Nachfrage über die Höhe seiner Exportquoten nachdenken wird. Und das verstehe ich ganz besonders im Hinblick auf die schweren Selten Erden als reale Bedrohung. Zumal sich ja aus den aktuell anstehenden möglichen neuen REO-Produzenten kaum ein nennenswertes Neuangebot von schweren Seltenen Erden ergeben wird. Chinas Strategie kann also ungebrochen fortgesetzt werden.

Und das wird sich besonders auf die Preise der schweren Seltenen Erden auswirken. Ich werde mich weiter und in stärkerem Maße bei den schweren Seltenen Erden engagieren, sei es über Anschaffung von REO-Mineralen in physischer Form oder in aussichtsreichen Explorationsunternehmen, die meiner Meinung nach in die Produktion gehen könnten.


© Dr. Dietmar Siebholz
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