Edelmetalle Aktuell
01.12.2010 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und die Platingruppenmetalle Palladium, Iridium, Osmium, Ruthenium und Rhodium gehören zum Kerngeschäft der W. C. Heraeus GmbH mit Stammsitz in Hanau. Das Tochterunternehmen Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH ist für den weltweiten Handel der Edelmetalle im Konzern tätig. In einem wöchentlich erscheinenden Marktbericht veröffentlicht das Unternehmen einen Marktüberlick in mehreren Sprachen.
- Gold
Angesichts des Gesamtumfelds ist es nicht verwunderlich, dass der Goldpreis in den letzten vier Wochen zunächst einmal mehr auf ein neues Allzeithoch klettern konnte. So sehen sich die Finanzmärkte unverändert einer Flut von Liquidität gegenüber; Banken vor allem in den USA, aber auch in europäischen Ländern haben weiter erhebliche Probleme und ganze Staaten scheinen finanziell nicht weit vom Abgrund entfernt zu stehen, das jüngste, viel diskutierte Land ist hier natürlich Irland.
Zu allem Überfluss kam dann noch der Präsident der Weltbank, Robert Zoellick, und brachte in einem Gastbeitrag in der "Financial Times" eine Einbindung des Goldes in ein wie auch immer gestaltetes neues Weltwährungssystem ins Spiel.
Zoellick forderte in dem Beitrag vor allem von den G20-Ländern einen Plan für ein neues Währungssystem. An diesem System müssten wahrscheinlich der Dollar, der Euro, der Yen, das britische Pfund und der chinesische Renminbi beteiligt sein. "Auch sollte das System in Betracht ziehen, Gold als einen internationalen Bezugspunkt für Markterwartungen zu Inflation, Deflation und künftigem Währungswert zu nutzen. Laut Lehrbuch gilt Gold zwar als altes Geld, doch die Märkte nutzen Gold heute als alternative Form von Geldanlagen", schrieb der Weltbank-Präsident in dem Beitrag.
Später relativierte Zoellick zwar seine Aussagen und sprach sich gegen einen direkten Gold-Standard aus. Am Ende war es aber mehr eine Präzisierung, als eine 180-Grad-Wende: "Ich plädiere nicht dafür, zum 19. Jahrhundert zurückzukehren, als die Geldversorgung an Gold gekoppelt war", sagte er. Allerdings sei Gold bereits heute ein Referenzpunkt geworden, weil Investoren schwaches oder unsicheres Wirtschaftswachstum überall in der Welt außer in China sähen.
Die Idee eines neuen Gold-Standards ist unter Volkswirten umstritten: Mehrheitlich halten sie wohl die Idee für falsch. Ein Argument ist, dass die Geldmenge dann wegen der Endlichkeit der Goldvorräte nur begrenzt steigen könne, was zu Deflation führen würde. Derzeit werfen sich ja weltweit mehrere Länder gegenseitig vor, die eigene Währung schwächen zu wollen, um der Exportwirtschaft Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Allerdings gibt es auch prominente Befürworter für eine Rückkehr des Goldes in das Weltwährungssystem. Einer ist der Chefvolkswirt von Barclays Deutschland und Professor an der Frankfurt School of Finance, Thorsten Polleit. Ein Interview mit ihm zum Thema ist unter den Links auf Seite 4 zu finden.
Dem Goldpreis half Anfang November auch, dass die Zentralbank von Vietnam, einem der größten Goldabnehmer der Welt, die Importe erleichterte. Alle Gründe zusammen brachten dem Metall dann ein neues Allzeithoch von 1.424,00 $, das es bereits am 9. November erreichte.
Dieses Niveau konnte das Gold aber nicht halten. Nachdem der Silberpreis ins Rutschen kam, mehrten sich auch die Abgaben beim Gold und innerhalb von einer Woche notierte das Metall fast 100 $ tiefer.
Angesichts der dramatischen Zuspitzung der Finanzprobleme Irlands und durch die Zwischenfälle auf der koreanischen Halbinsel, konnte sich der Preis im weiteren Verlauf des Monats dann aber wieder erholen, dabei kam er jedoch über 1.380 $ je Unze nicht hinaus. Der letzte Preisrutsch innerhalb der aktuellen Handelsspanne kam übrigens am vergangenen Freitag, nachdem die Shanghai Futures Exchange eine Anhebung der Einschusszahlungen beim Terminhandel von Gold, Kupfer und Aluminium angekündigt hatte. Damit solle neben der Spekulation auch die Inflation eingedämmt werden.
Wie es nun weitergeht, hängt wesentlich von der Entwicklung der Nachrichtenlage bei den Staatsfinanzen ab. Der Dollar ist dagegen im Moment kein großer Wegweiser für das Metall. Hat er doch in den letzten Tagen massiv auf unter 1,30 zugelegt, was nach der traditionellen Lehre eigentlich sehr negativ für Gold hätte sein müssen.
Irland ist (noch) nicht Griechenland, jedenfalls nicht, was den Einfluss auf die physische Investmentnachfrage in Deutschland angeht. Gleichwohl war in den letzten Wochen wieder ein deutlicher Anstieg der Barrenumsätze zu spüren und einzelne Gattungen, vor allem bei den größeren Barren, waren für kurze Zeit ausverkauft. Die Dimensionen von Mitte 2008 und Anfang 2010 hat die Nachfrage in diesem Monat allerdings bisher nicht erreicht. Sollte es aus irgendwelchen Gründen um die Feiertage herum zu einem signifikanten Nachfrageschub kommen, wird es sicher wieder zu längeren Lieferzeiten kommen, die dann erst im neuen Jahr verschwinden dürften.
- Silber
Ein kräftiges Auf und Ab gab es in den letzten Wochen auch beim Silberpreis. Zunächst setzte sich dabei der Höhenflug des weißen Metalls fort und die Notierung erreichte am 9. November fast die 30 $-Marke. Natürlich bedeutete dies ein weiteres 30-Jahreshoch, denn nie seit dem Ende der fehlgeschlagenen Silbermarkt-Manipulation der legendären Brüder Hunt hatte der Preis wieder so hoch gelegen.
Der Verweis auf die Hunt-Brüder hat diesmal nicht nur einen sentimentalen Hintergrund, sondern es gab klare Parallelen zwischen der Entwicklung 1980 und jener zu Beginn dieses Monats. Die Spekulation der Hunts vor 30 Jahren wurde im Prinzip von der New Yorker Terminbörse durch eine Anhebung der Einschussverpflichtungen gestoppt. Die Hunts hatten das dafür nötige Kapital allerdings nicht und mussten deshalb Teile ihrer Pluspositionen verkaufen. Dies setzte dann eine Abwärtsspirale in Gang und das Milliardenvermögen der Hunts löste sich ziemlich schnell in Luft auf; der Rest ist Geschichte.
Ein ähnliche, wenn auch bisher nicht ganz so dramatische Entwicklung brachte dieser Monat: Am Tag des Erreichens des Höchstkurses von 29,33 $ erhöhte die New Yorker COMEX wie schon einmal 1980 die Margenzahlungen, diesmal von 5.000 $ auf 6.500 $ je Kontrakt. Der Silberpreis stürzte daraufhin innerhalb von nur zwei Stunden um 10% ab, im weiteren Verlauf sank er dann noch weiter auf am Ende $24,95.
Der anschließende Wiederanstieg des Goldpreises nahm dann aber auch das Silber mit nach oben und in den letzten zehn Tagen bewegte sich das Metall unter zum Teil starken Schwankungen dann zwischen 26,40 $ und 27,80 $ seitwärts.
Auch die weitere Entwicklung bis Weihnachten wird maßgeblich vom Goldpreis beeinflusst werden, wobei die Tagesschwankungen aufgrund des engeren Marktes beim Silber erfahrungsgemäß deutlich stärker ausfallen werden.
Was die Nachfrage angeht, passiert derzeit auf industrieller Seite nicht viel. Offensichtlich haben die Unternehmen keine Lust, auf dem hohen Niveau größere Vorräte anzulegen. Private Investoren kaufen dagegen physisches Metall, sowohl Münzen, wie auch Barren sind derzeit gefragt. Einen Rückgang gab es dagegen zuletzt bei den Futures und den ETFs, fast 110 Tonnen Silber verkauften die Inhaber von Pluspositionen in den beiden Produkten.
Das Londoner Analysehaus GFMS hat in der letzten Woche seinen neuesten Bericht zur Lage auf dem Silbermarkt veröffentlicht. Die Experten prognostizieren darin u.a. eine Steigerung des Angebots um 5%. Gründe seien eine steigende Minenproduktion und mehr Recycling, sowie wieder höhere Abgaben von offiziellen Stellen wie z.B. Zentralbanken.
Die industrielle Nachfrage werde 2010 um 18% auf mehr als 65 Mio. Unzen steigen. Hierfür sei einerseits das Wiederauffüllen der im letzten Jahr geleerten Lager verantwortlich, zusätzliche Impulse kämen aber auch durch die Erholung der Konjunktur. Zwar werde sich diese Entwicklung laut GFMS generell fortsetzen, einen weiteren rasanten Anstieg des Verbrauchs erwarte man nun aber nicht mehr.
Der Gesamtabsatz bei Investoren betrage in diesem Jahr über 6.500 Tonnen mit einem Gegenwert von über 4 Mrd. Dollar. Dabei liege vor allem die Münznachfrage auf einem Rekordniveau.
Auch aus dem Schmucksektor habe es in diesem Jahr trotz der hohen Preise einen leichten Anstieg der Nachfrage gegeben.
Für 2010 sieht GFMS am Ende einem Durchschnittspreis von 19,94 $ je Unze voraus, was im Jahresvergleich einen fulminanten Anstieg in Höhe von 36% bedeuten würde. Die Marktbeobachter schließen außerdem nicht aus, dass das Metall im nächsten Jahr kurzzeitig auch noch die Marke von 30 $ je Unze überschreiten kann. Für das Gesamtjahr sehen sie den Jahresdurchschnitt bei 28 $ je Unze und damit weit über dem bisherigen Allzeithoch von 1980. Damals hatte der Jahresdurchschnitt bei 20,98 $ (und der Höchstkurs bei 50 $) gelegen.
- Platin
Das Platin entwickelt sich mehr und mehr zum Aschenputtel unter den Edelmetallen. Zwar konnte es wie die anderen drei Hauptedelmetalle auch zu Beginn des Monats zulegen, mit maximal 1.806 $ je Unze blieb es dabei aber weit hinter den Rekordnotierungen von 2008 zurück. Die anderen Metalle haben dagegen die damaligen Rekordmarken inzwischen allesamt schon weit hinter sich gelassen.
Den in der zweiten Novemberwoche folgenden deutlichen Rückgang der Preise machte das Platin dafür dann um so mehr mit. Bis zur Monatsmitte fiel es dabei um fast 200 $ auf nur noch 1.620 $ je Unze. Dies war der tiefste Stand seit Ende September.
Der auf den Einbruch folgenden Erholung bei den anderen Metallen schloss sich das Platin dann aber nicht an, stattdessen dümpelte es zwischen 1.630 $ und 1.670 $ hin und her. Eine Ursache dafür könnte auch der Mitte des Monats veröffentlichte, neueste Marktbericht von Johnson Matthey sein, der für Platin insgesamt eher gemischt ausfiel, der aber insbesondere auch darauf verwies, dass das Metall maßgeblich von der Entwicklung des Automarktes in Europa abhängt.
Nachdem hierzulande nun aber immer mehr Länder im negativen Sinne in den Blickpunkt rücken (nach Griechenland, Portugal und Irland zuletzt Spanien, Italien und heute dann auch noch Belgien), könnte es sein, dass der Auto– und damit auch der Platinabsatz in Europa wieder stärker zu leiden beginnt.
Falls sich eine solche Entwicklung durchsetzt, könnte das Platin im Extremfall mittelfristig auf 1.500 $ zurückfallen. Noch ist es allerdings nicht soweit und zumindest im Moment verspricht der Goldpreis genügend Unterstützung, dass dieser Fall auch so schnell nicht eintritt. Solange der Goldwert steigt, scheinen für das Platin sogar wieder 1.720 $ möglich zu sein, die Handbremse wird dabei aber stets angezogen bleiben.
- Palladium
Das Palladium blickte bei seiner Preisentwicklung von Beginn des Monats an eindeutig auf die Vorgaben vom Goldmarkt. So ging die Notierung in den ersten fünf Tagen des Berichtszeitraums erst noch deutlich nach oben, bis am 9. November mit 741,50 $ der höchste Preis seit April 2001 bezahlt wurde.
Wie bei Gold und Silber auch folgte anschließend aber ein deutlicher Absturz; der Wert des Palladiums fiel dabei innerhalb von zehn Tagen um massive 16% auf nur noch 620 $ je Unze zurück. Der Einbruch war aber nicht von langer Dauer, innerhalb von nur vier Tagen überwand das Metall schon wieder die Marke von 700 $ und seitdem schwankt es in einer Handelsspanne zwischen 660 $ und 700 $ je Unze.
Bei dem Wiederanstieg dürfte auch der neueste Marktbericht von JM geholfen haben. Die Engländer hatten darin auf das knappe Angebot bei gleichzeitig guter Nachfrage hingewiesen. Der noch im letzten Jahr verzeichnete Überschuss im physischen Markt in Höhe von 780.000 Unzen werde in diesem Jahr auf nur noch 45.000 Unzen zusammenschrumpfen. Ohne die offiziellen russischen Verkäufe hätte es in diesem Jahr sogar schon ein Defizit von fast 1 Mio. Unzen gegeben.
Wir hatten ja des Öfteren an dieser Stelle schon auf die abnehmenden staatlichen Vorräte in Russland hingewiesen und rechnen damit, dass aus dieser Richtung im nächsten Jahr nicht mehr viel Metall kommen wird. Den Verbrauchern hilft in dieser Situation wenigstens, dass die Marktbeobachter von JM für das nächste Jahr einen Rückgang der Investmentnachfrage und einen Anstieg der Neuproduktion erwarten. Als weiteren entlastenden Faktor sehen wir für 2011 noch einen weiteren Anstieg der Recyclingmengen. Die nebenstehende Grafik zeigt, dass langsam, aber sicher Autos aus der Zeit verschrottet werden, in denen der Palladiumverbrauch in der Autoindustrie den historisch höchsten Stand erreicht hat. Es hatte danach
10 Jahre und den Markteintritt Chinas erfordert, bis der Verbrauch durch die Autoindustrie 2010 wieder auf die Marke von 5 Mio. Unzen gestiegen war. Diese war bisher nur 1999 - 2001 erreicht worden. In den Jahren danach erfolgte erst einmal ein deutlicher Einbruch auf zeitweise nur noch 3 Mio. Unzen.
Im Moment ist von einem Rückgang der Investmentnachfrage zumindest in einem Teil des Marktes aber noch nichts zu sehen: Die ETF-Positionen beim Palladium erleben derzeit noch einen Nachhall auf die starken Kursgewinne der letzten Wochen und die verbreitet positive Stimmung für das Metall. Sie konnten deshalb in der letzten Woche noch ein weiteres Mal, wenn auch diesmal nur um eher bescheidene 11.000 Unzen zulegen. Mit 1.961.000 Unzen (61 Tonnen) erreichten sie aber trotzdem einen neuen Höchststand.
Deutlich rückläufig waren zuletzt aber schon die Positionen an den Terminbörsen, allen voran an der New Yorker NYMEX. Hier nahmen die spekulativen Pluspositionen um fast 3 Tonnen auf 51 Tonnen ab.
- Rhodium, Ruthenium, Iridium
Spekulatives Interesse aus dem Westen und überwiegend wohl industrielle Käufe aus Asien sorgten beim Rhodium im Monatsverlauf für einen raschen Anstieg auf 2.500 $ je Unze. Das Metall konnte allerdings die Gewinne später nicht halten und fiel bis heute wieder auf den alten Stand von 2.300 $ zurück.
Der erwartete Kurssprung des Iridium-Preises auf die 800er-Marke ist zunächst ausgeblieben. Ein spürbares Nachlassen des Kaufinteresses hatte aber bisher nicht zur Folge, dass der Preis wesentlich nachgegeben hat. Er liegt unverändert bei 760 $ je Unze.
Ruthenium liegt unverändert bei 180 $ je Unze.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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